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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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345

1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

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so verschieden der aufgebotene Schmuck. Um die
Cuppa schlingen sich Rundstäbe, kriechende Laub-
ornamente, Bestiarien, Reliefs unter Deckbögen, fort-
laufende Szenen usf. — Der Herr Verfasser bemüht
sich, diese Darstellungen zu erklären; in gar vielen
Fällen aber ist eine gewisse Unsicherheit zurückge-
blieben, weil in dem Gebiete der Kunstsymbolik noch
manche dunkle Seite sich findet. Sehr häufig sieht
man am oberen Rande der Cuppa Fratzengestalten
oder auch ausgeführte menschliche Köpfe. Welche
Bedeutung unterliegt diesen Formen ? Nach der An-
sicht des Herrn Verfassers sollen die vier Paradieses-
fidsse angedeutet sein. Diese Auffassung ist nicht
zu verwerfen, aber nach dem Weiheformular des
Taufwassers am Karsamstag sind zunächst die quattuor
mundi partes zu verstehen und erst in zweiter Linie
die Paradiesesflüsse oder die Evangelien. An einem
romanischen Taufstein in Altdorf (Diözese Augsburg)
ist die Vierteilung durch menschliche Figuren, welche
als Köpfe die vier Evangelistensymbole tragen, hervor-
gehoben. Eine ähnliche Erklärung aus der Liturgie
mag auch bei dem \p an dem Taufstein zu Hoptrup
(S. r>4) zutreffen. Dieses sonderbare Zeichen ist in
dem angeführten Weiheformular noch in jedem römi-
schen Meßbuch eingedruckt und wird als sogen. Ez-
kreuz gedeutet. Die beiden vertikalen Striche links und
rechts können als Einrahmung gelten. Der Adler
findet leicht seine Erklärung in der Stelle Js. 40, 21;
der Löwe als leo rugiens in den Exorzismen des
Weiheritus und der Hase in der Aufmunterung der
Täuflinge, das Heil in Furcht und Zittern zu wirken
(Phil. 2, 12) oder in der Verfolgung, welcher der
gläubige Christ nicht entgeht. Tertull. ad nat. II 3.
Wird einmal bei dem Hasen diese altchristliche
Deutung angenommen, so dürfen wir auch bei dem
Pferde mit der Fahne (Abb. 28) an ein altchristliches
Symbol denken (Boldetti osserv. I, 216, Garrucci
arte crist. V, 48/, Kraus, Realenc. II, 273), welches
ermahnt, nach der Taufe auf der Rennbahn des
Lebens tüchtig zu laufen. I. Cor. 9, 24. Eine andere
Deutung möchte ich auch auf dem Taufsteine zu Borby
(Abb. 16) der Hand geben, welche einen Gegenstand
aus den Lüften anbietet. Wenn die Abbildung nicht
täuscht, haben wir in diesem Gegenstand nicht ein
Salbfiäschchen zu sehen, sondern ein Geldsäckchen
mit den siliquae, welche nach Ordo rom. I und VII
den Getauften zur Erinnerung an die in der Taufe
empfangenen Gnaden (Zeno Ver. II, tract. 35) zukamen.
Es wird niemand den Grundsatz bestreiten, daß den
Darstellungen an Taufsteinen solange eine baptismale
Deutung zu unterlegen ist als möglich. Auch der
Herr Verfasser wird diesen Grundsatz nicht verwerfen
können, da er in seiner ganzen lehrreichen Abhand-
lung auf die örtlichen Verhältnisse des meerum- >
schlungenen Schleswig-Hülstein soviel Gewicht legt
und Folgerungen daraus zieht.

München. Andreas Sehmid.

