2
DIE WELTKUNST
Jahrg. VI, Nr. 50 vom 11. Dezember 1932
aus der- Tatsache, daß Kunsthändler Auktionen
abhalten, besondere Mißstände für das Wesen
der Auktion ergeben. Nach den auf der
ganzen Welt gemachten Erfahrungen ist diese
Frage nicht nur zu verneinen, sondern es hat
sich gezeigt, daß gerade die Kunsthändler, die
spezielle Kenner des internationalen Marktes
waren, bei der Abhaltung von Auktionen be-
sonders gewissenhaft verfahren sind und dabei
besondere Erfolge verzeichnen konnten. Der’
Grund hierfür ist ohne weiteres einleuchtend.
Der Händlerauktionator, der die Preisbildung
des freien Marktes genau übersieht, und der
selbst ein eigenes Lager besitzt, wird bei der
Bewertung von Sammlungen eine erhöhte
Sicherheit beweisen, und er wird weiter
infolge seiner Kenntnis der Sammlertätigkeit
alle Möglichkeiten erschöpfen können, um die
jeweils vorhandenen Käuferinteressenten für
seine Auktionen heranzuziehen. Er kann so-
mit die Interessen seiner Auftraggeber in in-
dividueller Weise vertreten, während er sich
andererseits besonders bemühen wird, die
Käufer, die ja wenigstens zum Teil auch seine
sonstigen Kunden sind, möglichst gut und
zweckmäßig zu beraten. Auf diese Weise hat
er bezüglich der gewissenhaften und reellen
Durchführung der Auktion ein gesteigertes
Verantwortungsgefühl und wird hierdurch am
ehesten der „ehrliche Makler“ zwischen den
Interessen des Auftraggebers und denen des
Käufers sein, den Karl Haberstock in seinem
Aufsatz so sehr herbeisehnt.
Gegenüber der Tatsache, daß in Paris und
Amsterdam, Berlin und Luzern gerade die von
Kunsthändlerfirmen abgehaltenen Auktionen
die größten Erfolge hatten und sich auch
seitens der Öffentlichkeit besonderen Ver-
trauens erfreuten, treten die Argumente des
sich in seinen Interessen verletzt glaubenden
Einzelhandels zurück. Die Bestimmung des
Gesetzes — „der Betrieb anderer Gewerbe ist
dem Versteigerer nur mit Erlaubnis des Re-
gierungspräsidenten gestattet“ ■—, auf die schon
oben hingewiesen wurde, wollte verhindern,
daß durch eine doppelte Tätigkeit der Auk-
tionatoren die Interessen der Verkäufer
verletzt würden. Mir scheint es im höchsten
Grade bedenklich, diese Bestimmung heranzu-
ziehen — ich weiß, daß ich hier pro domo
spreche —, um erfolgreichen Auktionshäusern
ihre Tätigkeit im Interesse des übrigen Spe-
zialhandels zu erschweren. Wenn sich heute
ein Warenhaus eine Sonderabteilung für Anti-
quitäten einrichtet, oder eine Kunsthandlung
zu einer Ausstellung von Bildern einladet und
dann nebenbei in anderen Räumen Kunst-
gewerbe verkauft, so könnte dies ebenso gut
beanstandet werden wie der meist erfolglose
Versuch eines Auktionators, außerhalb der
Auktion an irgendeinen Auktionskunden frei-
händig ein Objekt aus seinem Besitz zu ver-
kaufen. Es kann ja auch andererseits nicht
gesetzlich verhindert werden, daß die freien
Händler oftmals versuchen, bei Auktionsvor-
besichtigungen die ihnen bekannten Sammler
von Auktionsankäufen zurückzuhalten, um sie
für ihre eigene Ware zu gewinnen. Meines Er-
achtens ist bei allen diesen Fragen nur zu
prüfen, wieweit eventuell der Auftraggeber
oder der Käufer des Auktionators geschädigt
wird. Für Fragen, die den Kunsthandel selbst
betreffen, muß das Gesetz gegen den unlau-
teren Wettbewerb ausreichend sein.
Ich komme zum letzten Punkt der Haber-
stockschen Argumentierung, und zwar zur
Frage der Garantie. Wenn hier vorgeschlagen
wird, bei Auktionen eine Garantie einzuführen,
so ist dieser Vorschlag aus dem Munde eines
freien Händlers, der gleichzeitig betont, daß er
an sich die Auktionen beibehalten und för-
dern will, nicht logisch. Die Garantieüber-
nahme widerspricht dem Grundwesen der
Auktion. Der Unterschied zwischen dem Auk-
tionshandel und dem freien Handel besteht ja
gerade darin, daß der freie Händler der persön-
liche Berater des Kunden ist und infolgedessen
auch für seine Beratung einstehen muß.
Der Auktionator ist reiner Vermittler. In
vielen Fällen kennt er den Kunden über-
haupt nicht, und es ist schwer, jemandem
gegenüber eine Verantwortung zu übernehmen,
der meistens gar nicht in Erscheinung tritt.
Die Garantie könnte ja ohnedies nur ein Händ-
ler übernehmen, der gleichzeitig Kenner ist,
niemals eine Persönlichkeit, die rein technisch
eine Auktion veranstaltet. Wenn also eine
strenge Trennung der Auktionstätigkeit vom
freien Handel verlangt wird und gleichzeitig
die Garantieübernahme durch den Auktionator,
so besteht darin ein innerer Widerspruch. Man
kann unmöglich eine Garantie von einem Nicht-
kenner verlangen.
Inhalt Nr. 50
Dr. W. F e i I c h e n f e 1 d t:
Auktionsreform oder Konkurrenzbekämp-
fung? .1,2
Dr. E. H. Lehmann:
Der Kunsthandel im Spiegel der ersten
deutschen Kunstzeitschriften (m. 3 Abb.) 2,3
Ausstellungen (m. 3 Abb.) .... 3,4
in Wien: Georg Ehrlich
in Mainz: P. H. Strecker
in Paris: Paul Elsas
in Berlin: Lebendige deutsche Kunst —
Franz Lenk — Ostasiatische Kunst
Auktionsvorberichte (m. Abb.).4
Literatur . 4
Auktionsnachberichte.4,5
Preisberichte ..5
A u k t i o n s k a 1 e n d e r .5
Nachrichten von Überall (m. Abb.) .... 6
Abbildungen:
Mücke, nach Schnorr von Karolsfeld.1
Miscellaneen artistischen Inhalts . . . . 2
Erster Aktionsbericht von 1779 .2
Wöchentliche Kunstnachrichtetf 1825. . . 2
G. Ehrlich, Zwei Mädchen.3
P. Strecker, Erwachen 1931. 3
Paul Elsas, Seinelandsehaft.3
J. v. Buisdael. Landschaft ..4
Jan Steen, Die Hochzeit. 6
Es kommt aber noch etwas anderes hinzu.
