6
Nachrichten von Überall
Elsaß.
Gi-
MARGRAF&CO
GMBH
B E LLEVU ESTR. 6
BERLIN W9-TELEFON LÜTZOW 1148
Verka^
Ankauf
muten, werden bereits bewältigt. Zweifelhaft
muß bleiben, ob der Dargestellte als Gott ge-
dacht ist, aus einer Tempelcella stammt, oder
ob er ein berühmter Athlet ist, dessen Figur
einstmals sein Grabmal geschmückt hat.
Jahrg. VI, Nr. 46 vom 13. November 1^
7. November
ein älterer
ist für die dortigen Sammlungen ein weiteres
Werk altdeutscher Kunst erworben worden, ein
Gemälde „Das Liebespaa r“. Das junge
Mädchen und der Mann, in der modischen
Kleidung vom Ende des 15. Jahrhunderts, stehen
beim RingwechseT nebeneinander. Blumen und
Bäume umrahmen die Darstellung im Charak-
ter eines Bildteppichs. Friedländer hat
das interessante kleine Bild, das schon in seiner
Darstellung ungewöhnlich ist, um 1470 datiert
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Deutsche Kunsterwerbung
für Cleveland
Das Museum von Cleveland (Ohio, USA)
konnte sich schon beim Verkaufe des Weifen-
schatzes einige der Hauptstücke sichern. Jetzt
KUNSTHAUS MALMEDE
Der archaische Apollo
in New York
Das Metropolitan-Museum in New
York stellt jetzt die sensationelle Erwerbung
aus, die es in diesem Sommer hat machen
können: die frühgriechische Marmorfigur eines
„Apollo“. Wie verlautet, stammt die Figur
aus dem Besitz desselben Kunsthändlers, von
dem das Berliner Museum die beiden archai-
schen Göttinnen, die sitzende und die noch
ältere stehende erworben hat. Die völlig nackte
Gestalt des lebensgroßen Mannes ist in dem
bekannten Typus, den man Apollo zu nennen
sich gewöhnt hat, schreitend dargestellt. Sie
kommt am nächsten dem kolossalen Apollo
von Sunion, in Athen, und der Dipylon-Statue,
vom Friedhof Athens, ist aber zum Unter-
schied von diesen Figuren so gut wie voll-
kommen erhalten •— ebenso gut, z. T. noch
Personalien
Dr. Heinrich Stinnes, der am
in Köln gestorben ist, übrigens
Bruder von Hugo Stinnes1 war, gehörte zu den
berühmtesten Sammlern Deutschlands. Er
sammelte Bücher und Graphik und1 war vor
allem bedacht darauf, von allen numerierten
Erscheinungen die Nr. 1 zu bekommen. Lange
Zeit hat Dr. Stinnes fast ohne Rücksicht auf
die Qualität überhaupt die gesamte graphische
Produktion Deutschlands erfassen wollen. In
seiner ungeheuren Sammlung besaß er jeden-
falls auch die seltensten und schönsten Exem-
plare aller hervorragenden Druckwerke der
Moderne und das gesamte graphische Werk der
Gegenwart, vereinigt mit Entwürfen und Zu-
standsdrucken. Die Auflösung seiner Samm-
lung, die in diesen1 Tagen bei Boerner in
Leipzig versteigert wurde, hat er nun nicht
mehr erleben sollen.
und auf Ulm als Herstellungsort hingewiesen.
