6
DIE WELTKUNST
Jahrg. VI, Nr. 48 vom 27. November 19j£
• •
Nachrichten von Überall
Aus den Berliner Museen
Im Kaiser-Friedrich-Museum werden im
Eingangsraum zur Gemäldegalerie anläßlich
der Neuerwerbung des großen Tafelbildes von
Altdorfer aus der Stiftung von Geheimrat
Friedländer die sonst im Deutschen Museum
aufgestellten Tafelbilder des großen Regens-
burger Meisters sowie die schönsten Zeich-
nungen und Studien aus dem Kupferstich-
kabinett gezeigt. Die Zusammenstellung er-
gibt ein übersichtliches Bild von dem viel-
seitigen Schaffen des führenden Künstlers der
Donau-Schule der Dürerzeit.
•x-
Nunmehr ist im Oberstock des Deutschen
Museums am Messelschen Forum der neue
Raum für die Werke Dürers und Hans Hol-
beins fertiggestellt worden. Durch das bessere
Licht und die vorteilhafte Wandbespannung
sind die früher lebhaft kritisierten Mängel be-
seitigt worden und zeigen die Werke in gün-
stigster Weise. Auch in kunstgeschichtlicher
Hinsicht ist durch diese Aufstellung zwischen
den Räumen, die Werke von Schongauer,
Baldung und Cranach auf der einen, Riemen-
schneider und die Augsburger Meister auf der
anderen Seite, zeigen, besser der Zusammen-
hang der altdeutschen Abteilung gewahrt.
„Französische Meister" der
Sammlung Chanterou
Wie nunmehr feststeht, ist der Leiter des
Versteigerungshauses A. Mak, Dr. de la Faille,
bei der Sammlung dieses angeblichen Gründers
der Vereine L’Amicale des Artistes wie der
Maison des Artistes, Secretaire du Salon du
Bois und Salon d’Automne usw. usw. schwer
getäuscht worden. Es handelte sich dabei um
viele, moderne französische Gemälde, die alle
von den Künstlern selbst diesem mit Titeln
reich versehenen Herrn Chanterou aus Freund-
schaft geschenkt sein sollten. Jedes Bild hatte
ein langes Attest über die Herkunft. Trotz-
dem wurden aber bei der Versteigerung nur
ganz kleine Preise erzielt. Bei der Vorbesichti-
gung war nichts herausgekommen, es wurde
lediglich die Feststellung gemacht, daß die
Künstler nicht gerade die besten ihrer Werke
verschenkt hätten. Schließlich aber wurde die
ganze Historie der Herkunft durch Herrn War-
nod von der „Comoedia“, Paris, aufgedeckt, der
dabei einen Schwindel witterte. Es war nun-
mehr nur ein kurzer Schritt, bis feststand, daß
dieser Herr Chanterou überhaupt nichts mit
den Vereinen und noch weniger mit den Künst-
lern zu tun gehabt hat. Zum Schlüsse mußte
auch Herr Dr. de la Faille, an dessen gutem
Glauben natürlich niemand gezweifelt hat, ein-
sehen, daß er das Opfer eines Schwindlers und
Fälschers geworden war, der ihm die Samm-
lung über einen Brüsseler Arzt, Dr. L. J., an-
geboten hatte. Dieser hatte auch die Atteste
selbst besorgt und die Sammlung Herrn Chan-
terou mit 30—300 Fr., etwa 3,50—35,— M. pro
Stück bevorschußt. Es ist für Herrn Dr. de la
Faille, das läßt sich nicht bestreiten, ein
äußerst peinliches Mißgeschick, in dem ihn das
französische Wort „Le beau röle est parfois
celui d’etre dupe“ trösten mag, doch schwer-
lich ganz trösten können wird. M.
