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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 5
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Unsere Bauten
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Leixner, Othmar von: Die Stilwandlungen in der Architektur von 1750-1908, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0062

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54

DER BAUMEISTER • 1911, FEBRUAR.


♦Schloss Hirschberg am Haarsee. Teilansicht aus der Halle.

als Beispiele angesehen werden für
die handwerkskünstlerische Behand-
lung der Putzflächen des Münchner
Putzbaues jener Zeit.
Etwas Aehnliches, aber im Geist
der Neuzeit Empfundenes an die
Stelle des Alten zu setzen, waroffen-
bar das Bestreben des Architekten.
Der aristokratische Grundzug des
alten Architekturbildes macht in
dem neuen sich nicht minder deut-
lich bemerkbar. L.

DieStilwandlungen in der
Architektur von 1750-1908
Von Professor Othmar von Leixner.
(Fortsetzung aus Heft 4.)
Van der Nüll und Siccardsburg
gehen den betretenen Weg weiter,
für sie bleibt die französische
Renaissance massgebend, aber auch
sie werden stilreiner, indem sie
zur französischen Hochrenaissance
übergehen. Oper, Warenhaus Haas
und Palais Larisch gegenüber dem
Eislaufverein lassen die Entwicklung
schön erkennen. Wenden wir uns
Ferstel, einen Schüler der vorge-
nannten, zu. In der Romantik wur-
zeln seine Anfänge, aber bereits am Palais Ludwig Viktor sehen
wir ihn im Zeichen der Renaissance. Noch wirkt die französische
Architektur leise nach, aber sicher bereits tritt bei ihm das
Formengefühl für die Kunst Italiens auf. Mit vollendeter Sicher-
heit tritt sein Renaissancegefühl im Museumshof am Stuben-
ring zutage, noch grossartiger klingt uns die Formensprache der

Hochrenaissance im Arkadenhof der Universität entgegen,
an diesem Bau sehen wir ihn aber bereits auch die Formen-
sprache der späteren Renaissance verwenden, besonders glän-
zend an den Alessis Geist atmenden Hauptstiegen; die Stiegen-
lösungen sind überhaupt eine Stärke der Ferstelschen Kunst.
An der Votivkirche zeigt uns dieser Meister sein hohes Ver-
ständnis für die gotische Kunst, fran-
zösische Katedralgotik vornehmster
Art tritt uns an diesem Bauwerk ent-
gegen. Theophil Hansen, der grosse
Däne, der durch Förster von Athen
nach Wien berufen wurde, arbeitete
ebenfalls im Geiste der Renaissance,
nur sehen wir bei ihm eine Vereini-
gung der italienischen Fassaden-
komposition mit griechisch antikem
Detailwerk. Er selbst spricht von
einer griechischen Renaissance. Am
Parlament zeigt sich des Meisters
hohes Können, aber auch die ande-
ren Bauten, wie das Deutschmeister-
palais, die Börse etc., gehören mit
zum Besten dieser Zeit. Hansen
erscheint am Parlament als eine
sehr späte Ausgabe Schinkels, nicht
unbegreiflich, wo doch Hansen ein
begeisterterVerehrer dieses Meisters
war und in Athen Gelegenheit hatte,
griechische Kunst im Original zu
studieren. Die Restaurierung des
Lysikratesdenkmal in Athen, die er
im Verein mitSchaubert durchführte,
sollte für seine ornamentale Ent-
wicklung von allergrösster Bedeu-
tung werden. Dass Hansen bei sei-
nen Kirchenbauten den byzantini-
schen Stil zur Anwendung brachte,
ist selbstverständlich, erscheint doch
diese Stilart als eine Weiterentwick-
lung der hellenistischen Formen-
sprache. Die griechische Kirche am
Fleischmarkt zeigt uns den Meister
in dieser Richtung tätig. Friedrich
Schmidt, der dritte im Bunde, steht
vor uns als Vertreter der mittelalter-
lichen Architektur. Die Gotik, die
er pflegte, ist nicht stilrein, sie zeigt
sich als eine eigenartige Mischung
deutscher, flämischer, veneziani-
scher und nicht zuletzt lombardi-
scher Baugedanken. Am Rathaus
und am Sühnhaus kommt diese aus-
gesprochene Schmidtrichtung klar
zum Ausdruck. Ein charakteristi-


♦Arch. Karl Hocheder, München.

Schloss Hirschberg am Haarsee bei Weilheim. Rauch- und Spielzimmer.

sches Werk seiner Schule ist das
 
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