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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 13 (27. März)
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VT. NTr 1 9 vnm 9.7 Mär 7. 1 939

DTE WELTKUNST

9



'^.uhfionsncLchberichte

auf

Boerner’s
Frühjahrsauktionen
Leipzig, Vorb. 2.—4. Mai
j, ^ie soeben bekannt wird, wird die bekannte
embrandt-Sammlung Massaloff,
W'e auch an dieser Stelle gemeldet
W. 12);
im Rahmen der diesjährigen Boerner-
«en Frühjahrsauktionen versteigert werden
J*. te, nicht zum Verkauf gelangen. Über das
khtige Material der Auktionen soll in einer
^‘Senden Nummer ausführlich gesprochen
^^den.

Süddeutscher
Reichsgrafenbesitz
Berlin, Nachb. 19. März
(Vorb. in Nr. 7, 10 u. 11)
j Überraschend gute Ergebnisse konnte das
Internationale Kunst- und Auk-
^>onshaus für die Kunstwerke aus süd-
.'■Aschem Reichsgrafenbesitz erzielen, die
ö,1 regem Angebot die Taxen vielfach über-
y Bitten. Wenngleich, wie vorauszusehen, die
nersteigerung für den historischen Echter-
jjt’pich keinen Liebhaber herbeizaubern
s^bte, so war vor allem wieder Silber
j»ark gefragt: Nr. 7, der Kruzifix des späten
Jahrhunderts, brachte 3100 M., — Nr. 8,
ß®.Augsburger Suppenterrine um 1750, 1600 M.
V1 den Gemälden wurden von einem Ber-
bj)S:r Sammler 3700 M. für Nattiers „Damen-
k/his“ (Nr. 37, 105 : 83 cm, Abbildung in
i(,j' 8 der „Weltkunst“) bezahlt. Unerwartet
und zu besten Preisen verkauften sich
Porzellane aus Berliner Sammlerbesitz,
ollständiger Preisbericht
*te

Maria Signorelli
Galerie Gurlitt, Berlin
4^br die manierierten, einem archaisieren-
öl Akademismus und leerer Monumentalität
'iy'kenden Zeichnungen von Liana Ferri, für
Öi f'l'rnalde und Aquarelle, mit denen Fritz
’Öj'sheimer eine Reise durch Java
\ ybentiert und gleichzeitig Bedauern er-
(hJm daß nicht statt des Pinsels der photo-
]VSche Apparat den Reisenden begleitete,
16 herrlichen Ritualtänze der Javaner mit
iJern Gewinn festzuhalten, entschädigen
Ajj Figurinen der Maria Signorelli. Eine
ÖEu Künstlerin, die Phantasie, formale Be-
Öyf Un<^ einen Schuß echten Theaterblutes
‘Oft ’ hat sich, wie vor ihr Erna Pinner und
H kritzel, die Puppe als Ausdrucksmittel
Neben Einzelfiguren aller Art, die
gut beobachtet und witzig
ys6tllh'erisiert sind, läßt sie ganze Schauspiel-
\ t> aufniarschieren, inszeniert sie mit
j’ ny Kuppen Stücke von Sophokles, Dickens,
':hr Tschechow. Dabei erweist sie ein
bÖte . 6ndiges Einfühlungsvermögen in den
?hij>.> ls.chen Stoff und eine bemerkenswerte
®1t, die Charaktere der agierenden Per-
' st6- rch Maske und Kostüm wirkungsvoll
gern. Die Formgebung der Puppen ist