Glaser hat die Möglichkeit angedeutet, daß
der Hauptmeister der damaligen Ulmer Kunst,
Bartel Z e i t b 1 o m , der Schöpfer ist. Das
Gemälde, das in der deutschen wissenschaft-
lichen Literatur bisher noch nicht besprochen
worden ist, stammt aus der Sammlung
Schützenberger in Mülhausen im
Schwäbischer Meister um 147t), Brautpaar
Neuerwerbung des
Cleveland Museum of Art
Nachdem die preußische Gesandtschaft in
München aufgehoben ist, konnten fünf Reprä-
sentationsräume mit der Schack-Galerie
vereinigt werden. Diese Erweiterung ermög-
lichte es, eine Anzahl Bilder, die bisher nicht
gut zur Geltung kamen, in würdiger Weise
unterzubringen. Z. B. Lenbachs bekannten
„Hirtenknaben“, Böcklins „Römische Schenke“
und „Amaryllis“ usw. Die Leitung der Arbei-
ten liegt in den Händen des Direktors der
staatlichen Schlösser und Gärten, Dr. Gall in
Berlin. Die Wiedereröffnung wird in ca.
5 Wochen stattfinden, was vielleicht Gelegen-
heit geben wird, auf diese bedeutsame Neu-
gestaltung zurückzukommen.
Institut für byzantinische Kunst
Exz. Giannini, Präsident des Institutes
für Osteuropa in Rom, hat soeben dem Podesta
von Ravenna mitgeteilt, daß im Anfänge des
Jahres 1933 in Ravenna „als dem natürlichen
Sitz“ ein Institut für byzantinische und neu-
hellenische Kunst eingerichtet wird. Präsident
dieses Institutes wird der Archäologe Prof.
Biagio Pace sein. Pace hat sich namentlich
durch seine Forschungen über die byzantini-
schen Reste in Süditalien und Sizilien, ferner
durch seine Forschungen in Kreta, Rhodos und
Kleinasien bekannt gemacht. Sekretär des
neuen Institutes ist Dr. Bartoccini, der
Superintendent der Monumente der Provinz
Ravenna. Offizielles Organ des Institutes wird
die Zeitschrift „F e 1 i x - R a v e n n a“ sein.
Ravenna ist ferner auf Wunsch Mussolinis zum
Sitz des internationalen Kongresses byzantini-
scher Kunst im Jahre 1934 ausersehen.
Münchener Chronik
Neben der auf vielfachen Wunsch bis Mitte
November verlängerten Klenze-Ausstellung ist
nunmehr das graphische Werk Slevogts als Ge-
dächtnisschau für den in diesem Jahr verstor-
benen Künstler in der Staat 1. Graphi-
schen Sammlung zu sehen. In ihrer über-
wältigenden Fülle bestätigt sie uns, daß mit
Slevogt der bedeutendste Graphiker unserer
Zeit dahingegangen ist. Seine schöpferische
Gestaltungskraft ist gepaart mit einer künst-
lerischen Darstellungsfähigkeit ohnegleichen.
Ein Reichtum der Einfälle, wie in den Litho-
graphien zu Goethes Faust, in den Tuschlithos
zu Benvenuto Cellini, in den Lithos zu Macbeth
und in der Anabasis des Xenophon ist einzig.
*
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbel'**’
Antiquitäten
Der i. J. 1894 in Bayreuth geborene W.
Maxon, der bei He i n e m a n n ausstellt, ist
ein Autodidakt, der mit offenen Augen und
empfänglichen Sinnen durch die Welt geht.
Seinen Bildern sieht man das Fehlen der Schule
nicht an, wenn auch gewisse Einflüsse — Karl
Haider und vielleicht Toni Stadler — erkennbar
sind. Dies tut aber der Selbständigkeit in der
Behandlung der Motive keinen Abbruch umso-
weniger, als das Ringen um die Ausdrucksform
sich erst in den letzten Werken dem Abschluß
zu nähern scheint. Von diesen reifsten Werken
seien genannt „Weitsee“, „Locarno, Ver-
banella“, die wundervolle „Ziegelei“, „Chiem-
see“ und „Lauterbach“, das in die Städtische
Galerie in München übergegangen ist. An
Weihnachten veranstaltet die Galerie Heine-
mann, wie seit Jahren, wieder eine Ausstellung
junger Münchner Künstler.
* . -~."