Man wird mir einwenden, der Auktionator solle
ja nur die Haftung übernehmen für die Dinge,
die im Katalog stehen. Bei den heutigen Ver-
hältnissen in Deutschland ist auch dies leider
unmöglich. Die größeren deutschen Auktions-
häuser stellen ihre Kataloge nach bestem
Wissen und Gewissen unter Zuhilfenahme aller
Hilfsmittel der modernen Wissenschaft her.
Mehr kann ihnen nicht zugemutet werden. Wir
haben in der letzten Zeit wiederholt gesehen,
daß selbst in noch so klar liegenden Fällen
eine Einigung über Zuschreibungen unter den
verschiedenen maßgebenden Sachverständigen
nicht erzielt werden konnte. Wenn die Garan-
tie nicht vertragsmäßig ausgeschlossen würde,
so wäre der Auktionator dem guten Willen
jedes Käufers einfach ausgeliefert. Die Leh-
ren, die wir gerade aus dem jetzt abgelaufenen
Wacker-Van-Gogh-Prozeß ziehen, zeigen, daß
bei noch so falschen Objekten sich immer Sach-
verständige finden, die für die Echtheit auch
der absurdesten Machwerke eintreten. Ebenso
gibt es umgekehrt immer Leute, die die echte-
sten und unantastbarsten Objekte in Zweifel
ziehen. Ich möchte diese Gedankengänge nicht
näher ausführen, aber die Einführung der
Garantie bei den Auktionen würde meines Er-
achtens zu den unerfreulichsten Erscheinungen
innerhalb des Kunsthandels selbst führen und
die Durchführung von Auktionen überhaupt
unmöglich machen.
Sinn der Auktion ist der freie, anonyme
Verkauf an den Sammler unter dessen eigen-
ster Verantwortung. Der Käufer muß selbst
einen eventuellen Schaden tragen, wie er ja
Die erste wissenschaftlich fundierte Kunst-
zeitschrift in Deutschland waren die seit 1779
erschienenen
„Miscellaneen artistischen Inhalts“ (siehe
Abb.). Johann Georg Meusel, der kluge Her-
»ausgeber des Journals, führte seine periodi-
schen Kunstpublikationen mit wenigen Unter-
brechungen etwa drei Jahrzehnte fort; er
förderte in dieser langen Zeit nicht nur die
SRifcenanccn
SÄ
artiftifc^en
von
Sofjann ® e o r g Teufel
8 n> e p t e t -Ö e f i.
... i . — .. ..—at»
® t f u t t,
tu) fttrrtag örr Äepftrftpen töurfjöanbüiwj.
«77 9.
Titelblatt der „Miscellaneen artisti-
schen Inhalts“
Kunstforschung, sondern wirkte auch am Aus-
bau des deutschen Kunsthandels mit. Künstler
und Kunstliebhaber boten oft ihre Werke in
der Zeitschrift an; und mit Recht konnte
Meusel in einer Rückerinnerung an seine
redaktionelle Tätigkeit schreiben: „Ich genoß
das Vergnügen, Künstler und Kunstfreunde
auf mehr als eine Art miteinander bekannt zu
machen; jenen Belohnung und Absatz, diesen
den Besitz herrlicher Werke zu verschaffen“.
Die meisten Angebote in den Miscellaneen
sind äußerlich nicht als Reklame gekennzeich-
net; sie stehen unter den „Vermischten Nach-
richten“ und sind auch stilistisch den anderen
Kunstmitteilungen ähnlich. Oft gingen ja die
Verkaufsnotizen, die damals noch kostenlos
publiziert wurden, der Redaktion durch ihre
Korrespondenten zu und trugen — wenn es
sich um größere Ausführungen handelte ■—
gelegentlich sogar die Signatur des Mit-
arbeiters. Vor allem wurden die von Künst-
lern stammenden Angebote von den Korre-
spondenten vermittelt.
Aus verschiedenen Bemerkungen können
wir entnehmen, daß die Künstler nur schwer
einen Absatz ihrer Werke fanden. Trotz der
wiederholten Hinweise auf die billigen Preise
der Arbeiten und auf die Not der Künstler
scheint das Interesse des zahlungskräftigen
Publikums sich schon damals mehr auf die
ältere Kunst konzentriert zu haben. Um ein
Beispiel zu nennen, sei die Anzeige des Dan-
ziger Wachsbossierers Friedrich Wilhelm Dubut
erwähnt, der „aus seiner schönen Sammlung“
Kunstsachen zu verkaufen wünschte, aber — wie
wir aus einer späteren Notiz entnehmen können
— kein Angebot erhielt. Auf größeren Erfolg
hinsichtlich des Verkaufs durften schon die
Künstler rechnen, die für den Vertrieb ihrer
Werke einen Kunsthändler in Anspruch nah-
men. Besonders der Frankfurter Kunstfor-
scher und Verleger Heinrich Sebastian Hüs-
auch den ganzen Vorteil für sich in Anspruch
nimmt, wenn er, wie dies neulich in London
geschehen ist, für 12 000 M. einen Dürer im
Werte von 500 000 M. erwirbt. Der Auktionator
garantiert nicht nach oben und nicht nach
unten. Er verkauft sein Stück, wie es ist,
gleichgültig ob es sich später als eine Kost-
barkeit oder als eine Non-valeur herausstellt.
Seine Aufgabe ist also eine ganz andere als
die des Einzelhändlers, dessen Stärke gegen-
über dem Kunden gerade darin liegt, daß er
persönlich die Haftung für seine Beratung
übernimmt.
Als in den Jahren der Hochkonjunktur zur
Zeit der großen Auktionen die Händler
Deutschlands an den Orten der Auktionen zu-
sammenströmten, um ihren eigenen Kunst-
besitz an die zur Auktion versammelten Käufer
zu veräußern, wurden damals seitens des orts-
ansässigen Handels Stimmen laut, die gegen
die vorübergehende Zuwanderung auswärtiger
Händler gesetzliche Maßnahmen herbeiführen
wollten. Die Zeit ist über derartigeWünsche nach
Beschränkung der Gewerbefreiheit längst hin-
weggegangen. Die augenblicklich bei uns ver-
breitete Sitte, zur Überwindung vorüber-
gehender Notstände nach neuen Gesetzen zu
rufen, sollte von dem Kunsthandel nicht mit-
gemacht werden. Die bestehenden Gesetze
reichen bei einem ernsten Hand-in-Hand-
Arbeiten der anständigen Elemente des Kunst-
handels — der Einzelhändler sowohl wie der
Auktionatoren — völlig aus, um die zweifellos
bestehenden Mißstände zu beseitigen. Nicht
die Gesetze müssen erneuert werden, sondern
der Geist, in dem sie durchgeführt werden.