Sammlung Graf Oriola
Amsterdam, Vorb. 12.—15. April
p Wie bereits früher berichtet, bringt die
Jühjahrs-Auktion bei Mensing & Sohn
^ted. Muller & Cie.) in Amsterdam neben
Sammlungen Jh. Alphonse de Stuers und
van Vollenhoven die importante Kollektion
ö’af Oriola, die in den jähren 1860—96 in
Julien entstanden war, zum Ausgebot. Die
,aöimlung, die viele Stücke aus dem Besitz
®1' Borghese und Bardini umfaßt, ist von
ylesener Qualität und höchstem Niveau. Un-
den Skulpturen findet man ein grie-
chisches Marmororiginal des 4. Jahrhunderts,
j’ iyprios“, nach einer Bronze des Leochares,
/■rner einen bedeutenden marmornen Oster-
,®üchter des 8. bis 9. Jahrhunderts, eine wohl
"Mienische Arbeit mit starken östlichen Ein-
•yssen, eine lange Reihe spätrömischer Por-
'ätbüsten, Reliefs von Desiderio da Settig-
?-bo, Andrea della Robbia, Verrocchio, eine
“Undervolle Marmorgruppe von Girolamo
pfnpagna und einige deutsche Holzplastiken
Gotik. Bei den Gemälden einige
Richtige italienische Arbeiten: Peruginos
resko der „Pieta des Hauses Albizzi“, ur-
sprünglich in San Pietro Maggiore in Florenz,
den Verkündigungsengel des Francesco
Cossa, dessen Gegenstück sich in der
biechtensteingalerie befindet. Daneben ein
?ytes Werk des Taddeo di Bartolo, schöne
Niederländer wie van Goyen, Camphuysen,
y'fereveJt u. a.. Unter den Textilien ist
^Sonders auf den Brüsseler Wandteppich um
!y20 aus dem Atelier Knoests mit Darstellung
pher höfischen Szene, eine frühe französische
<hint-Tapisserie um 1600, auf die Serie herr-
Jphster persischer Teppiche des 16. und
|7- Jahrhunderts hinzuweisen. Es folgen Mö-
,61 der Renaissance und des Dixhuitieme, wie
prächtige Sekretär von Ohnesorge oder die
i^longarnitur von Jullienne mit Aubusson-
y-zügen, Fayencen, Porzellane und erlesenes
Wnstgewerbe.
Auf die obengenannten weiteren Sammlun-
‘Tri kommen wir in der folgenden Nummer
a°ch ausführlich zu sprechen.

durchaus eigen; die Gesichter sind meist aus-
gezeichnet in kubische Formen zerlegt. Die
verarbeiteten Werkstoffe dienen geschickt dem
Ausdruck der Figuren; zuweilen blitzen
technisch recht originelle Einfälle auf. Es
wäre zu wünschen, daß Maria Signorelli ihre
Puppenmacherei, die für sie gewiß recht nütz-
lich gewesen ist, jedoch an vergängliches,
spielerisches Material und an die Zufalls-
wirkungen des Arrangements gebunden ist,
bald aufgibt, um sich der weitaus zweck-
volleren Herstellung von Marionetten oder
Kostümentwürfen für das Theater zuzu-
wenden. Man müßte ihr eine Chance geben.
K.
Abessinische
Malereien

Auch der kurze, untersetzte Habitus der
Gestalten ist der gleiche. Daneben treten
natürlich Einflüsse anderer, jüngerer Kunst-
richtungen hervor. So möchte ich in
einer Beweinung Christi aus der Nilkirche
zu Jassu in der Komposition und den Typen
der einzelnen Gestalten den Niederschlag im-
portierter Renaissancekunst erkennen (A b -
b i 1 d u n g Seite 3).
Das meiste künstlerische und kulturhisto-
rische Interesse gebührt jedoch den Schilde-
rungen aus dem Volksleben, an die auch die
in der abessinischen Kunst immer wieder-
kehrenden Seriendarstellungen der Geschichte
von König 'Salomo und der Königin von Saba
anknüpfen. Neben realistischen Schilderungen
aus dem Landleben sehen wir Jagdschilderun¬

gen, die in ihrem raumlosen, unperspektivi-
schen Übereinander an die spätantiken Jagd-
mosaiken Nordafrikas denken lassen; Schlach-
tenbilder, in denen sich die angeborene Wild-
heit der Landesbewohner hemmungslos aus-
tobt; ferner Szenen aus dem Hof leben, die uns
das Fortwirken altorientalischen (wohl von den
Persern übernommenen) Zeremoniells zeigen:
so an dem mit seinem Schirmträger ausreiten-
den Herrscher, bei dem man an König Chos-
rau II. und sein Gefolge auf dem Jagdrelief
des Tak-i-Bostan erinnert wird. Die Staffe-
lung der Szene in der Darstellung eines Emp-
fanges des Ras Taffari gemahnt an die Wieder-
gabe des Kaisers Theodosius und seines Hofs
auf dem Theodosius-Obelisk.