Information
MM. Brimo, de Laroussilhe zeigen die
Verlegung ihrer Geschäftslokale von 34, r u e
Lafayette, nach 58, rue Jouffroy, Paris
XVII e, an.
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten
Apollo. Griechisch, um 600 v. Chr.
Neuerwerbung des
Metropolitan Museum, New York
besser als die beiden Berliner Göttinnen,
sela M. Richter, die Leiterin der Abteilung
für griechische Kunst im New-Yorker Museum,
bezeichnet die dortige Neuerwerbung als die
repräsentativste Figur unter den frühgriechi-
schen Gestalten des Apollo: sie steht am Be-
ginn der Entwicklung, die auf den Apollo
vom Tempelgebiet in Olympia und auf den
Speerträger des Polyklet zuführt, denn sie
zeigt schon jene Richtung zur klassischen und
strengen Frontalität, Proportionalität und Mo-
numentalität. Das Werk ist um 600 v. Chr. zu
datieren, also in die Zeit der epochemachenden
Reformen des Solon, in den Beginn der See-
macht Athens, die mit der Erwerbung der Insel
Salamis einsetzte. Die gehaltene Energie, die
die Figur zeigt, entspricht aufs schönste jenem
großen Geschlechte. Aber ein Werk wie dieses,
das offenbar in Athen selbst entstanden ist,
wirft auch ein ganz neues Licht auf die Höhe
und Art der Kultur jener Zeit, der die Gestalt
des Philosophen Thales und der Dichterin
Sappho entstammten: Probleme, die uns im
Zeitalter des Konstruktivismus modern an-
W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennästr. 12
B 2 LützOW 4739
DIE W E L T KUNST
Direktion • Fritz-Eduard Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch, für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für München : Ludwig F. Fuchs / R o mi .. G. B 31nd
Wien- Dr St PoglayeT-Neuwall — Pariser Büro: 8, rue de Varenne. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. - des' Verlag^
an die Direktion der Weltkunst Berlin W 62 Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverstananis k enduo8’
auszugsweiser Nachdruck nur mit Quälenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des yeroffentlichungstermins und der
abgelehnt Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H„ Berlin SW 19.
A propos...
Geltungstrieb
Wenn Jedermann nur für das genoninv’1'
sein wollte, was er ist, wäre alles in beste1
Ordnung. Leider aber will Jedermann f”
mehr genommen werden, als er wirklich i®1’’
und wenn ihm seine Umwelt diesen Gefalle11
nicht tut, gibt es Unzuträglichkeiten, W”5
aber ist nun Jedermann ? Er ist nicht n”r
das, was er zuständlich ist, wie die Materi”?
listen meinen, sondern eine Verbindung a”®'
dem, was er zuständlich ist, und dem, was ®r
gern sein möchte. Das eine ist so wichtig Wie
das andere. Der Floh im Ohr, die Flausen i”1
Schädel, der Stachel im Herzen und der Gel'
tungstrieb in der Brust sind Realitäten.
Jedermann hat den glühenden Wunsch, z””
Kenntnis genommen zu werden. Ist er klei”'
so bläst er sich auf wie ein Ochsenfrosch, da-
mit man ihn nicht übersieht. Nicht jede Kon-
stitution verträgt das. Sind die Gewebe z”
zart, so zerplatzt Jedermann. Ein schöner Tod?
ein Tod mit Knalleffekt, ein guter Abgang-
In stillen Stunden schrumpft Jedermann ei”
und geht in sich. Triffst du ihn dann, S°
weint er sich an deiner Brust aus und gesteht
dir, daß er klein und häßlich ist. Gibst d”
ihm recht, so hast du einen Feind fürs Leben-
Unsere Feinde rekrutieren sich aus Leuten, di®
uns gram sind, weil sie das Gefühl haben, von
uns nicht nach Gebühr gewürdigt zu werden-
Wer uns schätzt, genießt unsere Sympathie?
wer uns überschätzt, unsere wohlwollende Nach-
sicht; wir hüten uns, ihm seinen frommen Glau-
ben zu nehmen.