(Fortsetzung von Nr. 49)
gen, der selbst ein eifriger Mitarbeiter der
Miscellaneen war, bemühte sich, mit Hilfe der
Zeitschrift einigen Künstlern Käufe zu ver-
mitteln. Er hatte beispielsweise für den
größten Teil der Stiche Johann Gottlieb
Prestels das Monopol erworben und wußte für
die Blätter recht geschickte Reklame zu
machen. Hüsgen bezeichnete es als eine natio-
nale Aufgabe, den Künstler zu unterstützen;
er schrieb allerdings im Zusammenhang mit
einem anderen Angebot, daß er von einer Kol-
lektion nur wenige Blätter übernehmen wolle,
weil er leider in seinem Vaterlande erfahren
habe, „wie gering das Kunstgefühl darin-
nen ist“.
Oft sind nun in den Miscellaneen Voran-
kündigungen größerer Kunstauktionen zu lesen.
Um den Kunstliebhabern einen Eindruck von
den gebotenen Stücken zu geben, veröffent-
lichte der Herausgeber gelegentlich sogar Teile
der Versteigerungskataloge. Auch retrospektive
Auktionsberichte wurden publiziert. So ist im
zweiten Heft der Micellaneen (1779) die von
Johann Bernoulli zusammengestellte Liste von
Versteigerungspreisen der berühmten Samm-
lung Nieuhoff in Amsterdam zu lesen — wohl
das erste derartige Verzeichnis in einem Kunst-
journal (siehe Abb.)! Oft hören wir Klagen
3iifwl<4- 4 3
afleikt) 6cp ifjtn Verteilen obev ifjm }« ‘Portvaiten ftyen.
€r trift öie 2(ebiilid)feit qlörflid), unb ift billig. *32>ct) Dielen
fiifbfrabfrn in Sandig fiefjet man e von feiner J?ant>,
[eifert überaus fdjöne QJitbfduten unb (gruppen. Ob cö eben
tiefer SMnfHec fei), von tDcldicin Jjr. Jiießltn im iten ®uppf.
juiti 2(flg. Äüttrtl. £cp. tebet, tfinnen ivtr nfdjt pcrfidiern, bann
fefjon beffen 23aret unb ein SÖrubcr waren gcfdjicfte Q5ilbl)<mer
in «Sifenbein.
25-i.
V-
Sltiftion^preife von (Semnlöen berühmter
länöer.
oi‘ Wep 3<Ujren mürbe ju TXmfTerbatn bie foftbare rott
Jjvn. Vlicolaus Vrteuboff f)interlaffene Sammlung
«n ©emälben, ßeieftnungen urfb 5?iij>ferftirf)en öffentlich v.ev;
faufet; eö wirb manchem ßiebfjabct vor» Qjemälben angenehm
fepn ju erfahren, tüie hod) folgende (Bmlcfc, tro wir fjaupifädu
lief) auf bie tf)«ucr(ten unfer Jtugenineif gerichtet fjaben, tu
ftanben tvorben.
3 ©eeftücfe von Äubolf 25<x<fbuyfen , jebeä ju - - 400 fr
3 gtücfe oon rticol. ^ergbem, - - »on 200 big 77?
1 2lu«(id)t in hartem, ©eravb ^erfbeyben 400
1 3taheiufct>e fanbfd>aften, Jol;. u. 2l.be. ^otb 102 j u. ijyo
1 Sonperfätlon«|lüdA(Beraib Cerburg - goo
1 (gee» urib ßanbfctjaftdaucf, Hibert Cup - - 76c?
1 Uanbfdiaft, Jacob van her . 700
1 ditto flemere, oonbemfelben.316
1 (fine Jrau, (Scrarb S>öutv - 320
1 2m 2Utec, oön brinfelüen, aber fleinet - - - 100
1 Softpö unb Sftaria, Gcrbranb von ben Äfbout - noy
53 3 lgtucbt»
Erster größerer Auktionsbericht in
einer deutschen Kunstzeitschrift
(„Miscellaneen artistischen Inhalts“, 1779)
über die bei den deutschen Auktionen erzielten
niedrigen Preise. Aus einem Bericht über die
Versteigerung des Nachlasses Tischbeins ist
zu erkennen, daß die Erben die vorzüglichsten
Stücke zurückbehalten haben, weil ent-
sprechende Angebote fehlten.
Trotzdem sind auch in dem Journal Meusels
Anzeichen vorhanden, die daraurf hindeuten,
daß der deutsche Kunsthandel am Ende des
achtzehnten Jahrhunderts allgemein einen Auf-
schwung nahm. Noch blieb das Interesse für
Stiche vorherrschend! So konnte sich zum Bei-
spiel das 1785 von dem Kaufmann Johann Marc
Pascal eröffnete „Kunstetablissement“ in Berlin
zuerst allein durch den Vertrieb von Graphik
erhalten und machte besonders mit reprodu-
zierenden Stichen gute Geschäfte. Die Hand-
lung, die dann königliche Hofkupferstichoffizin
wurde, übernahm später auch Gemälde. Es
heißt einmal im Kunstjournal, daß viele seltene
Malereien auf gekauft worden wären; täglich
Der Kunsthandel im Spiegel der
ersten deutschen Kunstzeitschriften
Von Dr. Ernst Herbert Lehmanln, Leipzig
kämen fremde und einheimische Kunstlieb-
haber, um den reichen Vorrat zu besehen.
Zweifellos waren die Miscellaneen auch ein.
beim Kunsthandel sehr beachtetes Nachrichten-
blatt. Als aus dem Haag einmal ein größerer
Gemäldediebstahl gemeldet wurde, brachte die
Zeitschrift genaue Mitteilungen über die ent-
wendeten Bilder und warnte „die Personen, die
mit Schildereien handeln“, vor dem Ankauf.
Demjenigen aber, der die Kunstwerke zurück-
bringe, wird in den Miscellaneen eine Beloh-
nung von 100 holländischen Dukaten ausgesetzt.
Neben Künstlern und Kunsthändlern boten
nun auch gelegentlich Privatleute einzelne Ge-
mälde in der Meuselschen Kunstzeitschrift zum
Verkaufe an. Nach einer kurzen — meist sehr
oberflächlichen — Beschreibung der Bilder
folgt die Angabe der Adresse. Verschiedentlich
ist auch der Preis verzeichnet; der Heraus-
geber meint jedoch oft dazu, daß der Ver-
käufer „wohl mit sich handeln lassen werde“.
Q ß. 6 d) e n t ( i d) c
$ u n ft n n d) r i cf> t e it
für
5Tün (Her, ^unflfreunbe, literatoren, unb 53ud)^anbler.
