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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 7
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Heft 8
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Haas, B.: Zur Anwendung von Steinholz in der Bautechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0364

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55^^ DER BAUMEISTER,
1911, MAI IX. JAHRGANG, HEFT 8
Zur Anwendung von Steinholz in der Bautechnik.
Von B. Haas.

Die ungeschmälerte Zulässigkeit der Steinholzanwendung
erscheint durch im Düsseldorfer Architekten- und Ingenieur-
vereine jüngst verlautbarte Feststellungen fast fragwürdig,
weshalb diese in bautechnischer und chemo-technischer Be-
ziehung auch sehr sorgfältig zu untersuchen wären, ehe über
die ungeschmälerte Zulässigkeit der Steinholzanwendung end-
gültiges wie einwandfreies Urteil gefällt werden soll.
Fragliche Feststellungen bauen sich bekanntlich auf folgen-
dem Bauunfalle auf.
Oberhalb von massiven Zwischendecken waren recht magerer
Bimsbeton in dünner Schichte und darüber Korkestrich auf-
gebracht, dessen Bindemittel ein Gemenge von Magnesium-
oxyd und Magnesiumchlorid bezw. Magnesiumoxychlorid
bildete. Die in der Bimsbetonschichte gebetteten metall-
freien eisernen Gasrohre haben nach verhältnismässig kurzer
Nutzdauer zufolge sehr erheblicher Zerstörungen beseitigt
werden müssen, weil sie die Benützung des Baues ernstlich
gefährdeten. Der mit Untersuchung der Rohrzerstörungen
betraute Sachverständige führte als Ursachen der ersteren an,
dass überschüssiges Magnesiumchlorid in die porösen mageren
Bimsbetonschichten gedrungen ist, woselbst der Magnesium-
anteil des Magnesiumschlorides mit freier Kieselsäure des
Bimsbetons sich zu Magnesiumsilikat umgesetzt haben soll,
unter Abspaltung von Chlor. Dieses soll nachher die in
Bimsbeton gebetteten eisernen Gasrohre erheblich angefressen
und zerstört haben, weil es zufolge von Kalkmangel des Bims-
betons nicht zu Kalziumchlorid umgewandelt oder vielmehr
neutralisiert werden konnte. Der gleiche Sachverständige
führte ferner an, wenn der magere Bimsbeton mit fetter Zement-
mörtelschichte abgeglichen gewesen wäre, hätte das über-
schüssige Magnesiumchlorid des Estrichs nicht in die darunter
befindliche poröse Bimsbetonschichte sickern können, bezw.
wenn daselbst mehr Kalksalze gewesen wären, hätte das vom
Magnesiumchlorid abgespaltene Chlor die eisernen Gasrohre
nicht anfressen oder zerstören können.
Folgende Würdigung dient dem Nachweise, dass die im
Düsseldorfer Architekten- und Ingenieurvereine verlautbarten
Feststellungen deshalb sehr gründlicher Aenderung bedürfen,
weil sie sich lediglich auf vorangeführtes Urteil stützen, dessen
Einzelheiten aber bei eingehender Untersuchung nachweisbar
weder mit aus der Erfahrung abgeleiteten, noch mit wissen-
schaftlichen Beweisgründen in Einklang zu bringen sind.
An vorbeschriebener Deckenausbildung fällt es sofort auf,
dass ihre tragenden Flächen mit Bimsbeton und Korkestrich-
schichte überdeckt worden sind. Aus der Tatsache, dass
eiserne Gasröhren in der unteren Bimsbetonschichte gebettet
waren, ist es noch keinesfalls abzuleiten, als ob der Bau-
leitende die Gasröhren vorsorglich isolieren wollte. Fragliche
Bimsbetonschichte kann und muss vielmehr lediglich als
Abgleichschichte erachtet werden, deren Herstellung vielleicht
deshalb geboten erschien, weil die tragenden Deckenflächen
entweder zu tief angesetzt waren, weil ihre Gesamtstärke
entweder übereilt festgesetzt wurde, oder weil sie zufolge
ziemlicher Gefällsunterschiede mit billiger wie leichter Auf-
tragsschichte abgeglichen werden mussten, welche Abglei-
chung mit Korkestrich zu teuer gewesen wäre. Indem schon
5 cm starke Korkestrichschichte erfahrungsgemäss weit-
gehende Isolierung gegen Wärme oder Schallwirkung ver-
mittelt, ist es auch nicht zu begründen, warum diese sehr gut
isolierende Zwischenschichte noch mit einer diesbezüglich
minder gut wirkenden Unterlagsschichte ergänzt wurde.
Und dass vorsorgliche oder beabsichtigte Isolierung der Gas-
rohren zur Herstellung der Bimsbetonschichte keinen Anlass
geboten haben kann, geht vorwiegend daraus hervor, weil
es dem Bauleitenden allem Anscheine nach nicht bekannt war,
dass die Ausbildung und Verbindung der zwei beschriebenen
Zwischenschichten erfahrungsgemäss unbedingt zur Zerstörung
von in diesen gebetteten metallfreien Gasröhren führen muss,
auch wenn die Estrichschichte überschüssiges Magnesium-
chlorid nicht aufgewiesen hätte, und auch wenn die Bims-
betonschichte mit fettem Zementmörtel abgeglichen, bew.
mit genügendem Kalküberschusse hergestellt worden wäre.
Diese wichtige Tatsache ist sachgemäss wie gewissenhaft
arbeitenden Gewerkmeistern der Steinholztechnik nachweis-
bar schon seit langen Jahren bekannt, und von diesen sind
schon seit gleich langem Zeiträume mit verschiedensten
Schutzanstrichen von Eisen und sonstigen Metallröhren ver-
gleichende Versuche vorgenommen worden, um den zweck-
mässigsten Schutzanstrich für erstere festzustellen. Ohne
vorsorglicher wie sorgfältiger Anbringung desselben werden
besonders metallfreie Eisenröhren durch Magnesiumchlorid
bezw. durch Steinholzgemenge erfahrungsgemäss stets erheb-