Es juckt den Menschen, sich hervorzutun-
Da der Drang allgemein ist, entsteht ein rück-
sichtsloses Geschiebe und Gedränge um de®
Fleck im Scheinwerferlicht. Die Behauptung?
der Mensch sei ein kollektives Wesen, ist un-
wahr. Wer Unterordnung proklamiert, ver-
langt für sich Ausnahme und Führerschaft-
Der Mensch jagt nach Originalität. Er will
gelten, in der Familie, unter Kollegen oder
gleich in fünf Erdteilen. Der Marxist, der den
Individualisten verachtet, ist selbst einer. Er
ist stets von der fixen. Idee besessen, der einzig
wahre, lebende Marxist zu sein, und verdäch-
tigt Gleichstrebende bürgerlicher Rudimente-
innere Nötigung, Zielstrebigkeit, Allgemein-
wohl: schöne Worte für den Trieb, etwas ztr
gelten. Die Helden unserer Historienbücher
haben diesem Trieb ausgiebig gefrönt, indem
sie ohne plausiblen Grund irgendwelche weit-
schichtigen Änderungen und durchgreifenden
Umstellungen vornahmen und alte Übel durch
neue ersetzten. Der Mensch könnte ganz fried-
lich und glücklich leben, wenn er nicht den
Wahn hätte, sein Kerzenlicht für eine Bogen-
lampe auszugeben. Geltungstrieb ist Kothurn
und Stelze. Er überhöht, er inszeniert ein
Welttheater, in dem niemand sein Stichwo1’1
abwartet und jeder seine Mitspieler an cUe'
Wand zu drücken sucht. Extreme, Lügen, Prä-
tensionen und andere über das Notwendig”
hinausgreifende Kapriolen sind Ausgeburten
des Geltungstriebes. Wem es nicht gelingt
sich als Weiser einen Namen zu machen, ver-
sucht es als Narr. Entdeckungen und Er-
findungen, sagt man, entstehen aus einem all-
gemeinen Bedürfnis. Ein raffinierter Versuch?
der Entwicklung Kausalität zu unterstelle”'
Tatsächlich werden ständig Dinge erfunden
und entdeckt, nach denen nicht das geringst®
Bedürfnis besteht. Sind sie nun schon eim»”’
da, so stellen sich auch gleich die Bedürfnis®0
ein, leicht verspätet, aber mit der muntere”
Behauptung, schon lange gewartet zu habe”'
Wer aber zeichnet verantwortlich für die B®'
friedigung fiktiver Bedürfnisse ? Nieman”
anders als der Geltungstrieb.
Der Ahnherr des Geltungstriebes ist Her”'
stratus. Als der Epheser Dianatempel 111
Flammen stand und er selbst in aller Mun”
war, lachte sein Herz. Die Reihe der Her?'
strafe ist seitdem nicht abgerissen. Nicht <”
politische Überzeugung schleudert BoHibe”r
sondern der Geltungstrieb. Nur die Rücksic”
auf den Staatsanwalt zwingt zu einer bitt'.®
genug empfundenen Anonymität, die durch M1 h
wisser gelindert wird. Starker Geltungstrief
setzt sich einen geschichtlichen Markstein od ,
endet vor den Geschworenen. Wer sich ” ?
legale Weise nicht durchzusetzen weiß, fi””f,
im Gerichtssaal das Auditorium, das er ®
sehnt. Sensationsprozesse sind die Stimm®
tien der Kriminalität. f jj
Es soll bescheidene Menschen geben. 1 ß
halte das für einen Mythos. Bescheiden!1®
ist entweder Arroganz oder Tücke. Sie la’f
weilt außerdem in hohem Maße, während V;
bescheidenheit antreibt und amüsiert. H”
scheidene Kinder kriegen das größte St”
Kuchen oder Haue. Was, ist Glückssache-
Simpl®*
Nachrichten von Überall
Elsaß.