K'r°- I.
Samberg, ant 1. 3«nuar 1825.
$erau«gegeben
von
5 • f c »j .£> e Iler.
<Er(l am <3nbe beö 9?o»etnlurd fafrte id) bie 3bec, unb jttgleicb ben
(JntfdiM jur jjerauögabe biefer peirfdjrifr. Unmöglich »ar ei mir, in
tiefem furjen Zeiträume meine entfernten Jreunbe mit biefem 23oröa-
t>en befannt ju machen, um von ihnen fdjon jefet bei bem Anfänge mei:
neö Unternehmen« mich niHi’rjcüfct frijen ju tonnen. 3>ieö ift bie Urfas
dje, tuaruni nicht gleich in ben erften Hummern alleö im völligen DJiaape
fleleiftet »erben tann, wa« ich in meiner Slnfünbigung perfpracfe. G«
wirb jebod) tünftig, mit ®enu$un'g ber vorjüglidiften auswärtigen 23ldt«
ter unb bereit« im ’lluelanbe angefnüpfter Äorrefpor.benj, tein 2anb,
leine bebtw,(enbe Stabt, feine «eiftung irgenb eine« tfünfller«, mit
etillfcbweigeH übergangen »erben.
3 a u f u n |i.
1. (Petersburg, 19. 9?ov.) 9lm 16. b. würbe bie prachtvolle, burefe ben
von »Mannheim gebürtigen ^ngenieiiDCberrten v. Traiteur aufgefüferte
neue SBrücfe, über ben Sontanfa.-^anal, nach bem griechifeben öiituS
eingeweifet. ©iefelbe hängt an jefen mafficen eifernen betten, unb
ift bie erfte fetten = Sörütfe, weiche in Oluflanb für fuhren errichtet
würbe. ®er $3au wahrte 1 ifi ßabr, unb foH über 300,000 üiubel
gefoitet haben. Sei ber Überfdjreenimung am 19. »ar biefe ein:
jige Srütfe unbefchäbigt geblieben.
2. ®er Sturm vom 18. unb 19- befebäbigte febr ben ’Patlafl
ßontbill, eine ber prdcfctigften Abteien in (Jnglanb. Sbebr als
1000 $eniterfcbeiben z welche meiftenS auS (Glasmalereien beftanben,
ftnb jerbroeben.
3. (Srüffel, 3. ®ej.) Sßegen SerfaDS ber $aiiptfircbe ju Servier«
ift eine Unterzeichnung jum Saue einer 9?euen eröffnet, »oju eine
$er|on allein 100,000 Sranfen beigefteuert b<rt.
T i tclblatt d e r „W ö c h e n 11 i c h e nKuns t-
n a c h r i c h t e n“, 18 2 5
Es ist bezeichnend für die Art der Reklame,
daß der Redakteur mit Vorliebe den Kunst-
angeboten persönliche Bemerkungen beifügt.
In der Zeit der beginnenden Romantik ist
auch bei der Beurteilung von Versteigerungen
deutlich die Betonung eines nationalen Stand-
punktes erkennbar. Meusel bedauert es jedes-
mal, wenn Gemälde ins Ausland verkauft
worden sind und fordert eine bessere nationale
Kunstpflege. Im Zusammenhang mit der Preis-
angabe für eine Kupferstichsammlung schreibt
er einmal die charakteristischen Worte:
„Möchte dieser ganze Schatz doch in unserem
teutschen Vaterlande bleiben.“
Am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts
hatten sich in Deutschland bereits mehrere
Zentren für Kunstverkäufe gebildet. Die Ro-
mantik entfachte eine große Kunstbegeisterung
und eröffnete auch dem Kunsthandel neue
Möglichkeiten. Eine Fülle von Kunstjournalen
wurde in diesen Jahren ins Leben gerufen!
Betrachten wir zum Schluß aus der Fülle
der Kunstpublikationen noch eine Zeitschrift,
die durch ihre wöchentliche Erscheinungsweise
eine besonders große Aktualität besaß: die von
Joseph Heller in Bamberg 1825 gegründeten
„Wöchentlichen Kunstnachrichten für Künst-
ler, Kunstfreunde, Literatoren, Kunst- und
Buchhändler“ (siehe Abb.).
Die Nachrichten von Kunstauktionen bean-
spruchten jetzt bereits eine eigene Sparte. Alle
Versteigerungen wurden in der Zeitschrift
Hellers ausführlich erörtert. Die Mitteilungen
über bevorstehende Verkäufe gingen dem Her-
ausgeber meist direkt zu; teilweise entnahm
er sie aber auch dem „Journal des Luxus und
der Moden“. Als beste Informationsquellen
für- seine Vorschau des Kunsthandels dienten
ihm die Auktionskataloge. Mehrfach findet sich
der Hinweis, daß allein gut gearbeitete Ver-
steigerungskataloge die Verkäufe günstig be-
einflussen können; mitunter wird sogar die
Ursache eines schlechten Abschlusses in
flüchtig gearbeiteten Kunstverzeichnissen ge-
sehen. Ein Beweis dafür, welche Rolle der
Kunsthandel in dem Journal Hellers spielte, ist
die Tatsache, daß oft große Teile der Auktions-
kataloge wörtlich übernommen wurden. So
füllte beispielsweise die Versteigerungsliste der
Sammlung Eitzenberger in Bamberg die ganze
Nummer der Zeitschrift vom 20. August 1825-
Heller glaubte um so mehr zur Veröffentlichung
verpflichtet zu sein, da das von Professor Neu-
reuther gefertigte Verzeichnis dieser Auktion
nicht im Druck erschienen war und somit kein«
Publizität erlangt habe.
Immer wieder lesen wir in dem Bamberget
Kunstblatt Vorbemerkungen über die Verstei-
gerung des v. Derschauischen Kunstkabinette^
in Nürnberg — eine Auktion, die ja tatsächlic
eine Sensation auf dem Kunstmarkt damalig®^
Zeit war. Ein Buchhändler, der — wie vie
Geschäftsleute Nürnbergs — einen große^
Fremdenzustrom erhoffte, bot in dem Journ
für die Tage der Versteigerung den Kul1® g
händlern und Kunstliebhabern seine Räui^
„gegen eine mäßige Provision“ an, um PrlV
Kunstkäufe zu vermitteln. .. jj_
Gelegentlich findet sich auch die
gung einer Kunstkommissionsanstalt m
Durch einen Deutschen war eine ^eson.jen;
Kunstvermittlungsstelle geschaffen ,ten
der Organisator hatte einige „in allen ^eit
merkantiler und antiquarischer Betriebsa
wohlgebildete Römer“ verpflichtet, gegen
DIE WELTKUNST
Jahrg. VI, Nr. 50 vom 11. Dezember 1932
aus der- Tatsache, daß Kunsthändler Auktionen
abhalten, besondere Mißstände für das Wesen
der Auktion ergeben. Nach den auf der
ganzen Welt gemachten Erfahrungen ist diese
Frage nicht nur zu verneinen, sondern es hat
sich gezeigt, daß gerade die Kunsthändler, die
spezielle Kenner des internationalen Marktes
waren, bei der Abhaltung von Auktionen be-
sonders gewissenhaft verfahren sind und dabei
besondere Erfolge verzeichnen konnten. Der’
Grund hierfür ist ohne weiteres einleuchtend.
