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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0057

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75

1904- — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUxVST — Nr. 3.

76

Das Viktor-Altärchen in der Stiftskirche
zu Xanten ist eine einfache, fast rohe Arbeit
(23 x 15 X 9 cm). An den Schmalseiten des
im Jahre 1725 entfernten Steines sehen wir
das Opfer Melchisedechs und Abrahams, diese
beiden Darstellungen samt deren Steine sind
umgeben von achtzehn Medaillons mit vier-
zehn Brustbildern von Heiligen und den vier
Evangelistensymbolen. An den Seitenflächen
wieder die Sitzfiguren Christi, Maria und der
Apostel.142)

Auch das schöne Altärchen der Kirche
Maria im Kapitol zu Köln hat an den
Schmalseiten des Steines zwei alttestamentliche
Opfer, nämlich Abel und Melchisedech, diese
•sowie der Stein sind aber nicht wie in Xanten
von Figuren, sondern von einem gestanzten
Laubornament umgeben, in den Ecken sind
die Evangelistensymbole angebracht. Die Lang-
seiten der Seitenflächen zieren die durch ver-
goldete, glatte Säulchen getrennten Apostel in
stehender Haltung, je sechs umgeben den
Heiland und die Muttergottes, die Schmal-
seiten zeigen im Gegensatze dazu Vertreter
des alten Bundes: David zwischen Isaias und
Jeremias auf der einen, Salomon zwischen
Jonas und Habakuk auf der andern Seite,
wie die Apostel durch Säulchen voneinander
getrennt und durch Spruchbänder gekenn-
zeichnet. us)

Als das bedeutendste Portatile des Fride-
ricus ist das sog. Gregorius-Altärchen
(37 X 23 X 17 cm) in der Pfarrkirche zu Sieg-
burg zu bezeichnen. An den Schmalseiten
des grünen Serpentinsteines sieht man acht
Szenen aus dem Leben Jesu, sie sind samt
dem Steine von einer grofsen Schar Jung-
frauen, Kriegern, Bischöfen, Kirchenlehrern —
32 an der Zahl — umgeben; die vier Seiten-
flächen zeigen sechzehn Prophetengestalten,
die durch vergoldete Säulchen voneinander
getrennt werden. Die Figuren sind, wie bei
der ganzen Gruppe, durch Gravierung auf
Metallgrund hergestellt, die Innenzeichnung
wurde mit rotem oder schwarzem Schmelz
ausgefüllt; die Hintergründe bilden rechteckige
grüne, blaue, weifse Emailplatten. Der Boden,

•«) Abb. Aus'm Weerth, Taf. 174. Clemen,
»Kunstdenkmäler«, Kreis Mors, (1892), Seite 129.
»Deutsche Schmelzarbeiten«, Taf. 29, 30.

l«) Abb. Bock, »Das heilige Köln«, Taf. XXIX.
»Deutsche Schmelzarbeiten«, Taf, 31, 32.

durch Schmelzfirnis verziert, ruht auf vier
kupfervergoldeten Tiergestalten. Das Portatile
welches durch die exakte Arbeit einen vor-
trefflichen Eindruck macht, hat an den Ab-
schrägungen der obern und untern Platte das-
selbe Stanzblech wie der Ursula- und Mau-
rinus-Schrein in Köln. In der Halbfigur eines
betenden Mönches mit der Beischrift: Fridericus,
womit der zuletzt genannte Schrein geziert
ist, erkennt v. Falke den Verfertiger dieses
Reliquiariums und der aufgezählten Portatilia
sowie zahlreicher anderer Werke, den zweiten
Leiter der St. Pantaleonwerkstatt, worin er
während des dritten Viertels des XII. Jahrh.
tätig war. In seiner frühesten Arbeit, dem
Berliner Portatile, schlofs er sich noch eng
an Eilbert, nahm dann aber eine neue,
wesentlich zeichnerische Stilrichtung an, um
später unter dem Einflüsse der Maas-Schule
zur malerischen Schmelzarbeit überzugehen;
als Schmelzmaler steht er, wie v. Falke sagt,
unübertroffen da, er ist der beste deutsche
Schmelzwirker.144)

Wer die bisher übliche Anschauung von
der Entwicklung des germanischen Email
kennt, dem wird es aufgefallen sein, dafs
weder das Mauritius- noch das Gregorius-
Altärchen in Siegburg entstanden sein soll,
beide vielmehr Kölnern Meistern zugeschrieben
werden. Nahm man doch bis in jüngster
Zeit eine blühende Emailschule in der grofsen
Benediktinerabtei Siegburg an, wo noch heute
eine ganze Reihe bedeutender Schmelzarbeiten
aufbewahrt werden. Wenngleich wir hier
keine Geschichte des deutschen Schmelzes
schreiben, so können wir doch die Bemerkung
nicht unterlassen, dafs nach den Unter-
suchungen v. Falkes die Existenz einer Sieg-
burger Schule völlig „in der Luft hängt", und
dafs keiner der bereits von Aus'm Weerth für
diese angebliche Schule beigebrachten Gründe
stichhaltig ist, wie in den „Deutschen Schmelz-
arbeiten" weitläufig nachgewiesen wird. Hier
möge nur folgendes berührt werden. Anlafs zur
Aufstellung einer Lokalschule in Siegburg wurde
vorzüglich das Vorhandensein zahlreicher
Schmelzwerke daselbst. Indes beweist dies
noch nicht, dafs diese Arbeiten in Siegburg
angefertigt wurden; man kann sie auch anders-

1M) Abb. Aus'm Weerth, »Kunstdenkmäler«,
Taf. 491. Rohault de Fleury, pl. 352. »Deutsche
Schmelzarbeiten«, Taf. 27, 28.
 
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