Revisionsprozeß Wacker
Die letzten Tage im Wacker-Prozeß, der in
der Revisionsinstanz verhandelt wird, brachte
die Gutachten der künstlerischen Sachverstän-
digen aus Deutschland. Nachdem die tech-
nischen Sachverständigen, Geheimrat Täuber,
Hellmut Ruhemann, Kurt Wehlte und auch der
von der Verteidigung Wackers vorgeschlagene
Dr. Peterdiel vom Wieher Holzknecht-Institut
als Röntgenologe die Fälschungen der „van
Goghs“ dargelegt hatten, äußerten sich die
Berliner Maler Leo von König und Eugen
Spiro vom künstlerischen Gesichtspunkt über
die fraglichen Bilder. Beide fanden überein-
stimmend die überwiegende Mehrzahl der Bil-
der falsch. Auf Befragen erklärte Herr von
König, daß es schon in 5 Tagen möglich sei,
bei etwaigen Fälschungen eine Farbschicht zu
erzielen, die an Festigkeit den Wackerschen
Bildern entspräche. Im übrigen wurden die
Aussagen wiederholt, die in der ersten Instanz
gemacht worden waren. Geheimrat Justi er-
klärte nach den überzeugenden Ausführungen
der technischen Sachverständigen, daß sämt-
liche „van Goghs“ aus technischen sowie aus
künstlerischen Gründen von Fälscherhand
stammen, wenn sich dieser Maler auch allmäh-
lich in die Kunst seines Meisters hineingesehen
hätte. Ebenfalls hat sich nunmehr Meier-
Graefe auch von der Falschheit der Bilder
W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
B 2 LÜtzOW 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten
überzeugt. Bremmer sowie Scherjon bleiben
dabei, daß einige der van Goghs unbedingt
echt seien.
Römischer Fund in der Mosel
Bei Trier wurde durch einen Bagger-
meister aus dem Moselbett eine römische
Bronzestatuette ans Licht gefördert, die einen
Jüngling in hochgeschürztem Gewand darstellt,
der in der Hand ein Füllhorn mit Früchten
hält. Offenbar hat man es mit der Darstellung
eines Lar familiaris, eines römischen Haus-
gottes, zu tun. Das Rheinische Pro-
vinzialmuseum im Trier, das den
Fund erwerben konnte, führt damit seiner
römischen Abteilung ein wertvolles Stück zu.
Eine altchristliche Basilika am
See Genezareth
Dr. A. E. Mader, der Direktor des Orient-
Institutes der Görres-Gesellschaft in Jerusa-
lem, veröffentlicht soeben in „Forschungen und
Fortschritte“ das Resultat seiner Ausgrabungen
in Galiläa. Am Ufer des See Genezareth ge-
lang es, die Ueberreste der von dem Mönch
Zwei wiedergefundene Goya's
In dem Augustinerkloster des Eskorials bei
Madrid gelang es, zwei Bildnisse, und zwar
die Karls IV. und seiner Gemahlin Maria
Luisa, als eigenhändige Arbeiten von Goya
zu sichern. Die Porträts dürften schon
1770—1780 gemalt sein. Der Fund ist um so
interessanter, als es sich dabei um Jugend-
werke von Goya handelt.
Ein Kleid Marie Antoinettes
Das Britische Museum erwarb jetzt aus dem
Besitz der Familie Besnard ein reichgesticktes
Kleid des 18. Jahrhunderts. Es wurde für die
unglückliche Königin angefertigt, aber nicht
mehr von ihr getragen. Am Tage nach ihrer
Hinrichtung hat es der Garderobemeister Bes-
nard an sich genommen, dessen Nachkommen
es nunmehr an das Londoner Museum verkauft
haben.
Originelle Künstlernotstands-
aktion
Am Morgen des 22. November fuhren von
der Wiener Sezession unter Trompeten-
geschmetter drei Lastautomobile mit dreißig
Van Gogh, La Meridienne
Versteigerung — Vente — Sale: Mme Alph. Bellier — Hessel — Bignou
Galerie Georges Petit, Paris, 12. Dezember 1932
Petrus Diakonus erwähnten Basilika, die über
dem Stein errichtet worden war, auf dem
Christus die Brote bei der Speisung der 5000
gelegt haben soll, aufzufinden. Es handelt
sich um die zeitlich älteste und kunstgeschicht-
lich wertvollste Ausgrabung in Galiläa. In
dem unregelmäßigen Mauerwerk wurden
Trümmer spätrömischer Architekturstücke
festgestellt. Im Innern befand sich unter dem
Hauptaltar der heilige Stein, auf dem das
erste Wunder vollbracht wurde. Davor war
ein kostbares Mosaik, das einen Korb von vier
kreuzgezeichneten Broten und zwei Fischen
darstellt. Von ebenso einzig dastehender
Schönheit sind die Mosaiken im Querschiff. Sie
stellen Oleanderbüsche, Schilf, Lotus- und
Papyrusstauden dar, zwischen denen sich alle
möglichen Wasservögel und Pfauen tummeln.
