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1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.
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Geschichte der deutschen Kunst. Von Dr.
H. Schweitzer. Reich illustriert, vollständig in
14 Lief. ä 1 Mk. Otto Maier in Ravensburg.
In der Beschränkung auf die deutsche Kunst, die
bildende wie die angewandte, will dieses Handbuch,
in volkstümlicher Weise belehren, an der Hand zahl-
reicher Abbildungen. Diese sind nicht landläufiger Art,
und wenn auch zum teil etwas flau, für den knapp und
klar gehaltenen Text ein gutes Erläuterungsmittel. —
Der Kunst der deutschen Stämme bis zum X. Jahrh. ist
das I. Kapitel gewidmet, das II. dem romanischen, das
III. dem Übergangsstil, das IV. der Gotik, und dann
wieder der Blüte der deutschen Plastik, der Malerei
der II. Hälfte des XV. Jahrh., der Malerei der I.
Hälfte des XVI. Jahrh. je ein eigenes Kapitel, so
daß mehr als die Hälfte des ganzen Werkes sich
mit dem Mittelalter beschäftigt. In dieser Verteilung
des Stoffes, namentlich in der Betonung des späteren
Mittelalters liegt ein großer Vorzug, auch vom Stand-
punkt der nationalen Interessen. Eingehende Be-
handlung erfährt auch die Renaissance, bei der das
Kunstgewerbe sogar sofort an die Architektur an-
geschlossen wird, vor der Plastik und Malerei. Daß
auch das Kunstschaffen des XIX. Jahrh. bis zu seinem
Ablauf zur Erörterung gelangen soll, verdient An-
erkennung. A.
Maria, die unbefleckt Empfangene. Von
Ludwig Kösters S. J. Regensburg 1905.
Verlag vorm. G. J. Manz. (Preis 3,60 Mk.)
Die Jubelfeier der Definition der Immaculata Con-
ceptio macht sich in der theologischen Literatur
wie in der kirchlichen Kunst vielfach bemerkbar. Zu
den umfänglichsten und inhaltreichsten der bisher er-
schienenen Schriften zählt die vorliegende, welche
auf der Grundlage der früheren Forschungen das
erhabene Thema vielseitig behandelt, seine Ent-
wicklung durch die Jahrhunderte bis zur Definition
verfolgend, deren Präliminarien eingehend dargelegt
werden. Das anmutig geschilderte Ideal der gläu-
bigen Vernunft erscheint in seiner allmähligen Ent-
hüllung zur Realität, und an Konsequenz und Klar-
heit läßt der Aufbau nichts zu wünschen übrig. Ihn
krönt als Abschluß ..Das Bild der unbefleckt
Empfangenen in der Kunst", leider nur eine
Skizze, aber mit bestimmten Konturen, so daß die
Hauptlinien klar hervortreten. Was der Verfasser
über die Darstellung des Geheimnisses seit dem
XV. Jahrh. mitteilt, ist zwar nicht erschöpfend, am
wenigsten hinsichtlich der ikonographischen Kritik,
aber die ausgiebigen literarischen Hinweise ergänzen
das im Text Gebotene, der durch mehrfache glücklich
gewählte Zitate manche Erweiterung erfährt. T.
Kulturgeschichte der römischen Kaiser.
zeit. Von Georg Grupp. II. Band: Anfänge
der christlichen Kultur. Allg. Verlags-Gesellschaft
m. b. H., München 1904. (Preis 9 Mk.)
Schnell hat dieses in Bd. XV, Sp. 351 angezeigte
bedeutsame Werk seinen Abschluß gefunden in dem
an Umfang gleichen, an Inhalt noch viel reicheren
Bande, der in Kapitel XLIV bis C die Anfänge
der christlichen Kultur (bis ins V. Jahrh.) be-
handelt. An Schwierigkeit kommt diesem Thema
kaum eines gleich, denn es handelt sich um die er-
habenste, wunderbarste Erscheinung in der Kultur-
geschichte: die Überwindung der heidnischen Kultur
durch die christliche. Die Fülle der für diese Dar-
stellung benutzten Literatur ist durch das 18 Seiten um-
fassende alphabetische Bücherverzeichnis am Schlufs
noch nicht einmal erschöpft, und so glatt ist der Fluß
des Textes, daß auch die Zitate ihn nicht beeinträch-
tigen. Das ganze Leben der Christen, das kirchliche
und weltliche, das öffentliche und private, das poli-
tische und soziale, das familiäre und gesellschaftliche,
in der heidnischen Umgebung, mit derselben, gegen
dieselbe, wird geprüft, und überall imponiert das ruhig
abwägende objektive Urteil des Verfassers, der, mit
den theologischen wie rechtlichen, den politischen wie
sozialen Fragen vertraut, Gottesdienst und Mönchtum,
Wissenschaft und Kunst, Handel und Verkehr, Ver-
mögens- und Steuerverhältnisse, Familien- und Staats-
leben, Plebejer und Patrizier behandelt, überall die
Berührungspunkte der Heiden und Christen, die Verfol-
gungen und die Erfolge betonend, die Anstrengungen
des Heidentums und seine Niederlagen, als deren Höhe-
punkte Konstantin und St. Augustinus erscheinen, die
einzigen Personen, denen ein eigenes Kapitel gewidmet
ist. Überreich ist mithin der Inhalt, zumal der Ver-
fasser den Reflexionen nur wenig Raum gegönnt hat,
aber der flotte Vortrag gleicht die Überfülle in etwa
aus. Die 67 Textabbildungen, sämtlich Geschichts-
werken, namentlich Garrucci, entnommen, spielen, zum
Teil etwas klein gehalten und unvollkommen ge-
zeichnet, keine große Rolle, doch möchte man sie
nicht entbehren. D.
