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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 4
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Leixner, Othmar von: Die Stilwandlungen in der Architektur von 1750-1908, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0055

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DER BAUMEISTER • 1911 JANUAR.

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Arch. Hugo Eberhardt, Offenbach.

♦Landhaus „Adolfshütte“ in Dillenburg.

Vertretern der Romantik solche auch, die ziemlich strenge
Klassizisten bleiben und nur wenig vom romantischen Geist
berührt werden. In Grillparzer und Platen sehen wir zwei
Meister der Sprache, die überaus stark beeinflusst von der
Antike. In der Malerei wäre der Berliner Genelli ein inter-
essanter Vertreter der klassizistischen Richtung der romanti-
schen Zeit und viel später folgt ein Architekt Theophil Hansen,
der durch die Romantik sich in die lichten Höhen der
griechischen Klassik aufschwingt. Er leistet Schinkel Gefolg-
schaft und am Wiener Parlament zeigt er uns sein hohes

Streben zu einer Zeit, wo die italienische Renaissance be-
reits siegreich ihren Einzug gehalten. In jener Zeit, wo die
romantische Schule allerorts in Blüte, vielfach noch im Wett-
streit mit der alten klassischen Richtung auftritt, sehen wir
bereits auf dem Gebiete der Wissenschaften und der Philo-
sophie neue Ideen Eingang finden, die im Verlaufe der Zeit
auch die Kunst in ihren Bann ziehen sollten. Im Gegensatz
zur träumerischen, schwärmerischen Stimmung, die Poesie
und Kunst der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts beherrscht,
sehen wir in Philosophie und Wissenschaft ein Streben nach
Klarheit, ein immer kräftigeres Auf-
treten der Kritik. Die Naturwissen-
schaften zeigen uns erste Vertreter,
auf physikalischem, chemischem, phy-
siologischem und zoologischem Ge-
biete sehen wir hochbedeutsame Fort-
schritte. Liebig, Darwin, Mayer und
andere stehen an der Spitze. Die
grossen Reisen, die Entdeckungs-
fahrten bringen auch auf geographi-
schem Gebiete neue Errungenschaften.
Der gleich kritische Zug zeigt sich
auf dem religiös-philosophischen Ge-
biete, Namen wie Strauss und Feuer-
bach seien hier genannt.
Auf dem Gebiete der Geschichte
sehen wir zahlreiche Forscher tätig,
ein tiefes, gründliches Quellenstudium
überall; in Ranke erscheint der erste
grosse Historiker der objektiven Rich-
tung. Auch auf dem Gebiete der Li-
teratur und Kunstgeschichte sehen wir
diese neue streng kritische Richtung
siegreich zur Herrschaft kommen;
Kugler und Schnaase müssen zu
ihren ersten Führern gezählt werden.
Verfolgen wir die Zeit der fünfziger
und sechziger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts, so sehen wir nur die
Weiterentwicklung dieser Ideen. In
der Philosophie ein auffallendes Stei-
gen der materialistischen und pessi-
mistischen Anschauungen, in den
Naturwissenschaften ein immer tieferes
Eindringen in die Geheimnisse des
Weltalls, Männer wie Darwin, Helm-
holtz, Kirchhoff, Bunsen und Virchow
repräsentieren diese Zeit. In der Litera-
tur äussert sich der Einfluss der Ge-
schichtsforschung überaus kräftig,
Ebers, Frenzei, Scheffel und Dahn
mögen hier kurz genannt werden.
 
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