Die Errichtung der Kapelle dürfte um 390 er-
folgt sein, die Zerstörung voraussichtlich zu
Beginn des 7. Jahrhunderts.
Künstlern ab, um sie in verschiedenen Bezir-
ken abzusetzen, wo sie mit wetterfesten Far-
ben auf Plakatwänden die Notiage des Künst-
lers und die Zwecke der Notgemeinschaft für
Kunst und Schrifttum schildern sollten. Die
Wipag (Wiener Plakatierungs-A.-G.), welche
die Wände kostenlos zur Verfügung stellte, hat
auch 230 Plätze an ihren Plakatwänden zwecks
Anbringung verkäuflicher Bilder eingeräumt.
An der von der Notgemeinschaft für Kunst
und Schrifttum eingeleiteten Aktion beteiligen
sich bekannte Künstler wie Carry Hauser,
Böhler, Zülow, Planckh, O. Schatz, R. Haas.
P. N.
Aus München
Im Städt. Historischen Museum wurde der
Aufsatz eines Hausaltars — ein von Akanthus
umrahmtes Ölbildchen auf Kupfer, darstellend
die Hl. Dreifaltigkeit — entwendet. F.
MARGRAF&CO
GMBH
ANTI Q U ITÄTE N
B E LLEVU ESTR. 6
BERLIN W9-TELEFON LÜTZOW 1148
putzt oder sich über ein Kreuzwort'
beugt.
gilt als ausgemachte Sache, da«
Generaldirektor ein Verhältnis mif
Sekretärin hat. Diese Annahme ist eit1
A propos..-
Der Generaldirektor
Wozu er gut ist, weiß kein Mensch. Wenn
ein Laufbursche erkrankt oder eine Steno-
typistin fernbleibt, leidet der Betrieb empfind'
lieh. Fehlt der Generaldirektor, so hat dies
nicht die geringste Bedeutung. Woraus folgt,
daß seine Stellung weniger lebenswichtiger,
als dekorativer Art ist. Dem Generaldirektor
fällt die Funktion zu, nach außen hin kund'
zutun, daß er keine Zeit hat. Von Gewichtig'
keit und chronischem Zeitmangel umwittert;
verkörpert er den rastlosen Pulsschlag des
Unternehmens. Mehr wird von ihm nicht ver-
langt, aber es ist ja auch schließlich nicht
wenig. Der Generaldirektor ist, ähnlich dein
englischen König, ein sinnbildliches Versatz-
stück und als solches unentbehrlich.
Der Zeitmangel des Generaldirektors ist
achtunggebietend. Seine Handlungen folge11
derart Schlag auf Schlag, daß sein Lebens'
rhythmus zum unaufhörlichen Hämmern wiro-
Von fernher kommend, trifft er atemlos per
Flugzeug ein und diktiert im Auto der fiebern-
den Sekretärin die eiligsten Briefe. Im Betrieb
angelangt, jagen die Sitzungen die Besprechuii'
gen. Schon aber laufen dringliche Telegramme
ein, die ein längeres Verweilen unmöglich
machen. Chauffeur und Angestellte der näch-
sten Umgebung treten von einem Fuß auf der*
andern, weil die Abfahrt des Zuges bedenklich
näherrückt, und weisen von Zeit zu Zeit be-
scheiden auf diese drohende Tatsache hin. Im
letzten Augenblick wirft sich der Gewaltige
in die Polster des schnaubenden Zwölf'
Zylinders, im letzten Augenblick erklimmt er
den Schlafwagen, und der Zug setzt sich mit
hörbarer Erleichterung in Bewegung. Warten
am Bahnsteig wäre geradezu undenkbar und
für den Wirtschaftsführer ungemein de-
mütigend gewesen.
