Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

DOI Artikel:
Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [5]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0059

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
79

1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

80

eingeschlossen, jede Rundung enthält eine der
folgenden Szenen: Kirche, Synagoge, Thore
von Gaza, Jonas vom Walfisch ausgespieen.
In den Zwickeln sind vier Vorbilder ange-
bracht : Opfer Abrahams, eherne Schlange,
Abel, Melchisedech. Die Schmalseiten der
Deckplatte werden ausgefüllt durch folgende
Darstellungen: Abendmahl, Pilatus, Geifselung,
Kreuztragung, Kreuzigung, Frauen am Grabe.
Die Seitenflächen zeigen eine seltene Dar-
stellung, das Leiden der zwölf Apostel. Die
Personen stehen auf farbigem Grunde, die
Gewänder sind zumeist emailliert, Köpfe und
Hände in vergoldetem Metall ausgespart.140)
Die vortreffliche Modellierung und Ausführung
verrät einen tüchtigen Meister. Der Rand
der vorspringenden Platten ist mit Inschriften
bedeckt; oben liest man:

Quam colit ecclesia, crux, mors, victoria
Christi per sanctos patres patriarchas atque

prophetas
Ante figurata fuit et praesignifieata
Et tarnen haec ceca munrium credit synagoga,

Worte, die den reichen Bilderschmuck der
Deckplatte erklären. An dem untern Rande
steht, Bezug nehmend auf das dargestellte
Martyrium :

Hi que scripsere doctore domino dedicere
Horum firmata plagis et morte probata
Et celebrata simul horum divinitus ore
Istorumque pio pariter sane ita cruore.

Das Altärchen wird wohl kaum in der
Abtei Stavelot selbst, jedenfalls aber nach
deren Anweisung vor dem Jahre 1200 ent-
standen sein. v. Falke hat es einem Schüler
des Godefroid de Ciaire und dem dritten
Viertel des XII. Jahrh. zugeschrieben.150)

Endlich haben wir noch einige Tragaltäre
mit Email zu nennen, die in Norddeutsch-
land entstanden sind, wo nach v. Falke

U9) Über den Unterschied zwischen Maas- und
Rhein.Email s. Roddaz, iL'art ancien ä l'exposition
nationale Beige«, (Bruxelles 1882), 25, und jetzt
v. Falke, »Deutsche Schmelzarbeiten«, S. Ol ff.

"0) Abb. Reusens, »Archäologie« (6d. 2) I,
434. Rohaalt de Fleury, pl. 3,r>4. Ausm
Weerth, in .Bonner Jahrbücher« XLVI, (1869),
157 ff. Renard, »Die Kunsthistorische Ausstellung
Düsseldorf 1902«, S. 14. »Deutsche Schmelzarbeiten«,
S. 76.

Hildesheim der Mittelpunkt des Schmelz-
betriebes war. Es ist hier nicht unsere Auf-
gabe, auf die charakteristischen Merkmale
dieser Schule näher einzugehen, wir haben
nur die dort entstandenen und uns erhaltenen
Portatilia kurz zu beschreiben. Dahin gehört
zunächst ein Tragaltar (21 x 14 X 11 cm) im
„Weifenschatz". Der kleine Porphyrstein zeigt
an den Schmalseiten das Opfer Abrahams und
Melchisedechs, an den Langseiten die vier
Evangelistensymbole; an den Seitenflächen
sieht man die zwölf Apostel als Halbfiguren
dargestellt. Von der vorspringenden Deck-
und Bodenplatte trägt nur noch die untere
geometrisches Zellenemail. Die Figuren sind
auch hier in vergoldetem Metall ausgespart;
eigentümlich sind dem emaillierten Hinter-
grund zahlreich zerstreute Goldtupfen, welche
wohl mehr als Verzierung denn als Halte-
punkte dienen sollen. Das Portatile zeigt be-
reits den allmählichen Verfall der um 1150
auf ihrer Höhe angelangten niedersächsischen
Schule.151)

Norddeutschen Ursprunges ist wohl auch
das ziemlich roh gearbeitete Portatile (16x12
X 8 cm) im fürstlichen Museum zu Sig-
maringen. Der braune Marmorstein ist von
Silberblech mit getriebenen Ornamenten um-
rahmt. An den Seitenflächen sieht man die
Halbfiguen der Apostel abwechselnd auf weifsem,
grünlichem, hell-und dunkelblauem Emailgrunde,
durch rote, grüne und weifse Emailstreifen von-
einander getrennt.162)

Endlich möge hier noch ein Altärchen
(17 X 8 X 8 cm) im South Kensington Museum
zu London genannt werden, das nach den
Angaben von Rohault de Fleury mit deutschem
Email geziert und um 1200 entstanden ist.
Auf der obern Decke ist die Kreuzigung, an
den Seitenflächen sind die Büsten der Apostel
dargestellt.158) (Forts, folgt.)

Roma. Beda Kleinschmidt, O. F. M.

,") Neumann, »Reliquienschatz», S. 150 ff.
v. Falke, S. 112.

lw) He f ner - A 1 ten eck , »Kunstkammer von
Hohenzollern-Sigmaringen«, (München 1860), Taf. 49,
(farbig).

153) Rohault de Fleury, »La Messe« V, 30.
 
Annotationen