Der Händlerauktionator, der die Preisbildung
des freien Marktes genau übersieht, und der
selbst ein eigenes Lager besitzt, wird bei der
Bewertung von Sammlungen eine erhöhte
Sicherheit beweisen, und er wird weiter
infolge seiner Kenntnis der Sammlertätigkeit
alle Möglichkeiten erschöpfen können, um die
jeweils vorhandenen Käuferinteressenten für
seine Auktionen heranzuziehen. Er kann so-
mit die Interessen seiner Auftraggeber in in-
dividueller Weise vertreten, während er sich
andererseits besonders bemühen wird, die
Käufer, die ja wenigstens zum Teil auch seine
sonstigen Kunden sind, möglichst gut und
zweckmäßig zu beraten. Auf diese Weise hat
er bezüglich der gewissenhaften und reellen
Durchführung der Auktion ein gesteigertes
Verantwortungsgefühl und wird hierdurch am
ehesten der „ehrliche Makler“ zwischen den
Interessen des Auftraggebers und denen des
Käufers sein, den Karl Haberstock in seinem
Aufsatz so sehr herbeisehnt.
Gegenüber der Tatsache, daß in Paris und
Amsterdam, Berlin und Luzern gerade die von
Kunsthändlerfirmen abgehaltenen Auktionen
die größten Erfolge hatten und sich auch
seitens der Öffentlichkeit besonderen Ver-
trauens erfreuten, treten die Argumente des
sich in seinen Interessen verletzt glaubenden
Einzelhandels zurück. Die Bestimmung des
Gesetzes — „der Betrieb anderer Gewerbe ist
dem Versteigerer nur mit Erlaubnis des Re-
gierungspräsidenten gestattet“ ■—, auf die schon
oben hingewiesen wurde, wollte verhindern,
daß durch eine doppelte Tätigkeit der Auk-
tionatoren die Interessen der Verkäufer
verletzt würden. Mir scheint es im höchsten
Grade bedenklich, diese Bestimmung heranzu-
ziehen — ich weiß, daß ich hier pro domo
spreche —, um erfolgreichen Auktionshäusern
ihre Tätigkeit im Interesse des übrigen Spe-
zialhandels zu erschweren. Wenn sich heute
ein Warenhaus eine Sonderabteilung für Anti-
quitäten einrichtet, oder eine Kunsthandlung
zu einer Ausstellung von Bildern einladet und
dann nebenbei in anderen Räumen Kunst-
gewerbe verkauft, so könnte dies ebenso gut
beanstandet werden wie der meist erfolglose
Versuch eines Auktionators, außerhalb der
Auktion an irgendeinen Auktionskunden frei-
händig ein Objekt aus seinem Besitz zu ver-
kaufen. Es kann ja auch andererseits nicht
gesetzlich verhindert werden, daß die freien
Händler oftmals versuchen, bei Auktionsvor-
besichtigungen die ihnen bekannten Sammler
von Auktionsankäufen zurückzuhalten, um sie
für ihre eigene Ware zu gewinnen. Meines Er-
achtens ist bei allen diesen Fragen nur zu
prüfen, wieweit eventuell der Auftraggeber
oder der Käufer des Auktionators geschädigt
wird. Für Fragen, die den Kunsthandel selbst
betreffen, muß das Gesetz gegen den unlau-
teren Wettbewerb ausreichend sein.
Ich komme zum letzten Punkt der Haber-
stockschen Argumentierung, und zwar zur
Frage der Garantie. Wenn hier vorgeschlagen
wird, bei Auktionen eine Garantie einzuführen,
so ist dieser Vorschlag aus dem Munde eines
freien Händlers, der gleichzeitig betont, daß er
an sich die Auktionen beibehalten und för-
dern will, nicht logisch. Die Garantieüber-
nahme widerspricht dem Grundwesen der
Auktion. Der Unterschied zwischen dem Auk-
tionshandel und dem freien Handel besteht ja
gerade darin, daß der freie Händler der persön-
liche Berater des Kunden ist und infolgedessen
auch für seine Beratung einstehen muß.
Der Auktionator ist reiner Vermittler. In
vielen Fällen kennt er den Kunden über-
haupt nicht, und es ist schwer, jemandem
gegenüber eine Verantwortung zu übernehmen,
der meistens gar nicht in Erscheinung tritt.
Die Garantie könnte ja ohnedies nur ein Händ-
ler übernehmen, der gleichzeitig Kenner ist,
niemals eine Persönlichkeit, die rein technisch
eine Auktion veranstaltet. Wenn also eine
strenge Trennung der Auktionstätigkeit vom
freien Handel verlangt wird und gleichzeitig
die Garantieübernahme durch den Auktionator,
so besteht darin ein innerer Widerspruch. Man
kann unmöglich eine Garantie von einem Nicht-
kenner verlangen.
Inhalt Nr. 50
Dr. W. F e i I c h e n f e 1 d t:
Auktionsreform oder Konkurrenzbekämp-
fung? .1,2
Dr. E. H. Lehmann:
Der Kunsthandel im Spiegel der ersten
deutschen Kunstzeitschriften (m. 3 Abb.) 2,3
Ausstellungen (m. 3 Abb.) .... 3,4
in Wien: Georg Ehrlich
in Mainz: P. H. Strecker
in Paris: Paul Elsas
in Berlin: Lebendige deutsche Kunst —
Franz Lenk — Ostasiatische Kunst
Auktionsvorberichte (m. Abb.).4
Literatur . 4
Auktionsnachberichte.4,5
Preisberichte ..5
A u k t i o n s k a 1 e n d e r .5
Nachrichten von Überall (m. Abb.) .... 6
Abbildungen:
Mücke, nach Schnorr von Karolsfeld.1
Miscellaneen artistischen Inhalts . . . . 2
Erster Aktionsbericht von 1779 .2
Wöchentliche Kunstnachrichtetf 1825. . . 2
G. Ehrlich, Zwei Mädchen.3
P. Strecker, Erwachen 1931. 3
Paul Elsas, Seinelandsehaft.3
J. v. Buisdael. Landschaft ..4
Jan Steen, Die Hochzeit. 6
Es kommt aber noch etwas anderes hinzu.
