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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 50 (11. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44980#0296
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DIE WELTKUNST

Jahrg. VI, Nr. 50 vom 11. Dezember 19^7

• •
Nachrichten von Überall

Künstlerprotest gegen das „Droit
de Suite"
Gegen den Urheberanteil, der in dem neuen
deutschen Urheberrechtsgesetz ein Nachfolge-
recht einführen will, haben 38 führende Künst-
ler Deutschlands einen Protest unterzeichnet,
der dem Reichsjustizministerium zugeleitet
worden ist. Sie sprechen darin ihre Über-
zeugung aus, daß jener § 18 des geplanten
Gesetzes „für die lebenden Künstler nicht
nützlich, sondern in seiner Auswirkung ge-
radezu katastrophal sein wird. Ein
jeder Künstler weiß, wie schwer es heute ist,
ein Bild zu verkaufen oder einen Auftrag zu
erhalten, so daß eine weitere Belastung dieses
seltenen Käufers, die mit Scherereien und
lästiger Kontrolle verbunden ist, die Künstler
der letzten Erwerbsmöglichkeiten beraubt. Es
scheint uns nur gerecht, daß der Käufer, da
er ein Risiko eines Verlustes läuft, auch die
heute sehr geringe Chance eines Gewinnes
haben muß. Hierbei ist zu bemerken, daß mit
der Wertsteigerung des verkauften Kunst-
gegenstandes auch die noch im Besitz des
Künstlers oder seiner Erben befindlichen Werke
automatisch im Preise anziehen.“
Unterzeichnet haben diese Verwahrung
Albiker-Dresden, Barlach in Güstrow, Willi
Baumeister in Frankfurt a. M., Belling in Ber-
lin, Carl Caspar in München, Crodel, George
Groß in Berlin, Ivo Hauptmann in Hamburg,
Hofer, Jaeckel und von Kardorff in Berlin,
E. L. Kirchner in Davos, Klimsch und Leo von
König in Berlin, Gerhard Mareks in Halle, Ma-
tare in Düsseldorf, Meid und Nolde in Berlin,
Partikel in Königsberg, Pechstein und Purr-
mann in Berlin, Richard Scheibe in Frank-
furt a. M., Schinnerer in München, Renee Sin-
terns, Spiro und E. R. Weiß in Berlin.
Emil Nolde fügte seiner Unterschrift die
Bemerkung an, besonders der jungen Künstler-
schaft werde ein ganz unberechenbarer Nachteil
entstehen. E. L. Kirchner ist dagegen, „daß
der Künstler an der Wertsteigerung seiner ver-
kauften Werke reichsgesetzlich beteiligt wird.
Er hat ja so wie so Nutzen davon, indem er
seine späteren Preise heraufsetzen kann. Ein
Gesetz darüber wird nur freien Kauf und Ver-
kauf erschweren.“ — Georg Kolbe faßt seinen
Protest in folgende Worte: „Ich halte dieses
gewiß wohlgemeinte Kunstschutzgesetz für nur
belastend, besonders in diesen schweren Zeit-
läuften. Der Verkauf von Kunstwerken ver-
trägt aber nicht mehr die geringste Belastung.
Dem Künstler würde also ein weit größerer
Schaden als Nutzen erwachsen.“
An der Staatlichen Kunstakademie in Düs-
seldorf haben die Prof. Ernst Aufseeser,
P. Bindel, Heinrich Campendonk, Max Claren-
bach, C. Ederer, Werner Heuser, Paul Klee,
Oskar Moll und Alexander Zschokke in einer
gemeinsamen Erklärung ihre Überzeugung aus-
gesprochen, „daß das geplante Gesetz über das
Urheberrecht an Werken der bildenden Kunst
§ 18 für die lebenden Künstler nicht nützlich,
sondern in seiner Auswirkung geradezu kata-
strophal sein wird.“
Der Reichsverband bildender Künstler
Deutschlands hat in den letzten Jahren und
besonders bei den Beratungen, die in diesen
Wochen im Reichswirtschaftsrat stattfanden,
sich mit bemerkenswertem Eifer für den
Urheberrechtsanteil ausgesprochen. Wie man
in dem Protest sieht, sind die bedeutendsten
Maler und Bildhauer Deutschlands, die doch
wohl auch sämtlich dem Verband angehören,
in diesem Punkte anderer Meinung. Und natür-
lich haben auch die Kunstsammler, z. B. Baron
Karl von der Heydt, sich dagegen gewandt,
daß reichsgesetzlich an der Preissteigerung von
Werken bildender Kunst ein besonderer Künst-
leranteil im Nachfolgerecht eingeführt wird.