Du besuchst den Generaldirektor. Zwischen
zwei äußerst wichtigen Sitzungen schenkt er
Dir fünf Minuten seiner kostbaren Zeit. Di-
Sekretärin öffnet die lautschluckende Doppel-
tür, Du betrittst das Sanktuarium. Irgendwo
in der Ferne sitzt an einem Mussolinischreib-
tisch der große Mann. Bis Du des Raumes
Weite durchquert, den Generaldirektor durch
einen devoten Bückling aus abgründigen Sinnen
gerissen und auf Deine dürftige Existenz hin-
gelenkt hast, ist Dir das pochende Herz längst
in die Hose gefallen. Du wirst mit kurzer,
markanter Handbewegung in einen Sessel ge'
wiesen und bringst, gegen das Licht sitzend,
feucht an Händen und Schläfen, Dein unbe-
deutendes Anliegen vor. Während Du stam-
melst, bekritzelt der große Mann kleine Zettel-
chen mit schwerwiegenden Notizen, spielt aiR
der Klaviatur seiner komplizierten Telephon-
anlage, läßt Lichtsignale aufflammen und gib^
fernmündliche Anweisungen. Du schämst Die*1
Deines Daseins und hast das deprimierende Ge-
fühl, die Weltwirtschaft unnötig aufzuhalten-
Ehe Du Dich versiehst, ist die Audienz
Ende. Ein Zettelchen wurde Dir zu Ehre»
ausgefüllt und achtlos beiseite gelegt. Wa’
konntest Du, Unseliger, mehr verlangen? Gar
zu gern möchtest Du jetzt, plötzlich anarchisch
bewegt, abermals eintreten, um festzusteilem
ob der große Mann nunmehr verträumt die
Nägel
rätsel
Es
jeder
seiner _ _
konstanter Faktor der industriellen Mythologi®
und durch nichts zu erschüttern. Bei sach-
licher Prüfung würde sich vermutlich heraus-
stellen, daß die Annahme durchweg zu Un-
recht besteht. Künstler und kleinere Schrift-
steller sind aus Gründen der Sparsamkeit mJ_
ihrem Modell oder mit ihrer Sekretärin liiert’
dem Generaldirektor stehen außerbetrieblich®
Freuden offen. Wohl wissend, daß das fiktN®
Verhältnis ein zugehöriges Attribut ist, ,
ches seinen olympischen Rang bestätigt uü^
hebt, hütet sich der Generaldirektor, dem P?
kanten Gerücht entgegenzutreten. Auch o’
Sekretärin hat kein Interesse daran, ihre Vo^
machtstellung bei der Kollegenschaft zu unt®1
graben. Die Welt ist viel moralischer, als m3^
gemeinhin denkt. Kein Mensch ist so last®.g
haft, als er sich in der erregten I’hantm
seiner Nächsten spiegelt.
Du durchschaust den Generaldirektor, ? -
wiß, aber er ist Dir trotzdem über. Kenntnis 1
Verhältnisse schützt uns nicht davor, von ih*J
bis ins Mark erschüttert zu werden. Mach
Versuch, wiederhole den Besuch! Das Zitt®1^
in den Kniekehlen wird nicht ausbleiben. ^ejst
siehe, das Vorgetäuschte und Unbegründete -
ebenso echt und ebenso zwingend wie
Echte und Motivierte. S i m P e
KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln
Antiquitäten
Ankauf
Verkauf
Direktion: Fritz-Eduard Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch, für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für München : Ludwig F. Fuchs / R o ni : ^Gtf+e-n
Wi®° :. I?r*1 St\ Poglayen-Neuwall — Pariser Büro : 8, rue de Varenne. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. - Zuscnrn lag9,
an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis aes duOg,
auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der K
abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H.» Berlin SW 19.
