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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

DOI Artikel:
Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0074

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103

1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

104

Die metrische Übersetzung der Verse würde,
nach Hrn. Domkapitular Dr. Steffens, etwa lauten:

Wenn meine Gabe ich bringe, so ist sie für
Grofses geringe.
Schau drum mehr aufs Herz, als aufs glän-
zende Erz.
Wolle mich huldvoll geleiten durch die Gefahren
der Zeiten.
Ich Donatus dies schenk', ach, Deines Dieners
gedenk.

Diese Worte' beginnen zu Füfsen der
Gottesmutter, dort wo der Kleriker hin-
gestreckt ist; er ist jener Donatus, der der
Muttergottes seine Gabe weiht und in so
innigfrommen Worten demutsvoll um den
Schutz seiner Herrin während der irdischen

stein umschliefsende Silberplatte zeigt an den
Langseiten Pflanzornamente, in den Ecken die
Evangelistensymbole, an den Schmalseiten die
Bischöfe Meinwerk und Heinrich in liturgi-
scher Gewandung am Altare in schönstem
Niello. An den Seitenflächen erscheinen unter
rundbogigen Arkaden Maria und die Apostel
als nieliierte bzw. gravierte Sitzfiguren, nur
an einer Schmalseite Christus mit Kilian und
Liborius in getriebener Arbeit. Die untere
Fläche ist verziert mit dem Donator (?). Ilg
glaubte in dem Verfertiger dieses Tragaltares
den Verfasser der berühmten Abhandlung
Schedula diversarum artium nachweisen
zu können, wodurch es sich in der Kunst-

'



Abb. 11. Tragaltar

Pilgerfahrt bittet. —• Diese Deckplatte ist die
Arbeit eines tüchtigen Meisters, der die For-
men und den Stichel gleich vortrefflich be-
herrscht. Die Figuren sind lebhaft bewegt,
ohne aufdringlich zu sein, sind voll Indivi-
dualität, ohne jeglichen Schematismus. Die
Gewandung ist sorgfältig und geschmackvoll,
fast anmutig bei den Frauengestalten. Die
Verteilung der Figuren ist mit Überlegung
abgewogen und mit Geschick ausgeführt; alles
verrät einen fähigen Künstler, der um die
Mitte des XII. Jahrh. lebte. — Die Kenntnis und
Photographie des Altärchens verdanke ich
Herrn Domkapitular Schnütgen.

Von hervorragender Bedeutung ist das
Schreinportatile im Dom zu Paderborn
(34X24X 17 cm), das wahrscheinlich um 1100
auf Bestellung des Bischof Heinrich (1085 bis
1127) angefertigt wurde. Die den Marmor-

(Privatbcsitz).

geschichte einen Namen erworben hat, fast
mehr als durch die schöne Ausführung des
Werkes selbst, wovon Ilg meint, man könnte
es als eine Mustersammlung aller derjenigen
Techniken nennen, welche der Traktat des
Theolphilus — so nennt sich der Verfasser
der Schedula — uns zu verstehen vermittelt;
denn man finde hier Blech über den Holz-
kern gezogen, die Metallflächen graviert, ge-
triebene Arbeit, vergoldetes Silberblech, Niel-
lierung, Filigran, Besatz von Perlen und Edel-
steinen. P. Beissel und v. Falke haben sich
jüngst ebenfalls für die Hypothese Ilgs ausge-
sprochen.168)

162) »Katal. der Düsseldorfer Ausstellung«, Nr. 394.

16S) Abbild, (u. Beschreibung) im »Organ für
christliche Kunst« XI (1861) 8.r> ff. Ludorff a. a. O.
»Kreis Paderborn« (1899) Taf. 53—55, Kuhn,
»Kunst-Geschichte III, 224. Vergl. ferner Buch er,
 
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