Gi-
MARGRAF&CO
GMBH
B E LLEVU ESTR. 6
BERLIN W9-TELEFON LÜTZOW 1148
Verka^
Ankauf
muten, werden bereits bewältigt. Zweifelhaft
muß bleiben, ob der Dargestellte als Gott ge-
dacht ist, aus einer Tempelcella stammt, oder
ob er ein berühmter Athlet ist, dessen Figur
einstmals sein Grabmal geschmückt hat.
Jahrg. VI, Nr. 46 vom 13. November 1^
7. November
ein älterer
ist für die dortigen Sammlungen ein weiteres
Werk altdeutscher Kunst erworben worden, ein
Gemälde „Das Liebespaa r“. Das junge
Mädchen und der Mann, in der modischen
Kleidung vom Ende des 15. Jahrhunderts, stehen
beim RingwechseT nebeneinander. Blumen und
Bäume umrahmen die Darstellung im Charak-
ter eines Bildteppichs. Friedländer hat
das interessante kleine Bild, das schon in seiner
Darstellung ungewöhnlich ist, um 1470 datiert
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Deutsche Kunsterwerbung
für Cleveland
Das Museum von Cleveland (Ohio, USA)
konnte sich schon beim Verkaufe des Weifen-
schatzes einige der Hauptstücke sichern. Jetzt
KUNSTHAUS MALMEDE
Der archaische Apollo
in New York
Das Metropolitan-Museum in New
York stellt jetzt die sensationelle Erwerbung
aus, die es in diesem Sommer hat machen
können: die frühgriechische Marmorfigur eines
„Apollo“. Wie verlautet, stammt die Figur
aus dem Besitz desselben Kunsthändlers, von
dem das Berliner Museum die beiden archai-
schen Göttinnen, die sitzende und die noch
ältere stehende erworben hat. Die völlig nackte
Gestalt des lebensgroßen Mannes ist in dem
bekannten Typus, den man Apollo zu nennen
sich gewöhnt hat, schreitend dargestellt. Sie
kommt am nächsten dem kolossalen Apollo
von Sunion, in Athen, und der Dipylon-Statue,
vom Friedhof Athens, ist aber zum Unter-
schied von diesen Figuren so gut wie voll-
kommen erhalten •— ebenso gut, z. T. noch
Personalien
Dr. Heinrich Stinnes, der am
in Köln gestorben ist, übrigens
Bruder von Hugo Stinnes1 war, gehörte zu den
berühmtesten Sammlern Deutschlands. Er
sammelte Bücher und Graphik und1 war vor
allem bedacht darauf, von allen numerierten
Erscheinungen die Nr. 1 zu bekommen. Lange
Zeit hat Dr. Stinnes fast ohne Rücksicht auf
die Qualität überhaupt die gesamte graphische
Produktion Deutschlands erfassen wollen. In
seiner ungeheuren Sammlung besaß er jeden-
falls auch die seltensten und schönsten Exem-
plare aller hervorragenden Druckwerke der
Moderne und das gesamte graphische Werk der
Gegenwart, vereinigt mit Entwürfen und Zu-
standsdrucken. Die Auflösung seiner Samm-
lung, die in diesen1 Tagen bei Boerner in
Leipzig versteigert wurde, hat er nun nicht
mehr erleben sollen.
und auf Ulm als Herstellungsort hingewiesen.
