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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Braun, Joseph: Pluvialschließen aus dem Schatz der Stiftskirche zu Tongern
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0159

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247

1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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Umrahmung nicht in dem Mafs zur Geltung,
wie auf dem Original. So einfach und be-
scheiden diese Art derOrnamentation ist, ebenso
wirksam erweist sie sich im vorliegenden Fall,
um den einfachen Glanz der flachen Um-
rahmung in genügender Weise zu brechen,
ohne ihr die dem reichen Emailschmuck der
Mitte gegenüber nötige Bestimmtheit und Ruhe
zu nehmen.

Agraffe Nr. I ist nur in einem Exemplar im
Schatz vorhanden, doch weist eine zweite
Schliefse eine verwandte Form auf, so dafs sie
wenigstens den Typus der Agraffe Nr. I zugezählt
werden kann. Sie ist, wie diese, aus vergoldetem
Silber gemacht, in der Mitte mit einer
Statuette Marias mit
dein Kind unter spät-
gotischem Baldachin
geschmückt und ?auf
dem Fond zu beiden
Seiten derselben mit
dem Bilde und dem
Wappen des Stifters
versehen, im Durch-
messer 0,165 m grofs.
Die Figur der Gottes-
mutter mit dem Jesus-
kind ist entschieden
besser, wie es bei der
Agraffe Nr. I der Fall
ist, dagegen steht die
Darstellung des Stifters
zur Rechten Marias
und seines Wappens
zur Linken zeichne-
risch merklich hinter den gleichartigen Email-
bildchen der ersten Pluvialschliefse. Übrigens
ist bei der Schliefse nachgerade fast alles Email
bis auf wenige spärliche Reste verschwunden.

Eigenartig ist das Ornament, mit welchem
die Fläche hinter der Statuette belebt ist. An
Ösen hingen hier einst, unregelmäfsig über
den leeren Grund verteilt, lose kleine Perlen
oder wahrscheinlicher Sternchen. Sie sind
jetzt verschwunden, doch legen noch die zum
gröfsten Teil aus dem Fond hervorragenden
Ösen mit den an ihnen angebrachten Ringel-
chen von ihrem ehemaligen Vorhandensein
Zeugnis ab.

Der Hauptunterschied zwischen beiden
Agraffen macht sich in bezug auf die Form und
die Behandlung des Rahmens geltend. Stellt die

Abbildung 2

eine einen Vierpafs mit durchgeschobenem vier-
teiligen Stern dar, so die andere einen reinen
Vierpafs, und besteht bei jener die Einfassung aus
einer schmalen, ganz ungegliederten, nur mit
punktiertem Ornament belebten Leiste, so
haben wir es bei dieser mit breiter, kräftig
hervortretender, einfach, aber wirksam profi-
lierter Umrahmung zu tun, die nach innen eine
Schräge, nach aufsen eine Hohle aufweist und
oben mit einer Rinne zur Aufnahme kleiner
Silberrosettchen versehen ist. Ein feiner ge-
wundener Draht, welcher der Innenseite des
Rahmens entlang aufgelötet ist, dient zur
schärferen Trennung von Einfassung und Fond.
Den äufseren Abschlufs der Umrahmung bildet
ein starker, gewun-
dener Doppeldraht,
dessen entschiedene
Wirkung in glück-
licher Weise durch
ein feines, gewunde-
nes, den Übergang zur
Hohle vermittelndes
Drähtchen gemildert
wird. Die Agraffe ist
zur Zeit leider in
wenig gutem Zustand.
In besseren Tagen, als
noch der Rahmen frei
von Beulen, die Ro-
setten vollzählig und

unzerknittert, das
Email des Fonds un-
versehrt, der Balda-
chin unverbogen und
unbeschädigt und der Hintergrund der Statuette
mit losen Sternchen oder Perlen geschmückt war,
mufs die Agraffe ein schönes Stück gewesen sein.
Origineller in der Auffassung als beide Plu-
vialschliefsen des ersten Typus sind zwei andere
einander völlig gleiche Agraffen des Schatzes. Sie
stellen, wie Abb. 2 zeigt, einen Achtpafs oder eine
achtblätterige Rose dar, haben einen Durch-
messer von 0,15 m und dürften der ersten
Hälfte des XV. Jahrh. angehören. Die Um-
rahmung des Mittelfeldes und der Pässe, sowie
die in Gufs hergestellten und dem Fond dann
aufgelöteten Reliefs, Maria mit dem Kind, um-
geben und getragen von Engeln, bestehen aus
vergoldetem Silber.

Die Umrahmung ist von einfacher Form-
gabe. Sie besteht aus einem fast stabartigen
 
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