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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0053

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1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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entstehen lassen mit einem allgemeinen Hinweis
auf Köln oder Siegburg, so hat jetzt v. Falke
das Benediktinerkloster St. Pantaleon in
Köln als die Kunstwerkstätte bezeichnet, wo
die meisten hervorragenden Grubenschmelz-
arbeiten entstanden sind, hier herrschte wäh-
rend des XII. Jahrh. „eine Schaffenskraft auf
dem Gebiete der Goldschmiedekunst und eine
künstlerische Tätigkeit, die ohne Gleichen da-
stehen", hier blühten seit dem Beginn des
XII. Jahrh. drei bedeutende Meister, von
denen zwei nach v. Falke aufser andern
Werken auch eine Reihe Portatilia schufen.
Der älteste unter ihnen ist Eilbert.

Der Name Eilbert ist bereits seit langem
in der mittelalterlichen Kunstgeschichte be-
kannt und berühmt; ihn trägt ein jetzt im
„Weifenschatz" befindliches Portatile (35 X
20 X 13 cm): Eilbertus Coloniensis me fecit.
Während es schon Bucher und neuerdings
Molinier der Kölner Schule zuschrieben, läfst
es Neumann auf sächsischem Boden entstehen
von einem Künstler, dessen Wiege in Köln
gestanden hat. v. Falke hat nun in Eilbertus
den ersten bedeutenden Meister von St. Pan-
taleon erkannt, der in der ersten Hälfte des
XII. Jahrh. lebte. Das mit seinem Namen
bezeichnete Altärchen ist ein Werk, das durch
seinen reichen Figurenschmuck wie nicht
minder durch die verschiedenen Emailarten
vollauf die Beachtung verdient, welche die
Kunstgeschichte ihm widmet. Anstatt des
Altarsteines hat das (jetzt der Füfse beraubte)
Portatile mit vorspringender Ober- und Unter-
platte eine durchsichtige Bergkristallscheibe,
unter der ein Pergamentblatt mit Christus auf
dem Regenbogen und den Evangelistensym-
bolen liegt; ringsherum sitzen die zwölf Apostel
auf lehnlosen Stühlen und halten Rollen mit
je einem Glaubensartikel in der Hand — ein
Bild des letzten Weltgerichtes, wobei die
Apostel auf zwölf Thronen sitzen werden.
Links davon an der Schmalseite sind vier
Szenen aus dem Leben Maria (Verkündigung,
Besuch bei Elisabeth, Geburt, Opferung), rechts
vier aus dem Leben Jesu (Kreuzigung, Auf-
erstehung, Abstieg, Himmelfahrt) angebracht.
An den Seitenflächen sieht man achtzehn
Vertreter des alten Bundes, nämlich zwölf
Propheten und Jakob, Balaam, David, Salomon.
Zwei Inschriften an den vorspringenden
Platten gaben den Grund für die Auswahl
dieser Figuren an. Die untere Inschrift be-

sagt, dafs „die vom Himmel Erleuchteten
(Propheten) voraussagten, was später erfolgte",
während oben „die von Gottes Lehre er-
füllten Apostel bezeugen, dafs die prophetischen
Reden nicht falsch sind".134) Besondere Be-
achtung verdienen die trefflichen Emailarbeiten,
worin der Künstler einen weisen Wechsel ein-
treten liefs. Auf der oberen Fläche sind die
Figuren durch Gravierung in vergoldetem
Metall mit schwarz ausgeschmolzener Innen-
zeichnung ausgespart, die Hintergründe sind
blauer Schmelz, während an den Seitenflächen
die Figuren durch farbigen Grubenschmelz
mit vergoldetem Hintergrund gebildet sind.
Die trennenden Pfeiler zeigen Zellenschmelz.
Die sinnige Auswahl der Figuren, die sorg-
fältige Ausführung der verschiedenen Email-
und Goldarbeiten, namentlich die warm ge-
stimmten Emailtöne auf Goldgrund fast in
Art der byzantinischen Zellenschmelze weisen
unserm Eilbertus-Altärchen unter den erhal-
tenen Portatilien einen hervorragenden Platz
an und lassen den Urheber als einen tüchtigen
Goldschmied erkennen.185)

Demselben Meister schreibt v. Falke auf
Grund stilistischer Eigentümlichkeiten noch
mehrere andere Tragaltäre zu. An den Eil-
bert-Altar reiht er zunächst den Mauritius-
Altar in der Pfarrkirche zu Siegburg (33 X
22x16 cm); die Auswahl der Figuren deckt
sich teilweise mit dem Eilbert-Portatile. Längs
des Porphyrsteines hat der Künstler die zwölf
Apostel unter rundbogigen, weifs emaillierten
Arkaden und auf Stühlen eingraviert; der
Hintergrund ist blauer Schmelz. An den
Schmalseiten des Steines sieht man links die
Kreuzigung, darüber die Taube des Heiligen
Geistes und Gott Vater; unter dem Kreuze
steht eine nackte Figur, benetzt von dem
Blute des Erlösers; es ist Adam, dessen Be-
freiung aus dem Limbus hier versinnbildet
wird. Auf der entgegengesetzten Seite er-
scheinen die drei Frauen am Grabe mit Salb-
büchsen, darunter die Begegnung der Maria
Magdalena und des Heilandes, darüber die
Himmelfahrt Christi. Die Seitenflächen sind

134) Coclitus afflati de Christo vaticinati

Ibi praedixerunt qnae post Ventura fuerunt.
Doctrina pleni fidei patres duodeni
Testantur facta non esse prophetica dicta.
185) Abb. und eingehende Würdigung bei Neu-
ro an n, a. a. O. S. 152. Verg). ferner Buch er,
»Technische Künste« I, 14. Labarte, 1. c. III,
112. »Deutsche Schmelzarbeiten«. Taf. 17—19.
 
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