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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 4
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Bruck, Robert: Unsere Bauten
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Leixner, Othmar von: Die Stilwandlungen in der Architektur von 1750-1908, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0051

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DER BAUMEISTER • 1911 JANUAR.

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und bietet im Hofe wie in den einzelnen Strassen
charaktervolle Bilder. Es ist dringend zu wünschen,
dass auch die Umgebung der Lehranstalten (vergl.
Tafel 27/28,33) entsprechend dem hier gemachtenVor-
schlage ausgebildet wird und nicht eine anderweitige
Lösung von dritter Seite, selbst wenn sie noch leid-
lich ausfallen sollte, erfährt, die das Gesamtresultat
in Frage stellt. Die Gelegenheit, ein gross angelegtes
Architekturbild verpasst zu haben, dürfte später sehr
bereut werden. Wir kommen auf diese Bauten noch
später zurück und werden der Angelegenheit unsere
Aufmerksamkeit widmen.

Die Stilwandlungen in der Architektur
von 1750-1908.
Von Professor Othmar von Leixner.
(Fortsetzung aus Heft 3.)
Für die erste Zeit der Romantik erscheint München
als ein wichtiges Zentrum der Baukunst, in Gärtner
erscheint der Hauptvertreter dieser Richtung. Die
Ludwigskirche, Allerheiligenhofkirche und die Basilika
spiegeln uns deutlich die Kunstanschauungen dieser
Zeit wieder. Im Innenraum der Basilika zu München



♦Empfangszimmer des „Dresdner Anzeigers“, Dresden.
zogen, lässt sich überaus schön in Wien verfolgen. Betrachten
wir den Nordbahnhof, wie eigenartig vereinen sich hier
romanische, byzantinische, arabische und gotische Form-
gedanken, Bergersjohanniskirche in München-Haidhausen be-
einflusst, mischt langobardische, byzantinische und Frührenais-
sanceformen. Bis in die sechsziger Jahre lässt sich noch diese
Unklarheit verfolgen, die alte Handelsakademie ein Beispiel
dieser Art. Weit gereifter tritt uns die romantische Richtung
bei Ferstels alter Nationalbank entgegen (Militärkasino), hier
zeigt sich ein sehr kräftiger Einschlag der Florentiner Gotik, die
Loggia der Lanzi tritt uns da und dort im Detail entgegen. Auch
Hansens Waffenmuseum im Arsenal atmet noch romantischen
Geist, wenn auch hier die byzantinische Richtung von ein-
zelnen Details überaus kräftig zum Durchbruch kommt.
An der Grenze der Romantik in Wien steht der Bau der
Hofoper von Van de Null und Siccardsburg. Schon scheint
das Mittelalter überwunden, schon meldet sich die Renais-
sance zum Wort, wohl als Frührenaissance noch gemischt
mit gotischen Formelementen. Vom Karltheater derselben
Meister bis zur Oper ein weiter Weg, der aber zeigt eine
Weiterentwicklung der Architektur im Sinne der Stilreinheit.
FranzösischerGeist weht aus den Arbeiten der beiden grossen
Meister; Frankreich beginnt auch zuerst literarisch den Stoff
der Renaissance aufzuarbeiten, wie überhaupt französische
Architekten für die Publikation der französischen und italieni-
schen Renaissancearchitekturen die grösste Bedeutung ge-
wonnen haben. Die Pariserschule sehen wir daher auch bereits
frühe im Zeichen einer Renaissancebewegung. Gottfried
Semper, den wir später auch in Wien kennen lernen sollen,
verdankt seine klassische Richtung, die der mittelalter liehen Kunst

♦Empfangszimmer des „Dresd. Anzeig.“, Dresden.
hat wohl die romantische Richtung
Deutschlands ihre Höhe erreicht.
Nachdem das Hauptgebiet der älte-
sten Baukunst aufgearbeitet war,
wendete man sich der mittelalter-
lichen Kunst der Romantik und Go-
tik zu. 1842 erscheint das grosse
Werk von Boisseree über den Kölner
Dom und in rascher Folge sehen
wir in den fünfziger Jahren die
grossen Monumentalwerke über
mittelalterliche Kunst folgen. In die-
ser Zeit beginnen die Ansätze der
Denkmalspflege, 1850 wird in Wien
die Zentralkommission gegründet.
1856 erscheint der erste Jahrgang
der Mitteilungen dieses Institutes.
Betrachten wir die ersten Jahrgänge
dieser Zeitschrift, neue mittelalter-
liche Kunst tritt uns da entgegen.
Die Unklarheit der Romantik, da-
durch begreiflich, dass die kunst-
geschichtliche Forschungnoch nicht
die Künstler zum klaren Sehen er-

Landhaus in Mittel-Schn ibeihau Bibliothek.
♦Arch. Fritz Schumacher, Hamburg.
 
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