Das österreichisch-ungarische
Musealabkommen
Nach jahrelangen Verhandlungen ist es in
der Frage der von Österreich an Ungarn ab-
zuliefernden Musealgegenstände am 27. No-
vember in Venedig zu einer Einigung zwischen
den beiden Staaten gekommen.
Darnach wurden den Ungarn 36 Handschriften
zugesprochen, darunter die berühmten, mit
Miniaturen reich verzierten Gesta Hungarorum
des Anonymus aus der Zeit Ludwigs des
Großen (1226—1382), die älteste Handschrift
der Kezaischen Chronik, die Szeremy-Chronik
(aus dem 16. Jahrhundert), die für die Quellen-
kritik äußerst wichtige Acephalus-Chronik, das
Rechnungsbuch König Wladislaws II. (1456 bis
1516), die ältesten Handschriften des Corpus
Juris Hungarici (die Codices Turoczy und Ilos-
vay), der Birk-Codex mit der ältesten ungari-
schen Mönchsregel und eine Hussitenbibel,
ferner 16 Werke aus der Bibliothek des Mat-
thias Corvinus (1413—1490): so der Codex

W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennästr. 12
B 2 LützOW 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten

Philostratus, der Codex Agathias des Bonfini,
der Tribarchus-Codex des Johann Vitez, Hora-
tius- und Fulgentius-Handschriften des Johann
Zsämboki.
Man überließ Ungarn die Reliefbildnisse des
Matthias Corvinus und seiner Gattin
Beatrix, das Reliquienkreuz Ludwigs des
Großen, Totenkrone und Reichsapfel der
Königin Maria und eine Kinderrüstung

von Coxie und Verhagens großes St. Stephans-
bild, von Carreno das Bildnis der Infantin
Margaretha Theresia. Dazu gesellen sich noch
Bilder von Ender, Jakob und Rudolf Alt,
Pettenkofen und anderen Künstlern des
19. Jahrhunderts. Sie wurden den Ungarn im
Kompensationsweg an Stelle in Wien verblie-
bener Objekte ungarischen Charakters zuge-
standen.

Jan Steen, Die Hochzeit
Collection Gebt. Douwes, Amsterdam


ihres Gatten Ludwig II. (1506—1526), über-
dies noch eine große Anzahl Rüstungs-
stücke, im ganzen 99 an der Zahl, darunter auch
ein Schwert des Königs Matthias und ein
Banner Franz Räkoczys II. (1676—1735). Auch
verpflichteten sich die österreichischen Dele-
gierten zu der Ausfolgung einer vollständigen
gotischen Rüstung.
An Bildern kommen an Ungarn zwei Altar-
flügel von Memling, zu denen sich die mittlere
Tafel in der Gemäldegalerie zu Budapest be-
findet, weiter J. Tintorettos „Herkules,
Omphale und Satyr“, zwei Allegorien von Hans
von Aachen, ein Bildnis der Königin Maria

Den Österreichern wurde in Anerkennung
ihres Entgegenkommens die Herausgabe zweier
österreichischer Gemälde aus der Zeit um 1430,
eines Tiroler Altarflügels mit dem Bildnis des
Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog Max,
und einer Anzahl Waffen, bis auf die Pistolen
des Generals Laudon Duplikate des ungarischen
Nationalmuseums, zugesagt. St. P.-N.
Berichtigung.
Durch einen Druckfehler ist in der Unter-
schrift der Abbildung des Titelblattes von Ma-
thesius „Ein Wiegenlie d“, Bibiogra-
ph i k o n Wertheim („Weltkunst“ Nr. 49 S. 5)
das Datum des Erscheinungsjahres mit 1650 statt
1560 angegeben, was wir richtigzustellen bitten.


sich rechtzeitig
Simplex, A propos:
DAS KOMPLIZIERTE DASEIN


Bruno Cassirers 60. Geburtstag
Bruno Cassirer, der bekannte BerlinU
Verleger, wird am 12. Dezember 60 Jahre-
Cassirer, der vor nun 35 Jahren zusammen inR
seinem Vetter Paul die Berliner Kunsthand-
lung in der Viktoriastraße begründete, hat
sich später mehr dem Kunstverlage zugewandt-
Als literarischer Verleger lange Zeit von
Christian Morgenstern beraten, hat er Wede-
kind und viele der besten Jungen von heute
verlegt, dann die großen Ausländer: Gals-
worthy und Gorki, als sie noch nicht berühmt
waren. Bei ihm sind Kant und die Arbeiten Her-
mann Cohens und Ernst Cassirers erschienen-
Das Theater ist ihm nicht nur durch die Empfeh-
lung von Bühnenbildnern wie Walser und Ernst
Stern an Reinhardt, sondern durch sein Ein-
treten für Slevogt als Theatermaler verpflichtet-
Vor allem hat sich Cassirer folgerichtig und
erfolgreich für den Impressionismus eingesetzt,
dem er in „Kunst und Künstler“ das literarische
Organ schuf, und dessen Meisterleistungen ei'
aus Frankreich als einer der Ersten nach
Deutschland brachte. Bei ihm erschienen die
kunsterzieherischen Schriften Alfred Licht-
warks und Karl Schefflers und die lange Reihe
der Werke über alte und neue bildende Kunst,
die jeder Kunstfreund kennt. Besondere Ver-
dienste hat sich Bruno Cassierer um das illu-
strierte Buch erworben, in dem er Slevogt sein
reichstes Schaffensgebiet eröffnete und für das
er auch Liebermann und Walser gewann.