Die im letzten Jahrzehnt über Fra Angelicos künst-
lerische Entwicklung und Bedeutung eifrigst gepflegte
Forschung hat sein kunstgeschichtliches Niveau noch
gehoben, und der Verfasser der vorstehenden Mono-
graphie hat sein, hier bereits Bd. VIII, Sp. 357, be-
sprochene I. Auflage, dieser Hebung, die für ihn
mehr den Charakter der Bestätigung hatte, ent-
sprechend erweitert, so daß die neue Auflage erst
recht auf der Höhe steht. Vor allem kommt es ihm
darauf an, nachzuweisen, daß Fiesoles Gemälde der
Widerschein seines Seelenlebens sind, die Pinsel-
sprache seiner Gläubigkeit, Innigkeit, Frömmigkeit.
i Diese Eigenschaften waren aber weit entfernt, ihn ab-
zuhalten von der Teilnahme an den Fortschritten der
Zeit, ihres Gedanken- und Formenwandels, wie ihrer
technischen Errungenschaften. Der Wechsel des Do-
mizils und der Umgebung, der Einfluß der zeit-
genössischen Künstler und Besteller wirkten hierbei
mit, und es ist von hohem, speziellem, wie all-
gemeinem kunsthistorischen Interesse, an der Hand
eines so kundigen Interpreten, und so vieler, guter
Abbildungen, die zum Teil gerade für diesen Zweck
ausgewählt sind, dieser Entfaltung des künstlerischen
Genius zu folgen, dessen Hauptwert gleichwohl viel-
mehr in dem bestand, was ihm blieb, als was ihm
zuwuchs. Fra Angelicos Lebens- und Künstlerlauf ist
hier klar vorgelegt, unter besonderer Berücksichtigung
der Quellen, aus denen er schöpfte, der Ideen, die
er verkörperte, der Typen, die er schuf, der Faiben-
stimmung, die er bevorzugte. Im Hinblick auf die
letztere, die trotz, vielleicht wegen ihrer Einfach-
heit, Klarheit, Folgerichtigkeit, vereinzelt Beanstan-
dung erfahren hat, wäre für das sonst so glänzend
ausgestattete Buch die Beigabe mindestens einer guten
Farbentafel am Platze gewesen. Der energische
Schlußappell an die Künstler unserer Tage, den
Spuren des erhabenen Meisters zu folgen, möge hier
kräftigst unterstrichen werden! Schnütgen.

Fra Giovanni Angelico da Fiesole. Sein
Leben und seine Werke. Von Stephan
Beissel S. J., II. vermehrte und umgearbeitete
Auflage. Mit 5 Tafeln und 89 Textbildern. 4°
(XII u. 128). Herder, Freiburg. (Preis 8,50 Mk.;
gebunden in Orig.-Leinwandband 11,— Mk.)

L'Exposition des Primitifs Francais, par
Georges Lafenestre. Membre de l'Institut.
Gazette des Beaux-Arts, Paris 1904.
Die glänzende und erfolgreiche Ausstellung der
sogen. Primitiven Flanderns zu Bruges im Jahre 1902
hat die zahlreichen Liebhaber der französischen Primi-
tiven bestimmt, von diesen im laufenden Jahre zu Paris
eine Schaustellung zu veranstalten und ein Entwick-
lungsbild zu liefern, das sehr viel Beachtung und An
erkennung gefunden, sehr aufklärend gewirkt hat.
Als feinsinnige Frucht derselben erscheint das vor-
liegende, geistvoll geschriebene Buch, das in 11 Ka-
piteln an der Hand von 82 tadellosen Abbildungen
über die französische Tafelmalerei informiert, wie sie
sich vom XIV. Jahrh. bis in den Anfang des
XVI. Jahrh. in künstlerischer und territorialer Be-
ziehung entfaltet hat.

Die Vorläufer der Wand-, Miniatur- (und Glas-)
maierei (in gewissem Sinne auch der Plastik) illustrieren
den Anfang im XIII. Jahrh., und wie in den beiden
folgenden Jahrhunderten der Fortschritt in den ein-
zelnen Städten und Werkstätten sich betätigte, ge-
langt weitläufig zur Erörterung. Im XIV. Jahrh.
behauptete zunächst die Herrschaft die Schule von
Paris, anfangs altertümelnd, dann von der Renaissance
 
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