Man wird mir einwenden, der Auktionator solle
ja nur die Haftung übernehmen für die Dinge,
die im Katalog stehen. Bei den heutigen Ver-
hältnissen in Deutschland ist auch dies leider
unmöglich. Die größeren deutschen Auktions-
häuser stellen ihre Kataloge nach bestem
Wissen und Gewissen unter Zuhilfenahme aller
Hilfsmittel der modernen Wissenschaft her.
Mehr kann ihnen nicht zugemutet werden. Wir
haben in der letzten Zeit wiederholt gesehen,
daß selbst in noch so klar liegenden Fällen
eine Einigung über Zuschreibungen unter den
verschiedenen maßgebenden Sachverständigen
nicht erzielt werden konnte. Wenn die Garan-
tie nicht vertragsmäßig ausgeschlossen würde,
so wäre der Auktionator dem guten Willen
jedes Käufers einfach ausgeliefert. Die Leh-
ren, die wir gerade aus dem jetzt abgelaufenen
Wacker-Van-Gogh-Prozeß ziehen, zeigen, daß
bei noch so falschen Objekten sich immer Sach-
verständige finden, die für die Echtheit auch
der absurdesten Machwerke eintreten. Ebenso
gibt es umgekehrt immer Leute, die die echte-
sten und unantastbarsten Objekte in Zweifel
ziehen. Ich möchte diese Gedankengänge nicht
näher ausführen, aber die Einführung der
Garantie bei den Auktionen würde meines Er-
achtens zu den unerfreulichsten Erscheinungen
innerhalb des Kunsthandels selbst führen und
die Durchführung von Auktionen überhaupt
unmöglich machen.
Sinn der Auktion ist der freie, anonyme
Verkauf an den Sammler unter dessen eigen-
ster Verantwortung. Der Käufer muß selbst
einen eventuellen Schaden tragen, wie er ja
Die erste wissenschaftlich fundierte Kunst-
zeitschrift in Deutschland waren die seit 1779
erschienenen
„Miscellaneen artistischen Inhalts“ (siehe
Abb.). Johann Georg Meusel, der kluge Her-
»ausgeber des Journals, führte seine periodi-
schen Kunstpublikationen mit wenigen Unter-
brechungen etwa drei Jahrzehnte fort; er
förderte in dieser langen Zeit nicht nur die
SRifcenanccn
SÄ
artiftifc^en
von
Sofjann ® e o r g Teufel
8 n> e p t e t -Ö e f i.
... i . — .. ..—at»
® t f u t t,
tu) fttrrtag örr Äepftrftpen töurfjöanbüiwj.
«77 9.
Titelblatt der „Miscellaneen artisti-
schen Inhalts“
Kunstforschung, sondern wirkte auch am Aus-
bau des deutschen Kunsthandels mit. Künstler
und Kunstliebhaber boten oft ihre Werke in
der Zeitschrift an; und mit Recht konnte
Meusel in einer Rückerinnerung an seine
redaktionelle Tätigkeit schreiben: „Ich genoß
das Vergnügen, Künstler und Kunstfreunde
auf mehr als eine Art miteinander bekannt zu
machen; jenen Belohnung und Absatz, diesen
den Besitz herrlicher Werke zu verschaffen“.
Die meisten Angebote in den Miscellaneen
sind äußerlich nicht als Reklame gekennzeich-
net; sie stehen unter den „Vermischten Nach-
richten“ und sind auch stilistisch den anderen
Kunstmitteilungen ähnlich. Oft gingen ja die
Verkaufsnotizen, die damals noch kostenlos
publiziert wurden, der Redaktion durch ihre
Korrespondenten zu und trugen — wenn es
sich um größere Ausführungen handelte ■—
gelegentlich sogar die Signatur des Mit-
arbeiters. Vor allem wurden die von Künst-
lern stammenden Angebote von den Korre-
spondenten vermittelt.
Aus verschiedenen Bemerkungen können
wir entnehmen, daß die Künstler nur schwer
einen Absatz ihrer Werke fanden. Trotz der
wiederholten Hinweise auf die billigen Preise
der Arbeiten und auf die Not der Künstler
scheint das Interesse des zahlungskräftigen
Publikums sich schon damals mehr auf die
ältere Kunst konzentriert zu haben. Um ein
Beispiel zu nennen, sei die Anzeige des Dan-
ziger Wachsbossierers Friedrich Wilhelm Dubut
erwähnt, der „aus seiner schönen Sammlung“
Kunstsachen zu verkaufen wünschte, aber — wie
wir aus einer späteren Notiz entnehmen können
— kein Angebot erhielt. Auf größeren Erfolg
hinsichtlich des Verkaufs durften schon die
Künstler rechnen, die für den Vertrieb ihrer
Werke einen Kunsthändler in Anspruch nah-
men. Besonders der Frankfurter Kunstfor-
scher und Verleger Heinrich Sebastian Hüs-
auch den ganzen Vorteil für sich in Anspruch
nimmt, wenn er, wie dies neulich in London
geschehen ist, für 12 000 M. einen Dürer im
Werte von 500 000 M. erwirbt. Der Auktionator
garantiert nicht nach oben und nicht nach
unten. Er verkauft sein Stück, wie es ist,
gleichgültig ob es sich später als eine Kost-
barkeit oder als eine Non-valeur herausstellt.
Seine Aufgabe ist also eine ganz andere als
die des Einzelhändlers, dessen Stärke gegen-
über dem Kunden gerade darin liegt, daß er
persönlich die Haftung für seine Beratung
übernimmt.
Als in den Jahren der Hochkonjunktur zur
Zeit der großen Auktionen die Händler
Deutschlands an den Orten der Auktionen zu-
sammenströmten, um ihren eigenen Kunst-
besitz an die zur Auktion versammelten Käufer
zu veräußern, wurden damals seitens des orts-
ansässigen Handels Stimmen laut, die gegen
die vorübergehende Zuwanderung auswärtiger
Händler gesetzliche Maßnahmen herbeiführen
wollten. Die Zeit ist über derartigeWünsche nach
Beschränkung der Gewerbefreiheit längst hin-
weggegangen. Die augenblicklich bei uns ver-
breitete Sitte, zur Überwindung vorüber-
gehender Notstände nach neuen Gesetzen zu
rufen, sollte von dem Kunsthandel nicht mit-
gemacht werden. Die bestehenden Gesetze
reichen bei einem ernsten Hand-in-Hand-
Arbeiten der anständigen Elemente des Kunst-
handels — der Einzelhändler sowohl wie der
Auktionatoren — völlig aus, um die zweifellos
bestehenden Mißstände zu beseitigen. Nicht
die Gesetze müssen erneuert werden, sondern
der Geist, in dem sie durchgeführt werden.