Später
daß er,
gestellt
Charles
Dieser

Die Wanderfahrten eines Jan
Steen
Eines der Glanzstücke der Ausstellung
niederländischer Malerei in London im Jahre-
1929 war eine „Hochzeit“ von J an S teer
aus dem Besitze der Familie Gräfin d’Oul-
tremont gewesen. Nach Beendigung der Aus-
stellung überließen es die Besitzer einem
Londoner Kunsthändler namens Ruck, mit dem
Auftrage, es binnen Jahresfrist für 12 000 £
(damals über 240 0001 M.) zu verkaufen. Der
Kunsthändler berichtete nichts über einen Ver-
kauf, gab aber auch das Bild nicht zurück-
Es kam Ende Oktober 1932 zu einem Prozeß
vor dem englischen Richter. Dort erklärte R-
zunächst, daß er das Bild einem anderen
Händler übergeben habe, aber weder Geld noch
Nachrichten erhalten könne. Bild und der-
zeitiger Besitzer blieben unbekannt,
änderte aber R. seine Aussage dahin,
gegen den Ende 1929 Konkursantrag
worden war, das Bild Capt. the Hon.
Bateman-Hanbury übergeben habe,
war aber im Augenblick, als diese Erklärung
abgegeben wurde, bereits gestorben, und der
Advokat der Kläger bewies, daß die soge-
nannte Quittung von Capt. Bateman-Hanbury"
gefälscht war. Der Richter befahl nun Ruck,
das Bild binnen drei Tagen herbeizuschaffen
und zurückzugeben. Dazu war er außerstande-
Denn dieses ungemein lebensvolle Bild war in-
zwischen in die Hände der angesehenen
Amsterdamer Firma Gebr. Douwes über-
gegangen, die es nicht von Ruck, sondern zf
angemessenem Preise von einem bekannten
englischen Kunstmaler schon im August 1929
erworben hatte. Im Jahre 1931 hatte R. ver-
sucht, das Bild zurückzukaufen; er behauptete,
einen Kunden dafür zu haben, der das Bil^
bereits früher gesehen hatte. Im September
1932 bemühte er sich neuerlich, das Bild in
seine Hände zu bekommen. Dies mißlang je'
doch, und das Bild, das inzwischen einige Male
den Kanal überquert hatte, befindet sich nach
wie vor bei den rechtmäßigen Besitzern Gebr-
Douwes, als in deren Besitz befindlich es u. n-
auch im ..Maandlblad voor Beeidende Künsten
bereits 1931 reproduziert wurde.
Wir geben auf dieser Seite eine Abbildung
des Bildes, das eines der schönsten Werke
holländischen Moliere ist. Es stellt dar, v’i®
ein Mädchen aus wohlhabendem bürgerliche’1
Hause seinem adligen und wohl auch etv'3-
leichtlebigen Bräutigam zugeführt wir0'
Sorgenvoll stützt der Vater des Mädchens
Kinn in die Hand, mit Genugtuung blickt
Mutter ins Publikum. Bürgermeister und
tar fehlen nicht, wohl aber die Familie
Bräutigams, die ob der Mesalliance vermutl’c!
entrüstet ist. Sozusagen als zweites B’L.’
doch kompositorisch durchaus gerechtfertV '
werden die Musikkapelle und die Zuschaf®
im ersten Stockwerk über dem Torbo£e
wiedergegeben, durch den ein reicher Zug vl?n
Gästen und Zuschauern drängt, während e’t
kleines Mädchen schüchtern Blumen bri”^-

KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
Antiquitäten
Ankauf Verkauf


Direktion: Fritz-Eduard Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard D e u s c h , für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für München : Ludwig F. Fuchs / R o
Wien : Dr. St. Poglay en-NeUwall — Pariser Büro: 8, rue de Varenne. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — . veri»®*"
an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis duD2
auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsich tlich des Veröffentlichungstermins und der nuc
abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19

i : G. Reinbotb
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