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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Schnütgen, Alexander: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf 1902, [27]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0143

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221

1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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gangspunkt aus der runden oder polygonalen
Gestaltung in die Fläche, verdeckt hier in höchst
geschickter Weise auf der Vorder- wie auf der
Rückseite eine übereck gestellte, erkerartige
Vorkragung, aus der dort das Brustbild der
Gottesmutter (Fleischteile: Silber), hier das eines
Engels mit ausgebreiteten Flügeln (ganz Silber)
herauskommt. Voluten mit Krabben, die auch
ringsum die Kreuzbalken in dekorativster Gar-

nierung umgeben, leiten zu dem grofsen Vier-
pafs über, dessen runden Mittelpunkt auf der
Vorderseite ein prachtvoller, sehr energisch
behandelter antiker Löwenkopf aus Onyx bildet,
das Ehrenzeichen eines römischen Feldherrn;
mafswerkdurchbrochene Segmente, die mit
grünem Email hinterlegt sind, bilden dazu
die Pässe. Für die ungewöhnlich grofse Par-
tikel ist das ausgeschnittene Kreuzmittel reser-
viert, welches von drei kleineren Vierpässen
umgeben ist, kristallgeschlossenen runden

Medaillons für die Reliquien. An sie stofsen
unmittelbar runde Bogenstellungen als Balken-
endigungen an, rechts und links mit je einem
fliegenden Engel gefüllt, oben mit dem Er-
bärmdebild des Heilandes, und in langgezogene
Fruchtknoten auslaufend. — Die hier gleich-
falls abgebildete Rückseite schmücken aufs
feinste gezeichnete und ausgeführte Punzier-
bilder, und zwar mit Scharnieren abgegrenzt,

in der Mitte der
Heiland am Kreuz,
zu dessen Häupten
über dem Neste
der Pelikan mit
drei Jungen, auf
den Ecken die
Evangelistensym-
bole, unten s. mar-
cus, links s. ma-
theus, xzoh\ss.lucas,
oben s. iohannes.
— Diese ungemein
delikate Technik,
zu der es, wenig-
stens in dieser Zart-
heit, nur vereinzelte
Analogien gibt, als
welche besonders
die Monstranz des

Kölner Domes
(vergl. Bd. XII Sp.
225 ff. dieser Zeit-
schr.) genannt sei,
weist, auch durch
die Zeichnung, auf
diekölnischeSchule
des Meisters Wil-
helm, also wieder-
um auf die Zeit um
1400 hin. — Das
ganze, in der Ge-
samtform wie in den Einzelheiten musterhafte,
in der Tecknik kaum noch zu überbietende
Kreuz gereicht dem rheinischen (kölnischen)
Goldschmiede, der es ausgeführt hat, zur höchsten
Ehre, und für den modernen, namentlich kirch-
lichen Goldschmied, dem ähnliche Aufgaben
nicht selten gestellt werden, bietet es Belehrung
und Anleitung in grofser Fülle, auch für den Fall,
dafs es sich um ein Vortragekreuz handeln sollte,
bei dem die ringsum laufenden Krabben erst
recht sich bewähren würden. Schnutgen.

twp*
 
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