(Fortsetzung von Nr. 49)
gen, der selbst ein eifriger Mitarbeiter der
Miscellaneen war, bemühte sich, mit Hilfe der
Zeitschrift einigen Künstlern Käufe zu ver-
mitteln. Er hatte beispielsweise für den
größten Teil der Stiche Johann Gottlieb
Prestels das Monopol erworben und wußte für
die Blätter recht geschickte Reklame zu
machen. Hüsgen bezeichnete es als eine natio-
nale Aufgabe, den Künstler zu unterstützen;
er schrieb allerdings im Zusammenhang mit
einem anderen Angebot, daß er von einer Kol-
lektion nur wenige Blätter übernehmen wolle,
weil er leider in seinem Vaterlande erfahren
habe, „wie gering das Kunstgefühl darin-
nen ist“.
Oft sind nun in den Miscellaneen Voran-
kündigungen größerer Kunstauktionen zu lesen.
Um den Kunstliebhabern einen Eindruck von
den gebotenen Stücken zu geben, veröffent-
lichte der Herausgeber gelegentlich sogar Teile
der Versteigerungskataloge. Auch retrospektive
Auktionsberichte wurden publiziert. So ist im
zweiten Heft der Micellaneen (1779) die von
Johann Bernoulli zusammengestellte Liste von
Versteigerungspreisen der berühmten Samm-
lung Nieuhoff in Amsterdam zu lesen — wohl
das erste derartige Verzeichnis in einem Kunst-
journal (siehe Abb.)! Oft hören wir Klagen
3iifwl<4- 4 3
afleikt) 6cp ifjtn Verteilen obev ifjm }« ‘Portvaiten ftyen.
€r trift öie 2(ebiilid)feit qlörflid), unb ift billig. *32>ct) Dielen
fiifbfrabfrn in Sandig fiefjet man e von feiner J?ant>,
[eifert überaus fdjöne QJitbfduten unb (gruppen. Ob cö eben
tiefer SMnfHec fei), von tDcldicin Jjr. Jiießltn im iten ®uppf.
juiti 2(flg. Äüttrtl. £cp. tebet, tfinnen ivtr nfdjt pcrfidiern, bann
fefjon beffen 23aret unb ein SÖrubcr waren gcfdjicfte Q5ilbl)<mer
in «Sifenbein.
25-i.
V-
Sltiftion^preife von (Semnlöen berühmter
länöer.
oi‘ Wep 3<Ujren mürbe ju TXmfTerbatn bie foftbare rott
Jjvn. Vlicolaus Vrteuboff f)interlaffene Sammlung
«n ©emälben, ßeieftnungen urfb 5?iij>ferftirf)en öffentlich v.ev;
faufet; eö wirb manchem ßiebfjabct vor» Qjemälben angenehm
fepn ju erfahren, tüie hod) folgende (Bmlcfc, tro wir fjaupifädu
lief) auf bie tf)«ucr(ten unfer Jtugenineif gerichtet fjaben, tu
ftanben tvorben.
3 ©eeftücfe von Äubolf 25<x<fbuyfen , jebeä ju - - 400 fr
3 gtücfe oon rticol. ^ergbem, - - »on 200 big 77?
1 2lu«(id)t in hartem, ©eravb ^erfbeyben 400
1 3taheiufct>e fanbfd>aften, Jol;. u. 2l.be. ^otb 102 j u. ijyo
1 Sonperfätlon«|lüdA(Beraib Cerburg - goo
1 (gee» urib ßanbfctjaftdaucf, Hibert Cup - - 76c?
1 Uanbfdiaft, Jacob van her . 700
1 ditto flemere, oonbemfelben.316
1 (fine Jrau, (Scrarb S>öutv - 320
1 2m 2Utec, oön brinfelüen, aber fleinet - - - 100
1 Softpö unb Sftaria, Gcrbranb von ben Äfbout - noy
53 3 lgtucbt»
Erster größerer Auktionsbericht in
einer deutschen Kunstzeitschrift
(„Miscellaneen artistischen Inhalts“, 1779)
über die bei den deutschen Auktionen erzielten
niedrigen Preise. Aus einem Bericht über die
Versteigerung des Nachlasses Tischbeins ist
zu erkennen, daß die Erben die vorzüglichsten
Stücke zurückbehalten haben, weil ent-
sprechende Angebote fehlten.
Trotzdem sind auch in dem Journal Meusels
Anzeichen vorhanden, die daraurf hindeuten,
daß der deutsche Kunsthandel am Ende des
achtzehnten Jahrhunderts allgemein einen Auf-
schwung nahm. Noch blieb das Interesse für
Stiche vorherrschend! So konnte sich zum Bei-
spiel das 1785 von dem Kaufmann Johann Marc
Pascal eröffnete „Kunstetablissement“ in Berlin
zuerst allein durch den Vertrieb von Graphik
erhalten und machte besonders mit reprodu-
zierenden Stichen gute Geschäfte. Die Hand-
lung, die dann königliche Hofkupferstichoffizin
wurde, übernahm später auch Gemälde. Es
heißt einmal im Kunstjournal, daß viele seltene
Malereien auf gekauft worden wären; täglich
Der Kunsthandel im Spiegel der
ersten deutschen Kunstzeitschriften
Von Dr. Ernst Herbert Lehmanln, Leipzig
kämen fremde und einheimische Kunstlieb-
haber, um den reichen Vorrat zu besehen.
Zweifellos waren die Miscellaneen auch ein.
beim Kunsthandel sehr beachtetes Nachrichten-
blatt. Als aus dem Haag einmal ein größerer
Gemäldediebstahl gemeldet wurde, brachte die
Zeitschrift genaue Mitteilungen über die ent-
wendeten Bilder und warnte „die Personen, die
mit Schildereien handeln“, vor dem Ankauf.
Demjenigen aber, der die Kunstwerke zurück-
bringe, wird in den Miscellaneen eine Beloh-
nung von 100 holländischen Dukaten ausgesetzt.
Neben Künstlern und Kunsthändlern boten
nun auch gelegentlich Privatleute einzelne Ge-
mälde in der Meuselschen Kunstzeitschrift zum
Verkaufe an. Nach einer kurzen — meist sehr
oberflächlichen — Beschreibung der Bilder
folgt die Angabe der Adresse. Verschiedentlich
ist auch der Preis verzeichnet; der Heraus-
geber meint jedoch oft dazu, daß der Ver-
käufer „wohl mit sich handeln lassen werde“.
Q ß. 6 d) e n t ( i d) c
$ u n ft n n d) r i cf> t e it
für
5Tün (Her, ^unflfreunbe, literatoren, unb 53ud)^anbler.