0®t3 Modernes Berliner Gold u. Silber

Von Dr. St. Poglayen-Neuwall
Es ist nur einige Jahre her, daß in Berlin
und Wien die Malereien des Sudanesen Kali-
fala Sidibe zu sehen waren, die bei aller Kind-
lichkeit der Darstellungsweise durch die
Frische und Ursprünglichkeit ihrer Auffassung
Aufsehen erregten. An diese Bilder fühlt man
sich angesichts der stilverwandten abessini-

schen Malereien erinnert, die seit kurzem im
Wiener Kunsthandel aufgetaucht sind und
denen eine über alle Tradition triumphierende
Erdhaftigkeit eignet.
Von Erzeugnissen eines Kunstschaffens in
unserem Sinne kann hier allerdings nicht die
Rede sein; handelt es sich doch um Ergebnisse
eines rein handwerklichen Betriebes, dessen
Kenntnis von Geschlecht auf Geschlecht ver-
erbt wird, von der Technik der Malerei bis zu
den Motiven, dem kompositionellen Aufbau
und der Gestaltengebung.
Die Bilder, die mit ungebrochenen, leucht-
kräftigen Pflanzenfarben auf Leinen gemalt
sind, entnehmen ihre Stoffe zum Teil dem
realen Leben, in der Hauptsache aber Religion
und Mythos. So dient denn auch die Malkunst
überwiegend der Ausstattung der Gotteshäuser,
wozu ihr Bibel und Heiligenleben den Stoff
bieten. Bevorzugt werden Darstellungen von
grausig-groteskem Charak¬
ter: Höllenschilderungen und
Heiligenmartern, in deren
krasser Ausmalung sich der
wilde, kriegerisch-brutale
Sinn des Abessiniers auslebt.
Deutlich nimmt man noch
die Fäden wahr, die zu der
altchristlichen und byzanti-
nischen Kunst, im besonde-
ren zu der koptischen Kunst,
hinüberführen. So berührt
sich mit ihr auch die Vor-
liebe der abessinischen Maler
für die Wiedergabe des (den
Kopten aus Syrien vermittel¬
ten) Reiterheiligen, die sich
in der immer wieder auf-
tauchenden Darstellung des
hl. Georg als Drachentöter
äußert. Doch erinnert auch
der Stil der Bilder, ihr zwei-
dimensionaler, unkörperlicher
Charakter, die Beschränkung
auf die gleichmäßige farbige
Ausfüllung der von dicken
Konturen umgrenzten Flä-
chen stark an die Miniaturen
und Wandmalereien der kop-
tischen Kunst um die Mitte
des vorigen Jahrtausends.