DIE WELTKUNST
Jahrg. VI, Nr. 48 vom 27. November 19j£
• •
Nachrichten von Überall
Aus den Berliner Museen
Im Kaiser-Friedrich-Museum werden im
Eingangsraum zur Gemäldegalerie anläßlich
der Neuerwerbung des großen Tafelbildes von
Altdorfer aus der Stiftung von Geheimrat
Friedländer die sonst im Deutschen Museum
aufgestellten Tafelbilder des großen Regens-
burger Meisters sowie die schönsten Zeich-
nungen und Studien aus dem Kupferstich-
kabinett gezeigt. Die Zusammenstellung er-
gibt ein übersichtliches Bild von dem viel-
seitigen Schaffen des führenden Künstlers der
Donau-Schule der Dürerzeit.
•x-
Nunmehr ist im Oberstock des Deutschen
Museums am Messelschen Forum der neue
Raum für die Werke Dürers und Hans Hol-
beins fertiggestellt worden. Durch das bessere
Licht und die vorteilhafte Wandbespannung
sind die früher lebhaft kritisierten Mängel be-
seitigt worden und zeigen die Werke in gün-
stigster Weise. Auch in kunstgeschichtlicher
Hinsicht ist durch diese Aufstellung zwischen
den Räumen, die Werke von Schongauer,
Baldung und Cranach auf der einen, Riemen-
schneider und die Augsburger Meister auf der
anderen Seite, zeigen, besser der Zusammen-
hang der altdeutschen Abteilung gewahrt.
„Französische Meister" der
Sammlung Chanterou
Wie nunmehr feststeht, ist der Leiter des
Versteigerungshauses A. Mak, Dr. de la Faille,
bei der Sammlung dieses angeblichen Gründers
der Vereine L’Amicale des Artistes wie der
Maison des Artistes, Secretaire du Salon du
Bois und Salon d’Automne usw. usw. schwer
getäuscht worden. Es handelte sich dabei um
viele, moderne französische Gemälde, die alle
von den Künstlern selbst diesem mit Titeln
reich versehenen Herrn Chanterou aus Freund-
schaft geschenkt sein sollten. Jedes Bild hatte
ein langes Attest über die Herkunft. Trotz-
dem wurden aber bei der Versteigerung nur
ganz kleine Preise erzielt. Bei der Vorbesichti-
gung war nichts herausgekommen, es wurde
lediglich die Feststellung gemacht, daß die
Künstler nicht gerade die besten ihrer Werke
verschenkt hätten. Schließlich aber wurde die
ganze Historie der Herkunft durch Herrn War-
nod von der „Comoedia“, Paris, aufgedeckt, der
dabei einen Schwindel witterte. Es war nun-
mehr nur ein kurzer Schritt, bis feststand, daß
dieser Herr Chanterou überhaupt nichts mit
den Vereinen und noch weniger mit den Künst-
lern zu tun gehabt hat. Zum Schlüsse mußte
auch Herr Dr. de la Faille, an dessen gutem
Glauben natürlich niemand gezweifelt hat, ein-
sehen, daß er das Opfer eines Schwindlers und
Fälschers geworden war, der ihm die Samm-
lung über einen Brüsseler Arzt, Dr. L. J., an-
geboten hatte. Dieser hatte auch die Atteste
selbst besorgt und die Sammlung Herrn Chan-
terou mit 30—300 Fr., etwa 3,50—35,— M. pro
Stück bevorschußt. Es ist für Herrn Dr. de la
Faille, das läßt sich nicht bestreiten, ein
äußerst peinliches Mißgeschick, in dem ihn das
französische Wort „Le beau röle est parfois
celui d’etre dupe“ trösten mag, doch schwer-
lich ganz trösten können wird. M.
