Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 27,3.1914

DOI Heft:
Heft 18 (2. Juniheft 1914)
DOI Artikel:
Wolf, Gustav; Schultze-Naumburg, Paul: Stadtbaupflege
DOI Artikel:
Bröcker, Paul: Das Schicksal des Knicks in Schleswig-Holstein
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14289#0456

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
aber auch, um eine allgemeine Baupflege einzuleiten. Line durchdachte
Bauordnung, eine gerechte Baupolizei, auch ein Ortsgesetz auf Grund
des preußischen Gesetzes vom Iuli l907, sind gewiß gut. Sie stellen
aber nur den verneinenden Teil der Baupflege dar, und etwas, das
aussieht wie Polizei in Kunstfragen, ist stets verrufen. Darum ist die
Ergänzung nach der bejahenden, fördernden Seite hin notwendig. Wenn
der Bebauungsplan nicht mehr als Sache des Tiefbauers allein, sondern
in erster Reihe als architektonische Aufgabe behandelt und wenn Bau-
beratung eingeführt wird, so ist auch das gut. Aber diese Maßnahmen
werden noch zu einzeln ergriffen. Zwischen dem Grundriß und
dem Aufriß der Stadt ein reines Verhältnis herzu-
stellen, das ist die wichtige neue Aufgabe; Bauordnung, Bebauungs-
plan, Bauberatung und Schutz gegen Verunstaltung müssen zusammen-
hängend der einheitlichen Gestaltung dienen.

Wir müssen uns zwar bewußt sein, daß wir eine Stadt nur in den
seltensten Fällen im strengsten Sinne einheitlich formen können, etwa
so, wie Karlshafen an der Weser, Erlangen, Karlsruhe in Baden und
in Oberschlesien, wie FriedrichstadL, Potsdam und das Berlin der ersten
Könige gedacht und begonnen waren. Durch die Wandelbarkeit der Städte,
durch die Menge und Verschiedenartigkeit der mitwirkenden Kräfte ist die
Stadt als Kunstwerk unmöglich gemacht, denn der Begriff des Kunst-
werkes schließt den des vollkommenen Fertigseins, der UnwandelbarkeiL
in sich ein. Ansere nächsten und drängendsten Aufgaben liegen auch gar
nicht in dieser Richtung. Ehe die Städte sich zur Kunstform entwickeln
können, müssen sie erst wieder dem natürlichen Empfinden, das heute
auf Schritt und Tritt verletzt wird, gerecht werden, wie ihm die yZwanglos
einheitliche" deutsche Stadt der Vergangenheit gerecht wurde. Der Begriff
der Einheitlichkeit braucht und darf also nicht mißverstanden und eingeengt
werden, er deckt sich nicht mit dem der Regelmäßigkeit, er kann auch in
biegsamen, ungebundenen Formen erreicht werden.

Wollen wir aber aus der maßlosen Bauverwilderung unserer SLädte
jemals herauskommen, dann brauchen wir als Richtpunkt die Vorstellung
von äußerster Klarheit und Schönheit, die Fdee eines aus einem einzigen
Willen heraus geformten Stadtganzen. And dafür ist in den streng
rhythmisch bemessenen Fürstenschöpfungen die überzeugendste Verwirk-
lichung gefunden. Gustav Wolf

Das Schicksal des Knicks in Schleswig-Holstein

er schleswig-holsteinische Knick verschwindet mehr und mehr, trotz«
dem er schon manchen warmherzigen Verteidiger gefunden hat. Seine
Freunde arbeiten fast nur mit idealen Gründen; die wirtschaftliche
Frage nach seinem Autzen oder Schaden wird nur gestreift. Das fällt
mir auf. Ich bedaure es, daß sich — meines Wissens wenigstens —
bisher noch kein landwirtschaftlicher Fachmann gefunden hat, der den
Knick mit wirtschaftlichen Gründen verteidigte. So mag denn der liebende
Laie den Fachmann so lange ersetzen, bis dieser — vielleicht durch den
Widerspruch gegen diese Zeilen geweckt — endlich in der öffentlichen
Heimatschutzarbeit seine Stimme erhebt!

Ich vermute, meine Leser wissen, was der schleswig-holsteinische Knick'
ist und wie er aussieht. Wer es nicht weiß, dem ist bisher eine schöne


368
 
Annotationen