Glaser hat die Möglichkeit angedeutet, daß
der Hauptmeister der damaligen Ulmer Kunst,
Bartel Z e i t b 1 o m , der Schöpfer ist. Das
Gemälde, das in der deutschen wissenschaft-
lichen Literatur bisher noch nicht besprochen
worden ist, stammt aus der Sammlung
Schützenberger in Mülhausen im
Schwäbischer Meister um 147t), Brautpaar
Neuerwerbung des
Cleveland Museum of Art
Nachdem die preußische Gesandtschaft in
München aufgehoben ist, konnten fünf Reprä-
sentationsräume mit der Schack-Galerie
vereinigt werden. Diese Erweiterung ermög-
lichte es, eine Anzahl Bilder, die bisher nicht
gut zur Geltung kamen, in würdiger Weise
unterzubringen. Z. B. Lenbachs bekannten
„Hirtenknaben“, Böcklins „Römische Schenke“
und „Amaryllis“ usw. Die Leitung der Arbei-
ten liegt in den Händen des Direktors der
staatlichen Schlösser und Gärten, Dr. Gall in
Berlin. Die Wiedereröffnung wird in ca.
5 Wochen stattfinden, was vielleicht Gelegen-
heit geben wird, auf diese bedeutsame Neu-
gestaltung zurückzukommen.
Institut für byzantinische Kunst
Exz. Giannini, Präsident des Institutes
für Osteuropa in Rom, hat soeben dem Podesta
von Ravenna mitgeteilt, daß im Anfänge des
Jahres 1933 in Ravenna „als dem natürlichen
Sitz“ ein Institut für byzantinische und neu-
hellenische Kunst eingerichtet wird. Präsident
dieses Institutes wird der Archäologe Prof.
Biagio Pace sein. Pace hat sich namentlich
durch seine Forschungen über die byzantini-
schen Reste in Süditalien und Sizilien, ferner
durch seine Forschungen in Kreta, Rhodos und
Kleinasien bekannt gemacht. Sekretär des
neuen Institutes ist Dr. Bartoccini, der
Superintendent der Monumente der Provinz
Ravenna. Offizielles Organ des Institutes wird
die Zeitschrift „F e 1 i x - R a v e n n a“ sein.
Ravenna ist ferner auf Wunsch Mussolinis zum
Sitz des internationalen Kongresses byzantini-
scher Kunst im Jahre 1934 ausersehen.
Münchener Chronik
Neben der auf vielfachen Wunsch bis Mitte
November verlängerten Klenze-Ausstellung ist
nunmehr das graphische Werk Slevogts als Ge-
dächtnisschau für den in diesem Jahr verstor-
benen Künstler in der Staat 1. Graphi-
schen Sammlung zu sehen. In ihrer über-
wältigenden Fülle bestätigt sie uns, daß mit
Slevogt der bedeutendste Graphiker unserer
Zeit dahingegangen ist. Seine schöpferische
Gestaltungskraft ist gepaart mit einer künst-
lerischen Darstellungsfähigkeit ohnegleichen.
Ein Reichtum der Einfälle, wie in den Litho-
graphien zu Goethes Faust, in den Tuschlithos
zu Benvenuto Cellini, in den Lithos zu Macbeth
und in der Anabasis des Xenophon ist einzig.
*
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbel'**’
Antiquitäten
Der i. J. 1894 in Bayreuth geborene W.
Maxon, der bei He i n e m a n n ausstellt, ist
ein Autodidakt, der mit offenen Augen und
empfänglichen Sinnen durch die Welt geht.
Seinen Bildern sieht man das Fehlen der Schule
nicht an, wenn auch gewisse Einflüsse — Karl
Haider und vielleicht Toni Stadler — erkennbar
sind. Dies tut aber der Selbständigkeit in der
Behandlung der Motive keinen Abbruch umso-
weniger, als das Ringen um die Ausdrucksform
sich erst in den letzten Werken dem Abschluß
zu nähern scheint. Von diesen reifsten Werken
seien genannt „Weitsee“, „Locarno, Ver-
banella“, die wundervolle „Ziegelei“, „Chiem-
see“ und „Lauterbach“, das in die Städtische
Galerie in München übergegangen ist. An
Weihnachten veranstaltet die Galerie Heine-
mann, wie seit Jahren, wieder eine Ausstellung
junger Münchner Künstler.
* . -~."