Revisionsprozeß Wacker
Die letzten Tage im Wacker-Prozeß, der in
der Revisionsinstanz verhandelt wird, brachte
die Gutachten der künstlerischen Sachverstän-
digen aus Deutschland. Nachdem die tech-
nischen Sachverständigen, Geheimrat Täuber,
Hellmut Ruhemann, Kurt Wehlte und auch der
von der Verteidigung Wackers vorgeschlagene
Dr. Peterdiel vom Wieher Holzknecht-Institut
als Röntgenologe die Fälschungen der „van
Goghs“ dargelegt hatten, äußerten sich die
Berliner Maler Leo von König und Eugen
Spiro vom künstlerischen Gesichtspunkt über
die fraglichen Bilder. Beide fanden überein-
stimmend die überwiegende Mehrzahl der Bil-
der falsch. Auf Befragen erklärte Herr von
König, daß es schon in 5 Tagen möglich sei,
bei etwaigen Fälschungen eine Farbschicht zu
erzielen, die an Festigkeit den Wackerschen
Bildern entspräche. Im übrigen wurden die
Aussagen wiederholt, die in der ersten Instanz
gemacht worden waren. Geheimrat Justi er-
klärte nach den überzeugenden Ausführungen
der technischen Sachverständigen, daß sämt-
liche „van Goghs“ aus technischen sowie aus
künstlerischen Gründen von Fälscherhand
stammen, wenn sich dieser Maler auch allmäh-
lich in die Kunst seines Meisters hineingesehen
hätte. Ebenfalls hat sich nunmehr Meier-
Graefe auch von der Falschheit der Bilder
W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
B 2 LÜtzOW 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten
überzeugt. Bremmer sowie Scherjon bleiben
dabei, daß einige der van Goghs unbedingt
echt seien.
Römischer Fund in der Mosel
Bei Trier wurde durch einen Bagger-
meister aus dem Moselbett eine römische
Bronzestatuette ans Licht gefördert, die einen
Jüngling in hochgeschürztem Gewand darstellt,
der in der Hand ein Füllhorn mit Früchten
hält. Offenbar hat man es mit der Darstellung
eines Lar familiaris, eines römischen Haus-
gottes, zu tun. Das Rheinische Pro-
vinzialmuseum im Trier, das den
Fund erwerben konnte, führt damit seiner
römischen Abteilung ein wertvolles Stück zu.
Eine altchristliche Basilika am
See Genezareth
Dr. A. E. Mader, der Direktor des Orient-
Institutes der Görres-Gesellschaft in Jerusa-
lem, veröffentlicht soeben in „Forschungen und
Fortschritte“ das Resultat seiner Ausgrabungen
in Galiläa. Am Ufer des See Genezareth ge-
lang es, die Ueberreste der von dem Mönch
Zwei wiedergefundene Goya's
In dem Augustinerkloster des Eskorials bei
Madrid gelang es, zwei Bildnisse, und zwar
die Karls IV. und seiner Gemahlin Maria
Luisa, als eigenhändige Arbeiten von Goya
zu sichern. Die Porträts dürften schon
1770—1780 gemalt sein. Der Fund ist um so
interessanter, als es sich dabei um Jugend-
werke von Goya handelt.
Ein Kleid Marie Antoinettes
Das Britische Museum erwarb jetzt aus dem
Besitz der Familie Besnard ein reichgesticktes
Kleid des 18. Jahrhunderts. Es wurde für die
unglückliche Königin angefertigt, aber nicht
mehr von ihr getragen. Am Tage nach ihrer
Hinrichtung hat es der Garderobemeister Bes-
nard an sich genommen, dessen Nachkommen
es nunmehr an das Londoner Museum verkauft
haben.
Originelle Künstlernotstands-
aktion
Am Morgen des 22. November fuhren von
der Wiener Sezession unter Trompeten-
geschmetter drei Lastautomobile mit dreißig
Van Gogh, La Meridienne
Versteigerung — Vente — Sale: Mme Alph. Bellier — Hessel — Bignou
Galerie Georges Petit, Paris, 12. Dezember 1932
Petrus Diakonus erwähnten Basilika, die über
dem Stein errichtet worden war, auf dem
Christus die Brote bei der Speisung der 5000
gelegt haben soll, aufzufinden. Es handelt
sich um die zeitlich älteste und kunstgeschicht-
lich wertvollste Ausgrabung in Galiläa. In
dem unregelmäßigen Mauerwerk wurden
Trümmer spätrömischer Architekturstücke
festgestellt. Im Innern befand sich unter dem
Hauptaltar der heilige Stein, auf dem das
erste Wunder vollbracht wurde. Davor war
ein kostbares Mosaik, das einen Korb von vier
kreuzgezeichneten Broten und zwei Fischen
darstellt. Von ebenso einzig dastehender
Schönheit sind die Mosaiken im Querschiff. Sie
stellen Oleanderbüsche, Schilf, Lotus- und
Papyrusstauden dar, zwischen denen sich alle
möglichen Wasservögel und Pfauen tummeln.