Erörterungen über wichtige Kunstfragen,
II. Heft. Von Prof. Ludwig Seitz, Direktor
der päpstlichen Gemäldesammlung. Zweite Folge.
München, Oehrlein.
Aus der heutigen Kunstverwirrung, über die der
Verfasser in seinem I. Heft nur zu begründete Klage
geführt hatte, möchte er so gerne den Weg zeigen
zur Verständigung. Bei der Hochachtung, die er
als Künstler wie Mensch genießt, haben seine Unter-
weisungen und Ratschläge eine mehr wie gewöhnliche
Bedeutung. Wie sie das Ergebnis ernster Erwägungen
und reifer Erfahrungen sind, so erscheinen sie im
Gewände wuchtiger Worte und knapp formulierter
Sentenzen, die öfters gelesen und sorgsam erwogen
sein wollen, daher auch, namentlich in den ersten,
mehr philosophierenden Abschnitten, nicht leicht zu
skizzieren sind. Nur von der Übereinstimmung wie
hinsichtlich der Grundsätze so der Form für Künst-
ler und Volk, ohne unzulässige Beeinträchtigung des
Empfindens und der Eigenart, erwartet der Altmeister
das Heil, also eine neue selbständige Blüte der Kunst
nach Maßgabe der vom Volk und seinem Wesen,
der Landschaft und ihrem Charakter geforderten
Eigentümlichkeiten. Daß schon die altägyptische
Kunst einen solchen Typus für die Architektur,
Plastik, Malerei zu schaffen vermochte, weist der
Verfasser nach, die Einheit des Prinzips betonend
betr. der Mannigfaltigkeit seiner Anwendung. — Die
Fortspinnung des Fadens wird allen erwünscht sein,
die dem Kunstschaffen sein Ideal zu erhalten bezw.
wiederzugewinnen suchen. D.
1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.
276
Geschichte der deutschen Kunst. Von Dr.
H. Schweitzer. Reich illustriert, vollständig in
14 Lief. ä 1 Mk. Otto Maier in Ravensburg.
In der Beschränkung auf die deutsche Kunst, die
bildende wie die angewandte, will dieses Handbuch,
in volkstümlicher Weise belehren, an der Hand zahl-
reicher Abbildungen. Diese sind nicht landläufiger Art,
und wenn auch zum teil etwas flau, für den knapp und
klar gehaltenen Text ein gutes Erläuterungsmittel. —
Der Kunst der deutschen Stämme bis zum X. Jahrh. ist
das I. Kapitel gewidmet, das II. dem romanischen, das
III. dem Übergangsstil, das IV. der Gotik, und dann
wieder der Blüte der deutschen Plastik, der Malerei
der II. Hälfte des XV. Jahrh., der Malerei der I.
Hälfte des XVI. Jahrh. je ein eigenes Kapitel, so
daß mehr als die Hälfte des ganzen Werkes sich
mit dem Mittelalter beschäftigt. In dieser Verteilung
des Stoffes, namentlich in der Betonung des späteren
Mittelalters liegt ein großer Vorzug, auch vom Stand-
punkt der nationalen Interessen. Eingehende Be-
handlung erfährt auch die Renaissance, bei der das
Kunstgewerbe sogar sofort an die Architektur an-
geschlossen wird, vor der Plastik und Malerei. Daß
auch das Kunstschaffen des XIX. Jahrh. bis zu seinem
Ablauf zur Erörterung gelangen soll, verdient An-
erkennung. A.
Maria, die unbefleckt Empfangene. Von
Ludwig Kösters S. J. Regensburg 1905.
Verlag vorm. G. J. Manz. (Preis 3,60 Mk.)
Die Jubelfeier der Definition der Immaculata Con-
ceptio macht sich in der theologischen Literatur
wie in der kirchlichen Kunst vielfach bemerkbar. Zu
den umfänglichsten und inhaltreichsten der bisher er-
schienenen Schriften zählt die vorliegende, welche
auf der Grundlage der früheren Forschungen das
erhabene Thema vielseitig behandelt, seine Ent-
wicklung durch die Jahrhunderte bis zur Definition
verfolgend, deren Präliminarien eingehend dargelegt
werden. Das anmutig geschilderte Ideal der gläu-
bigen Vernunft erscheint in seiner allmähligen Ent-
hüllung zur Realität, und an Konsequenz und Klar-
heit läßt der Aufbau nichts zu wünschen übrig. Ihn
krönt als Abschluß ..Das Bild der unbefleckt
Empfangenen in der Kunst", leider nur eine
Skizze, aber mit bestimmten Konturen, so daß die
Hauptlinien klar hervortreten. Was der Verfasser
über die Darstellung des Geheimnisses seit dem
XV. Jahrh. mitteilt, ist zwar nicht erschöpfend, am
wenigsten hinsichtlich der ikonographischen Kritik,
aber die ausgiebigen literarischen Hinweise ergänzen
das im Text Gebotene, der durch mehrfache glücklich
gewählte Zitate manche Erweiterung erfährt. T.