Information
MM. Brimo, de Laroussilhe zeigen die
Verlegung ihrer Geschäftslokale von 34, r u e
Lafayette, nach 58, rue Jouffroy, Paris
XVII e, an.
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten
Apollo. Griechisch, um 600 v. Chr.
Neuerwerbung des
Metropolitan Museum, New York
besser als die beiden Berliner Göttinnen,
sela M. Richter, die Leiterin der Abteilung
für griechische Kunst im New-Yorker Museum,
bezeichnet die dortige Neuerwerbung als die
repräsentativste Figur unter den frühgriechi-
schen Gestalten des Apollo: sie steht am Be-
ginn der Entwicklung, die auf den Apollo
vom Tempelgebiet in Olympia und auf den
Speerträger des Polyklet zuführt, denn sie
zeigt schon jene Richtung zur klassischen und
strengen Frontalität, Proportionalität und Mo-
numentalität. Das Werk ist um 600 v. Chr. zu
datieren, also in die Zeit der epochemachenden
Reformen des Solon, in den Beginn der See-
macht Athens, die mit der Erwerbung der Insel
Salamis einsetzte. Die gehaltene Energie, die
die Figur zeigt, entspricht aufs schönste jenem
großen Geschlechte. Aber ein Werk wie dieses,
das offenbar in Athen selbst entstanden ist,
wirft auch ein ganz neues Licht auf die Höhe
und Art der Kultur jener Zeit, der die Gestalt
des Philosophen Thales und der Dichterin
Sappho entstammten: Probleme, die uns im
Zeitalter des Konstruktivismus modern an-
W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennästr. 12
B 2 LützOW 4739
DIE W E L T KUNST
Direktion • Fritz-Eduard Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch, für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für München : Ludwig F. Fuchs / R o mi .. G. B 31nd
Wien- Dr St PoglayeT-Neuwall — Pariser Büro: 8, rue de Varenne. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. - des' Verlag^
an die Direktion der Weltkunst Berlin W 62 Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverstananis k enduo8’
auszugsweiser Nachdruck nur mit Quälenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des yeroffentlichungstermins und der
abgelehnt Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H„ Berlin SW 19.
A propos...
Geltungstrieb
Wenn Jedermann nur für das genoninv’1'
sein wollte, was er ist, wäre alles in beste1
Ordnung. Leider aber will Jedermann f”
mehr genommen werden, als er wirklich i®1’’
und wenn ihm seine Umwelt diesen Gefalle11
nicht tut, gibt es Unzuträglichkeiten, W”5
aber ist nun Jedermann ? Er ist nicht n”r
das, was er zuständlich ist, wie die Materi”?
listen meinen, sondern eine Verbindung a”®'
dem, was er zuständlich ist, und dem, was ®r
gern sein möchte. Das eine ist so wichtig Wie
das andere. Der Floh im Ohr, die Flausen i”1
Schädel, der Stachel im Herzen und der Gel'
tungstrieb in der Brust sind Realitäten.
Jedermann hat den glühenden Wunsch, z””
Kenntnis genommen zu werden. Ist er klei”'
so bläst er sich auf wie ein Ochsenfrosch, da-
mit man ihn nicht übersieht. Nicht jede Kon-
stitution verträgt das. Sind die Gewebe z”
zart, so zerplatzt Jedermann. Ein schöner Tod?
ein Tod mit Knalleffekt, ein guter Abgang-
In stillen Stunden schrumpft Jedermann ei”
und geht in sich. Triffst du ihn dann, S°
weint er sich an deiner Brust aus und gesteht
dir, daß er klein und häßlich ist. Gibst d”
ihm recht, so hast du einen Feind fürs Leben-
Unsere Feinde rekrutieren sich aus Leuten, di®
uns gram sind, weil sie das Gefühl haben, von
uns nicht nach Gebühr gewürdigt zu werden-
Wer uns schätzt, genießt unsere Sympathie?
wer uns überschätzt, unsere wohlwollende Nach-
sicht; wir hüten uns, ihm seinen frommen Glau-
ben zu nehmen.