Die Errichtung der Kapelle dürfte um 390 er-
folgt sein, die Zerstörung voraussichtlich zu
Beginn des 7. Jahrhunderts.
Künstlern ab, um sie in verschiedenen Bezir-
ken abzusetzen, wo sie mit wetterfesten Far-
ben auf Plakatwänden die Notiage des Künst-
lers und die Zwecke der Notgemeinschaft für
Kunst und Schrifttum schildern sollten. Die
Wipag (Wiener Plakatierungs-A.-G.), welche
die Wände kostenlos zur Verfügung stellte, hat
auch 230 Plätze an ihren Plakatwänden zwecks
Anbringung verkäuflicher Bilder eingeräumt.
An der von der Notgemeinschaft für Kunst
und Schrifttum eingeleiteten Aktion beteiligen
sich bekannte Künstler wie Carry Hauser,
Böhler, Zülow, Planckh, O. Schatz, R. Haas.
P. N.
Aus München
Im Städt. Historischen Museum wurde der
Aufsatz eines Hausaltars — ein von Akanthus
umrahmtes Ölbildchen auf Kupfer, darstellend
die Hl. Dreifaltigkeit — entwendet. F.
MARGRAF&CO
GMBH
ANTI Q U ITÄTE N
B E LLEVU ESTR. 6
BERLIN W9-TELEFON LÜTZOW 1148
putzt oder sich über ein Kreuzwort'
beugt.
gilt als ausgemachte Sache, da«
Generaldirektor ein Verhältnis mif
Sekretärin hat. Diese Annahme ist eit1
A propos..-
Der Generaldirektor
Wozu er gut ist, weiß kein Mensch. Wenn
ein Laufbursche erkrankt oder eine Steno-
typistin fernbleibt, leidet der Betrieb empfind'
lieh. Fehlt der Generaldirektor, so hat dies
nicht die geringste Bedeutung. Woraus folgt,
daß seine Stellung weniger lebenswichtiger,
als dekorativer Art ist. Dem Generaldirektor
fällt die Funktion zu, nach außen hin kund'
zutun, daß er keine Zeit hat. Von Gewichtig'
keit und chronischem Zeitmangel umwittert;
verkörpert er den rastlosen Pulsschlag des
Unternehmens. Mehr wird von ihm nicht ver-
langt, aber es ist ja auch schließlich nicht
wenig. Der Generaldirektor ist, ähnlich dein
englischen König, ein sinnbildliches Versatz-
stück und als solches unentbehrlich.
Der Zeitmangel des Generaldirektors ist
achtunggebietend. Seine Handlungen folge11
derart Schlag auf Schlag, daß sein Lebens'
rhythmus zum unaufhörlichen Hämmern wiro-
Von fernher kommend, trifft er atemlos per
Flugzeug ein und diktiert im Auto der fiebern-
den Sekretärin die eiligsten Briefe. Im Betrieb
angelangt, jagen die Sitzungen die Besprechuii'
gen. Schon aber laufen dringliche Telegramme
ein, die ein längeres Verweilen unmöglich
machen. Chauffeur und Angestellte der näch-
sten Umgebung treten von einem Fuß auf der*
andern, weil die Abfahrt des Zuges bedenklich
näherrückt, und weisen von Zeit zu Zeit be-
scheiden auf diese drohende Tatsache hin. Im
letzten Augenblick wirft sich der Gewaltige
in die Polster des schnaubenden Zwölf'
Zylinders, im letzten Augenblick erklimmt er
den Schlafwagen, und der Zug setzt sich mit
hörbarer Erleichterung in Bewegung. Warten
am Bahnsteig wäre geradezu undenkbar und
für den Wirtschaftsführer ungemein de-
mütigend gewesen.
