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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 6
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Leixner, Othmar von: Die Stilwandelungen in der Architektur von 1750-1908, [5]
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Oettingen, Wolfgang von: Vom spanischen Wohnhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0078

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DER BAUMEISTER • 1911, MÄRZ.



auf, wenn irgend ein altes lieb-
gewordenes Bauwerk einer neuen
Strasse zu Opfer fallen soll. Das
alte Reichskriegsministerium und
der Franziskanerplatz, zwei tref-
fende Wiener Beispiele für diese
Strömung. Die Baukunst sucht
wieder Anschluss an die alte boden-
ständige Kunst, ein sehr gesunder
Zug, der aber nicht dahin führen
darf, dass, wie es in Deutschland
vereinzelt geschieht, ein Elektrizi-
tätswerk, eine Badeanstalt, wie ein
Meierhof aussehen. — Auch hier
darf nicht das Extrem zum Durch-
bruch kommen. — Aus diesen Dar-
legungen sollte einesteils gezeigt
werden, wie die Architektur als
letzte Kunst sich neuen Bewegun-
gen anschliesst und wie sie immer
in ausgesprochener Weise von der
Literatur beeinflusst wird, beein-
flusst werden muss. Immer führ-
ten diese neuen Vorbilder zu in-

♦Eingang zum Betsaal.
mit ihren lieben kleinen Stadtbildern wieder lieb, die wir ehe-
dem wenig oder gar nicht betrachtet haben. Man lehnt sich
wieder gegen die rein verstandesmässige Ingenieurtechnik

teressanten Verwertungen und Um-
wertungen bei den Individualitäten,
zu einer einfachen, oft schlechten Kopie bei den Durchschnitts-
menschen, So war es nach Aufdeckung der Titusthermen,
ohne die die Grotteskornamentik Rafaels nicht denkbar, so


Arch. Pfeifer <& Grossmann, Karlsruhe.

♦Erholungsheim in Langensteinbach. Hauptportal.

war es nach Aufdeckung von Pom-
pei, dessen Reste überaus kräftig
die klassizistische Richtung des
Barocks beeinflussten. Dann kam
das grosse Napoleonwerk über
Aegypten und im Empire fand be-
reits die Kunst Aegyptens einen
Ausdruck. Wie wir gesehen ha-
ben, gilt dies auch für die Archi-
tekturentwicklung des XIX. und
XX. Jahrhunderts. Betrachten wir
die Zeit der Renaissance und Ba-
rocke, genau dasselbe Bild. Welche
Bedeutung haben doch die Stecher,
die deutschen Kleinmeister für die
Renaissance gehabt, wie bedeutend
war der Einfluss eines Berain, Le-
pautre etc. für die Barocke.

Vom
spanischen Wohnhause.
Von Prof. Dr. Wolfgang von Oettingen
Der Reisende, der auch nur einige
Teile von Spanien durchstreift und
sein Augenmerk dabei nicht bloss
auf Kirchen und Paläste, sondern
auch auf die Strassenbilder und
die Architektur der gewöhnlichen
Wohnhäuser richtet, wird bald zu
der Erkenntnis gelangen, dass dort
in allen älteren Städten und Stadt-
teilen ungefähr dieselbe Bauart
herrscht wie in Südfrankreich und
Süditalien, und dass weder die Wand-
lungen der Baustile noch die der
Kulturbedürfnisse das uralte Schema
in höherem Grade beeinflusst haben.
Der ganze romanische Süden von
Europa steht ja im wesentlichen
unter gleichen Existenzbedingun-
gen: überall ist dort die Sonne,
wenn sie scheint, übermächtig und
 
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