K'r°- I.
Samberg, ant 1. 3«nuar 1825.
$erau«gegeben
von
5 • f c »j .£> e Iler.
<Er(l am <3nbe beö 9?o»etnlurd fafrte id) bie 3bec, unb jttgleicb ben
(JntfdiM jur jjerauögabe biefer peirfdjrifr. Unmöglich »ar ei mir, in
tiefem furjen Zeiträume meine entfernten Jreunbe mit biefem 23oröa-
t>en befannt ju machen, um von ihnen fdjon jefet bei bem Anfänge mei:
neö Unternehmen« mich niHi’rjcüfct frijen ju tonnen. 3>ieö ift bie Urfas
dje, tuaruni nicht gleich in ben erften Hummern alleö im völligen DJiaape
fleleiftet »erben tann, wa« ich in meiner Slnfünbigung perfpracfe. G«
wirb jebod) tünftig, mit ®enu$un'g ber vorjüglidiften auswärtigen 23ldt«
ter unb bereit« im ’lluelanbe angefnüpfter Äorrefpor.benj, tein 2anb,
leine bebtw,(enbe Stabt, feine «eiftung irgenb eine« tfünfller«, mit
etillfcbweigeH übergangen »erben.
3 a u f u n |i.
1. (Petersburg, 19. 9?ov.) 9lm 16. b. würbe bie prachtvolle, burefe ben
von »Mannheim gebürtigen ^ngenieiiDCberrten v. Traiteur aufgefüferte
neue SBrücfe, über ben Sontanfa.-^anal, nach bem griechifeben öiituS
eingeweifet. ©iefelbe hängt an jefen mafficen eifernen betten, unb
ift bie erfte fetten = Sörütfe, weiche in Oluflanb für fuhren errichtet
würbe. ®er $3au wahrte 1 ifi ßabr, unb foH über 300,000 üiubel
gefoitet haben. Sei ber Überfdjreenimung am 19. »ar biefe ein:
jige Srütfe unbefchäbigt geblieben.
2. ®er Sturm vom 18. unb 19- befebäbigte febr ben ’Patlafl
ßontbill, eine ber prdcfctigften Abteien in (Jnglanb. Sbebr als
1000 $eniterfcbeiben z welche meiftenS auS (Glasmalereien beftanben,
ftnb jerbroeben.
3. (Srüffel, 3. ®ej.) Sßegen SerfaDS ber $aiiptfircbe ju Servier«
ift eine Unterzeichnung jum Saue einer 9?euen eröffnet, »oju eine
$er|on allein 100,000 Sranfen beigefteuert b<rt.
T i tclblatt d e r „W ö c h e n 11 i c h e nKuns t-
n a c h r i c h t e n“, 18 2 5
Es ist bezeichnend für die Art der Reklame,
daß der Redakteur mit Vorliebe den Kunst-
angeboten persönliche Bemerkungen beifügt.
In der Zeit der beginnenden Romantik ist
auch bei der Beurteilung von Versteigerungen
deutlich die Betonung eines nationalen Stand-
punktes erkennbar. Meusel bedauert es jedes-
mal, wenn Gemälde ins Ausland verkauft
worden sind und fordert eine bessere nationale
Kunstpflege. Im Zusammenhang mit der Preis-
angabe für eine Kupferstichsammlung schreibt
er einmal die charakteristischen Worte:
„Möchte dieser ganze Schatz doch in unserem
teutschen Vaterlande bleiben.“
Am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts
hatten sich in Deutschland bereits mehrere
Zentren für Kunstverkäufe gebildet. Die Ro-
mantik entfachte eine große Kunstbegeisterung
und eröffnete auch dem Kunsthandel neue
Möglichkeiten. Eine Fülle von Kunstjournalen
wurde in diesen Jahren ins Leben gerufen!
Betrachten wir zum Schluß aus der Fülle
der Kunstpublikationen noch eine Zeitschrift,
die durch ihre wöchentliche Erscheinungsweise
eine besonders große Aktualität besaß: die von
Joseph Heller in Bamberg 1825 gegründeten
„Wöchentlichen Kunstnachrichten für Künst-
ler, Kunstfreunde, Literatoren, Kunst- und
Buchhändler“ (siehe Abb.).
Die Nachrichten von Kunstauktionen bean-
spruchten jetzt bereits eine eigene Sparte. Alle
Versteigerungen wurden in der Zeitschrift
Hellers ausführlich erörtert. Die Mitteilungen
über bevorstehende Verkäufe gingen dem Her-
ausgeber meist direkt zu; teilweise entnahm
er sie aber auch dem „Journal des Luxus und
der Moden“. Als beste Informationsquellen
für- seine Vorschau des Kunsthandels dienten
ihm die Auktionskataloge. Mehrfach findet sich
der Hinweis, daß allein gut gearbeitete Ver-
steigerungskataloge die Verkäufe günstig be-
einflussen können; mitunter wird sogar die
Ursache eines schlechten Abschlusses in
flüchtig gearbeiteten Kunstverzeichnissen ge-
sehen. Ein Beweis dafür, welche Rolle der
Kunsthandel in dem Journal Hellers spielte, ist
die Tatsache, daß oft große Teile der Auktions-
kataloge wörtlich übernommen wurden. So
füllte beispielsweise die Versteigerungsliste der
Sammlung Eitzenberger in Bamberg die ganze
Nummer der Zeitschrift vom 20. August 1825-
Heller glaubte um so mehr zur Veröffentlichung
verpflichtet zu sein, da das von Professor Neu-
reuther gefertigte Verzeichnis dieser Auktion
nicht im Druck erschienen war und somit kein«
Publizität erlangt habe.
Immer wieder lesen wir in dem Bamberget
Kunstblatt Vorbemerkungen über die Verstei-
gerung des v. Derschauischen Kunstkabinette^
in Nürnberg — eine Auktion, die ja tatsächlic
eine Sensation auf dem Kunstmarkt damalig®^
Zeit war. Ein Buchhändler, der — wie vie
Geschäftsleute Nürnbergs — einen große^
Fremdenzustrom erhoffte, bot in dem Journ
für die Tage der Versteigerung den Kul1® g
händlern und Kunstliebhabern seine Räui^
„gegen eine mäßige Provision“ an, um PrlV
Kunstkäufe zu vermitteln. .. jj_
Gelegentlich findet sich auch die
gung einer Kunstkommissionsanstalt m
Durch einen Deutschen war eine ^eson.jen;
Kunstvermittlungsstelle geschaffen ,ten
der Organisator hatte einige „in allen ^eit
merkantiler und antiquarischer Betriebsa
wohlgebildete Römer“ verpflichtet, gegen