Du besuchst den Generaldirektor. Zwischen
zwei äußerst wichtigen Sitzungen schenkt er
Dir fünf Minuten seiner kostbaren Zeit. Di-
Sekretärin öffnet die lautschluckende Doppel-
tür, Du betrittst das Sanktuarium. Irgendwo
in der Ferne sitzt an einem Mussolinischreib-
tisch der große Mann. Bis Du des Raumes
Weite durchquert, den Generaldirektor durch
einen devoten Bückling aus abgründigen Sinnen
gerissen und auf Deine dürftige Existenz hin-
gelenkt hast, ist Dir das pochende Herz längst
in die Hose gefallen. Du wirst mit kurzer,
markanter Handbewegung in einen Sessel ge'
wiesen und bringst, gegen das Licht sitzend,
feucht an Händen und Schläfen, Dein unbe-
deutendes Anliegen vor. Während Du stam-
melst, bekritzelt der große Mann kleine Zettel-
chen mit schwerwiegenden Notizen, spielt aiR
der Klaviatur seiner komplizierten Telephon-
anlage, läßt Lichtsignale aufflammen und gib^
fernmündliche Anweisungen. Du schämst Die*1
Deines Daseins und hast das deprimierende Ge-
fühl, die Weltwirtschaft unnötig aufzuhalten-
Ehe Du Dich versiehst, ist die Audienz
Ende. Ein Zettelchen wurde Dir zu Ehre»
ausgefüllt und achtlos beiseite gelegt. Wa’
konntest Du, Unseliger, mehr verlangen? Gar
zu gern möchtest Du jetzt, plötzlich anarchisch
bewegt, abermals eintreten, um festzusteilem
ob der große Mann nunmehr verträumt die
Nägel
rätsel
Es
jeder
seiner _ _
konstanter Faktor der industriellen Mythologi®
und durch nichts zu erschüttern. Bei sach-
licher Prüfung würde sich vermutlich heraus-
stellen, daß die Annahme durchweg zu Un-
recht besteht. Künstler und kleinere Schrift-
steller sind aus Gründen der Sparsamkeit mJ_
ihrem Modell oder mit ihrer Sekretärin liiert’
dem Generaldirektor stehen außerbetrieblich®
Freuden offen. Wohl wissend, daß das fiktN®
Verhältnis ein zugehöriges Attribut ist, ,
ches seinen olympischen Rang bestätigt uü^
hebt, hütet sich der Generaldirektor, dem P?
kanten Gerücht entgegenzutreten. Auch o’
Sekretärin hat kein Interesse daran, ihre Vo^
machtstellung bei der Kollegenschaft zu unt®1
graben. Die Welt ist viel moralischer, als m3^
gemeinhin denkt. Kein Mensch ist so last®.g
haft, als er sich in der erregten I’hantm
seiner Nächsten spiegelt.
Du durchschaust den Generaldirektor, ? -
wiß, aber er ist Dir trotzdem über. Kenntnis 1
Verhältnisse schützt uns nicht davor, von ih*J
bis ins Mark erschüttert zu werden. Mach
Versuch, wiederhole den Besuch! Das Zitt®1^
in den Kniekehlen wird nicht ausbleiben. ^ejst
siehe, das Vorgetäuschte und Unbegründete -
ebenso echt und ebenso zwingend wie
Echte und Motivierte. S i m P e
KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln
Antiquitäten
Ankauf
Verkauf
Direktion: Fritz-Eduard Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch, für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für München : Ludwig F. Fuchs / R o ni : ^Gtf+e-n
Wi®° :. I?r*1 St\ Poglayen-Neuwall — Pariser Büro : 8, rue de Varenne. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. - Zuscnrn lag9,
an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis aes duOg,
auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der K
abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H.» Berlin SW 19.