In den Funkturmhallen am Kaiserdamm
wurde soeben die zweite „Mö“ eröffnet. Zu-
gleich veranstaltet die Deutsche Kunstge-
meinschaft eine Ausstellung von Erzeug-
nissen modernen Kunsthandwerks. Wilm-
Silber nimmt hier einen wichtigen Platz ein.
Mit der Geschichte der alten Berliner Gold-
schmiedezunft ist das Wirken der künstlerisch
eingestellten Familie Wilm eng verbunden;
hatte doch der Vorfahr des Goldschmiedes H. J.
Wilm in der Jerusalemer Straße bereits im
Jahre 1767 im Mittel-
punkt Alt-Berlins eine
Werkstatt eröffnet.
Heute noch tragen die
Arbeiten dieser Werk-
statt den Bärenstempel,
das Wahrzeichen der
Stadt Berlin, wodurch
sie sich zu allen Zeiten
von anderen Silber-
arbeiten unterscheiden,
die man infolge Feh-
lens einer Signatur
keiner bestimmten
Werkstatt zuweisen
kann. In den moder-
nen Gegenständen die-
ser Werkstatt, den Ar-
beiten aus Gold und
Silber, verbindet sich
alte Tradition und mo-
dernes künstlerisches
Gestalten.
Wer im vergangenen
Sommer die Deutsche
Bau-Ausstellung be-
suchte, konnte in der
Nähe des Peter-Beh-
rens-Hauses „Ring der
Frauen“ einen Blick in
die Goldschmiedewerk-
statt von H. J. Wilm
w erf en (Abbildung
unten), die der Gold-
schmied dort den
Freunden modernen
Kunstschaffens zu-
gänglich machte. Man
sah dort Silber vom
praktisch durchdachten
Besteck bis zum fest-
lichen Gerät für die
Tafel. Service, Vasen,
Schalen, alles, was in
einem schönen Heim
das Dasein wertvoll
macht. Aus den Kaffee-
oder Teekannen, aus
Zuckerschalen oder dem zugleich dekorativen
und praktischen Tischleuchter (Abbildung
nebenst.) spricht die reine Form, die die Men-
schen unserer Zeit auch in der Architektur be-
wundern, im Verein mit klarem Linien-
rhythmus. Gerade der Leuchter aus der Wilm-
schen Werkstatt erzählt von dieser Verbindung;
er erhält dadurch im Gesamtaufbau einen be-
sonders glücklichen Akzent. Es ist inter-
essant zu beobachten, wie in unserer Gegen-
wart das Ornament als schmückendes Beiwerk
Verwendung findet; man räumt ihm verhältnis-
mäßig noch wenig Platz ein, es dient allein als
ein sichbares Mittel, feinste Unterschiede klar
zu machen, wodurch sich im künstlerischen
Schaffen Wilms die verschiedensten Gedanken-
gänge ablesen lassen.
Alles Silber der Wilmschen Werkstatt hat
den hellen weißen Glanz, den nur Sterlingsilber,
also nur 925 legiert und gestempeltes, hat. Da-

neben gehört die besondere Liebe des Gold-
schmiedes dem Schmuck, der in allen Variatio-
nen entsteht. Man graviert, ziseliert und
emailliert wie es einstens die Goldschmiede an
den Fürstenhöfen der Renaissance im Auftrage
großer Mäzene getan. Handgearbeiteter
Schmuck erfreut zu allen Zeiten, sei es im Be-
reich der Frau, sei es ein Ring an einer Männer-
hand. Hier hat man den Eindruck, daß die
Ringe, Broschen oder Anhänger, Erzeugnisse
moderner Berliner Goldschmiedekunst nicht un-
modern werden, weil sie Persönlichkeitswert
haben.
Zu den neuesten Arbeiten der Wilmschen
Werkstatt zählen silberne Masken (Abbil-
dung nebenst.). In den verschiedensten Va-
riationen entstehen sie und sind in ihrer indivi-
duellen Einfühlung dem Leben wie abgelauscht.
Auch hier bewundert man die reizvolle Behand-
lung des Materials, des Silbers, und erkennt
seine vielseitige Verwendungsmöglichkeit.
Gerade eine Zeit wie die unsrige wird in dem
Bestreben, eine bespannte oder nur gestrichene
Zimmerwand zu dekorieren, einen so eigenartig
persönlichen Wandschmuck wählen, denn der
Mensch unserer Zeitläufte hängt mit derselben
Freude einen japanischen Holzschnitt, ein an-
tikes Bild neben dies moderne silberne Aus-
stattungsstück.
Es wäre zu wünschen, daß wieder die Zeit
käme, wo neben den maschinellen Dingen auch
die kunsthandwerklichen Arbeiten, wie ihre


H. J. Wilm, Silberner Tisehleuchter

Vorgänger aus der Renaissance oder dem Ba-
rock den Stempel ihrer Stadt, den Berliner
Bärenstempel, und das Meisterzeichen tragen.
Beides ist uns heute so wertvoll bei der Be-
trachtung von Goldschmiedekunst der Ver-
gangenheit. Wie wir zum Beispiel mit Freude
einem Pokal der Augsburger oder Nürnberger
Zunft auf Grund des Meisterzeichens und der
Beschau die kunst- und kulturgeschichtliche Be-
deutung einräumen, die ihm gebührt.

Goldscbmiedewerkstatt von H. .I.Wilm



H. J. W i 1 in, Silberne Maske
 
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