Es juckt den Menschen, sich hervorzutun-
Da der Drang allgemein ist, entsteht ein rück-
sichtsloses Geschiebe und Gedränge um de®
Fleck im Scheinwerferlicht. Die Behauptung?
der Mensch sei ein kollektives Wesen, ist un-
wahr. Wer Unterordnung proklamiert, ver-
langt für sich Ausnahme und Führerschaft-
Der Mensch jagt nach Originalität. Er will
gelten, in der Familie, unter Kollegen oder
gleich in fünf Erdteilen. Der Marxist, der den
Individualisten verachtet, ist selbst einer. Er
ist stets von der fixen. Idee besessen, der einzig
wahre, lebende Marxist zu sein, und verdäch-
tigt Gleichstrebende bürgerlicher Rudimente-
innere Nötigung, Zielstrebigkeit, Allgemein-
wohl: schöne Worte für den Trieb, etwas ztr
gelten. Die Helden unserer Historienbücher
haben diesem Trieb ausgiebig gefrönt, indem
sie ohne plausiblen Grund irgendwelche weit-
schichtigen Änderungen und durchgreifenden
Umstellungen vornahmen und alte Übel durch
neue ersetzten. Der Mensch könnte ganz fried-
lich und glücklich leben, wenn er nicht den
Wahn hätte, sein Kerzenlicht für eine Bogen-
lampe auszugeben. Geltungstrieb ist Kothurn
und Stelze. Er überhöht, er inszeniert ein
Welttheater, in dem niemand sein Stichwo1’1
abwartet und jeder seine Mitspieler an cUe'
Wand zu drücken sucht. Extreme, Lügen, Prä-
tensionen und andere über das Notwendig”
hinausgreifende Kapriolen sind Ausgeburten
des Geltungstriebes. Wem es nicht gelingt
sich als Weiser einen Namen zu machen, ver-
sucht es als Narr. Entdeckungen und Er-
findungen, sagt man, entstehen aus einem all-
gemeinen Bedürfnis. Ein raffinierter Versuch?
der Entwicklung Kausalität zu unterstelle”'
Tatsächlich werden ständig Dinge erfunden
und entdeckt, nach denen nicht das geringst®
Bedürfnis besteht. Sind sie nun schon eim»”’
da, so stellen sich auch gleich die Bedürfnis®0
ein, leicht verspätet, aber mit der muntere”
Behauptung, schon lange gewartet zu habe”'
Wer aber zeichnet verantwortlich für die B®'
friedigung fiktiver Bedürfnisse ? Nieman”
anders als der Geltungstrieb.
Der Ahnherr des Geltungstriebes ist Her”'
stratus. Als der Epheser Dianatempel 111
Flammen stand und er selbst in aller Mun”
war, lachte sein Herz. Die Reihe der Her?'
strafe ist seitdem nicht abgerissen. Nicht <”
politische Überzeugung schleudert BoHibe”r
sondern der Geltungstrieb. Nur die Rücksic”
auf den Staatsanwalt zwingt zu einer bitt'.®
genug empfundenen Anonymität, die durch M1 h
wisser gelindert wird. Starker Geltungstrief
setzt sich einen geschichtlichen Markstein od ,
endet vor den Geschworenen. Wer sich ” ?
legale Weise nicht durchzusetzen weiß, fi””f,
im Gerichtssaal das Auditorium, das er ®
sehnt. Sensationsprozesse sind die Stimm®
tien der Kriminalität. f jj
Es soll bescheidene Menschen geben. 1 ß
halte das für einen Mythos. Bescheiden!1®
ist entweder Arroganz oder Tücke. Sie la’f
weilt außerdem in hohem Maße, während V;
bescheidenheit antreibt und amüsiert. H”
scheidene Kinder kriegen das größte St”
Kuchen oder Haue. Was, ist Glückssache-
Simpl®*