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Zeitschrift für christliche Kunst — 14.1901

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Bücherschau
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123

1901. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

124

Bücherschau.

Geschichte Rom s u n d d er Päpste im.Mittel-
alter. Mit besonderer Berücksichtigung von Kultur
und Kunst nach den Quellen dargestellt von Hart-
mann Grisar S. J. I. Hand: Rom beim Aus-
gang der antiken Welt. Mit 228 historischen
Abbildungen und Plänen, darunter ein Plan Forma
urbis Romae aevi christiani saec. IV—VII in Farben-
druck. Herder. Freiburg 1901.
Also der I. Band des vor 2^ Jahren hier ^XI,
317/318) angezeigten Werkes vollendet! Durch Er-
krankung des Verfassers etwas später, als erwartet
wurde, so dafs noch mehrere Publikationen und Ent-
deckungen des letzten Jahres berücksichtigt werden
konnten. In jedem der 5 Bücher, aus denen er be-
steht, kommt die Kunst reichlich zur Geltung in der
grundlegenden, übersichtlichen, klaren Weise, die dem
Verfasser eigen ist. — Im I. Buch, welches die
ewige Stadt beim Erlöschen des heidnischen Kultus
darstellt, erscheinen ihre ältesten Kirchen: die Titel-
kirchen, die städtischen Kirchen ohne Pfarrlitel, die
Kirchen aufserhalb der Mauern, dann der monumentale
Gang durch die Stadt (in der gewaltigen Epoche ihrer Um-
wandlung) vom Lateran über das Forum, zum Mausoleum
Hadrians, zum Vatikan, endlich das Grab des hl. Petrus.
Was an diesen Denkmälern: den Basiliken, den Central-
bauten, den Saalbauten die einzelnen Künste geschaffen
haben im Anschlufs an die Antike: die Architektur, Pla-
stik, Mosaik, Kleinkunst wird weitläufig und intensiv be-
sprochen. — Auch das II. Buch, welches Rom und
die Päpste während der Gotenherrschaft in Italien
behandelt, weifs über manche Bauten und ihre Ein-
richtungen zu berichten, das III. Buch in seiner
Geschichte der Byzantiner und der Ostgoten, nament-
lich von der Entwicklung des Klosterlebens und sei-
nem Einflüsse auf die Kunst. — In der ersten Ex-
archenzeit, welche das IV. Buch umfafst, brachten die
griechischen Ansiedlungen, die Kaiserfora, die Via Fla-
minia, die christlichen Friedhöfe etc. die Kunst zu
neuer Blüthe, welche wieder nachliefs bei dem fort-
schreitenden Verfall der staatlichen Verhältnisse und
der römischen Bildung, über den das V. Buch ein-
gehend unterrichtet. — So enthält der I. Band einen
vollständigen Kursus der altchristlichen Kunstgeschichte
von ihrem Beginn bis zum Ende des VI. Jahrh , und
dafs derselbe nicht nur an der Hand der Denkmäler
geboten wird, sondern auch im engsten Zusammen-
hange mit dem kirchlichen, dem gottesdienstlichen
Leben, wie mit der ganzen Kulturbewegung, insoweit
sie von Rom ausging und nach Rom zurückflofs, ver-
leiht demselben einen besonderen Werth, der noch
gesteigert wird durch die zahlreichen instruktiven
Abbildungen, welche von Heft zu Heft an Reiz der
Originalität gewonnen haben. Schnütgen.

Sammlung ausgewählter Briefe an Michel-
agniolo Buonarroti. Nach den Originalen des
Archivio Buonarroti herausgegeben von Professor
Dr. Karl Frey. Karl Siegismund. Berlin 1899.
(Preis 12 Mk.)
Im Anschlüsse an die 1897 herausgegebenen, aus

demselben Archiv geschöpften Gedichte des Künstlers

bietet der Verfasser hier eine Sammlung von Briefen
an Michelangelo, im Ganzen 336 Nummern, in welche
indefs noch manche Bruchstücke aufgenommen sind.
Dieselben erstrecken sich über 62 Jahre, aber in sehr
ungleicher Vertheilung; am ergiebigsten war das Jahr-
zehnt von 1516—1526. Die Korrespondenten ge-
hören dem Kreise seiner Familie, seiner Häuslichkeit,
seiner Werkstatt an, namentlich aber seiner Kunst-
freunde, die ihm berichteten oder ihn konsullirten.
Der Einflufs, den Michelangelo hatte, die Werth -
Schätzung, die sein Urlheil weithin genofs, kommen
hier glänzend zur Geltung, auch seine menschlichen
Qualitäten und selbst einzelne Schwächen treten hier
in die Erscheinung, so dafs da es sich zumeist
um bislang unbekannte Mittheilungen handelt, für die
Künstlerbiographie des grofsen Meisters,
die der Verfasser vorbereitet, viel neues schätzbares
Material gewonnen wird. Neben diesem kunstgeschicht-
lichen Werth hat das Buch auch noch einen philolo-
gischen, insoweit die einzelnen Briefe, die zum Theil
von minder geübten Schreibern, z. B. Steinmetzen,
herrühren, in der Eigenart ihrer Sprechweise und
Orthographie wiedergegeben werden. r

Michelangelo. Beiträge zur Erklärung der Werke
und des Menschen von Carl Justi. Mit 4 Ab-
bildungen. Breitkopf & Haertel. Leipzig 1900.
(Preis 12 Mk.)
Nicht eine Künstlermonographie hat der berühmte
Verfasser von Velasquez und Murillo hier vorgelegt,
sondern, wie er selber schon im Titel bemerkt, nur
Beiträge zur Charakterisirung der Werke Michel-
angelo's, eigentlich nur seines G ewölbes der six-
tinischen Kapelle und seines Grabmals Ju-
lius II., aus denen er im III. Theil unter dem Titel:
»Bildnerische Gepflogenheiten« die Schlüsse
zieht in Bezug auf die Bedeutung des grofsen Meisters,
in dem das plastische und malerische Genie zur
höchsten Vollkommenheit sich ergänzten. — Im I. T h e i 1
erstrebt der Verfasser vor Allem eine Deutung der
vielgestaltigen Komposition und hierbei kommt ihm
seine ungewöhnliche Beherrschung des mythologischen
und theologischen Rüstzeuges zu gute, die ihn nament-
lich hinsichtlich der Propheten und Sibyllen zu ganz
neuen Anschauungen führt; die ungemein geistvollen
Kombinationen, die überall an die Erlebnisse und
Grundsätze des Meisters anknüpfen, verlocken zugleich
durch die bestechende Form, in der sie zum Aus-
drucke kommen. — Der II. Theil beweist schon
durch seine Ueberschrift: »Die Tragödie des
Grabmals«, von welchem Standpunkte aus der
Verfasser dieses Denkmal betrachtet wissen will, wel-
ches den Künstler bekanntlich ein Menschenalfer hin-
durch beschäftigt, viel gequält, zu allerlei Umgestal-
tungen gedrängt hat und doch ein Fragment geblieben
ist. Den ganzen tragischen Verlauf dieser, vier Päpste
leidenschaftslos beschäftigenden Angelegenheit erör-
tert der Verfasser, mit historischer Unparteilichkeit
und Schärfe die Thatsachen betonend und mit psychi-
scher Analyse sie erklärend aus der ehernen Natur
des seltenen Mannes, in dessen gewaltsame Künstler-
 
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