Kulturgeschichte der römischen Kaiser.
zeit. Von Georg Grupp. II. Band: Anfänge
der christlichen Kultur. Allg. Verlags-Gesellschaft
m. b. H., München 1904. (Preis 9 Mk.)
Schnell hat dieses in Bd. XV, Sp. 351 angezeigte
bedeutsame Werk seinen Abschluß gefunden in dem
an Umfang gleichen, an Inhalt noch viel reicheren
Bande, der in Kapitel XLIV bis C die Anfänge
der christlichen Kultur (bis ins V. Jahrh.) be-
handelt. An Schwierigkeit kommt diesem Thema
kaum eines gleich, denn es handelt sich um die er-
habenste, wunderbarste Erscheinung in der Kultur-
geschichte: die Überwindung der heidnischen Kultur
durch die christliche. Die Fülle der für diese Dar-
stellung benutzten Literatur ist durch das 18 Seiten um-
fassende alphabetische Bücherverzeichnis am Schlufs
noch nicht einmal erschöpft, und so glatt ist der Fluß
des Textes, daß auch die Zitate ihn nicht beeinträch-
tigen. Das ganze Leben der Christen, das kirchliche
und weltliche, das öffentliche und private, das poli-
tische und soziale, das familiäre und gesellschaftliche,
in der heidnischen Umgebung, mit derselben, gegen
dieselbe, wird geprüft, und überall imponiert das ruhig
abwägende objektive Urteil des Verfassers, der, mit
den theologischen wie rechtlichen, den politischen wie
sozialen Fragen vertraut, Gottesdienst und Mönchtum,
Wissenschaft und Kunst, Handel und Verkehr, Ver-
mögens- und Steuerverhältnisse, Familien- und Staats-
leben, Plebejer und Patrizier behandelt, überall die
Berührungspunkte der Heiden und Christen, die Verfol-
gungen und die Erfolge betonend, die Anstrengungen
des Heidentums und seine Niederlagen, als deren Höhe-
punkte Konstantin und St. Augustinus erscheinen, die
einzigen Personen, denen ein eigenes Kapitel gewidmet
ist. Überreich ist mithin der Inhalt, zumal der Ver-
fasser den Reflexionen nur wenig Raum gegönnt hat,
aber der flotte Vortrag gleicht die Überfülle in etwa
aus. Die 67 Textabbildungen, sämtlich Geschichts-
werken, namentlich Garrucci, entnommen, spielen, zum
Teil etwas klein gehalten und unvollkommen ge-
zeichnet, keine große Rolle, doch möchte man sie
nicht entbehren. D.
Erörterungen über wichtige Kunstfragen,
II. Heft. Von Prof. Ludwig Seitz, Direktor
der päpstlichen Gemäldesammlung. Zweite Folge.
München, Oehrlein.
Aus der heutigen Kunstverwirrung, über die der
Verfasser in seinem I. Heft nur zu begründete Klage
geführt hatte, möchte er so gerne den Weg zeigen
zur Verständigung. Bei der Hochachtung, die er
als Künstler wie Mensch genießt, haben seine Unter-
weisungen und Ratschläge eine mehr wie gewöhnliche
Bedeutung. Wie sie das Ergebnis ernster Erwägungen
und reifer Erfahrungen sind, so erscheinen sie im
Gewände wuchtiger Worte und knapp formulierter
Sentenzen, die öfters gelesen und sorgsam erwogen
sein wollen, daher auch, namentlich in den ersten,
mehr philosophierenden Abschnitten, nicht leicht zu
skizzieren sind. Nur von der Übereinstimmung wie
hinsichtlich der Grundsätze so der Form für Künst-
ler und Volk, ohne unzulässige Beeinträchtigung des
Empfindens und der Eigenart, erwartet der Altmeister
das Heil, also eine neue selbständige Blüte der Kunst
nach Maßgabe der vom Volk und seinem Wesen,
der Landschaft und ihrem Charakter geforderten
Eigentümlichkeiten. Daß schon die altägyptische
Kunst einen solchen Typus für die Architektur,
Plastik, Malerei zu schaffen vermochte, weist der
Verfasser nach, die Einheit des Prinzips betonend
betr. der Mannigfaltigkeit seiner Anwendung. — Die
Fortspinnung des Fadens wird allen erwünscht sein,
die dem Kunstschaffen sein Ideal zu erhalten bezw.
wiederzugewinnen suchen. D.