lich angefressen, welche Anfressungen durch wechselnde Ein-
wirkungen von Wärme und Kälte, bezw. von Trockenheit
und Feuchtigkeit oder Kondensierungen noch wesentlich ge-
fördert werden. Diese Anfressungen haben im vorliegenden
Falle auch nur deshalb eingesetzt, weil jedes Steinholz bis
zur Erhärtung stets mehr oder minder erhebliche Menge un-
gebundenen Mahnesiumchlorides enthält, weil jedes Steinholz-
gemenge genügend feucht aufgebracht werden muss, und
weil aus diesem genügend feuchten Gemenge um so mehr
Magnesiumchlorid von der jeweiligen Unterlage abgesaugt
wird, je mehr ungebundenes Magnesiumchlorid vorhanden ist,
je saugfähiger die Unterlage ist und je länger diese mit dem
noch nicht abgebundenen bezw. erhärtetem Steinholzgemenge
vereint bleibt. Auch ist es durch zahlreiche Ausführungen
erwiesen, dass Magnesiumchlorid selbst in vollkommen er-
härtetem Beton mehr oder minder tief eindringt, wenn dieser
bei Berührung mit dem ersteren trocken war, wobei die hy-
groskopische Eignung des Magnesiumchlorides sein Vor-
dringen in mageren Beton wesentlich fördert. Aus diesem
Grunde entwässert jede trockene und saugfähige Unterlags-
schichte die darüber aufgebrachte Steinholzschichte früh-
zeitig, bezw. sehr unvorteilhaft, und aus diesen Grunde ver-
raten derart aufgebrachte Steinholzschichten auch niemals
genügende Elastizität und Härte, weil ihr Magnesiumchlorid-
gehalt eben zu früh vermindert wurde. Es muss daher als
technischer Mangel bezeichnet werden, wenn, wie im vor-
liegenden Falle, Steinholzgemenge auf trockenen wie mageren,
bezw. auf porösen und dünnen Zwischenschichten aufgebracht
wurde. Die Anfressungen der metallfreien Eisenröhren er-
folgten denn auch im vorliegenden Falle nur deshalb, weil
solche Röhren nachweisbar schon durch Magnesiumchlorid
allein stets angegriffen werden, und hat der Angriff im vor-
liegenden Falle nur zufolge vorbeschriebener vollkommen un-
sachgemässen Behandlung der Bimsbetonschichte und Gas-
rohren, wie auch zufolge vorbeschriebener wechselnder Ein-
wirkungen der Zwischendecken solch ungewöhnlichen Umfang
annehmen können.
Keinesfalls dient es zur Entlastung der Bauleitenden, dass
sie fragl. Schutzanstrich der Metallröhren mitunter unmittel-
bar vor Aufbringen der Steinholzschichten vornehmen lassen,
so dass der wichtige Zweck des Schutzanstriches förmlich
vergewaltigt bezw. vorweg abgeschwächt oder vernichtet wird.
Denn wenn der Schutzanstrich der Metallröhren beim Auf-
bringen der Steinholzschichten noch nicht genügend er-
härtet ist, wird er durch das Aufbringen der ersteren mehr
oder minder zerstört. Noch eigentümlicher muss es aber an-
muten, dass die Zweckdienlichkeit fraglichen Schutzanstriches
vielen Bauleitenden überhaupt nicht bekannt ist, bezw. nicht
als dringend erforderlich erscheint. Denn nur so ist es zu
erklären, warum solche Schutzanstriche in vielen Voran-
schlägen bei den einschlägigen Arbeiten überhaupt fehlen,
warum solche Schutzanstriche nicht selten in vorbeschriebener
unsachgemässen Weise aufgebracht werden, und warum die
Anfressungen der eisernen Gasröhren im Düsseldorfer Archi-
tekten- und Ingenieurvereine gewissermassen als unbekannte
Neuerscheinung hingestellt wurden.
Zur teilweisen Entlastung dieser unzutreffenden Annahme
mag es dienen, dass sie sich auf dem Urteile eines Sach-
verständigen aufbaut, von dem folgerichtig zu erwarten ist,
dass er das zu beurteilende Gebiet auch gründlich beherrscht
oder beherrschen sollte. Diese Annahme wird aber durch
das Urteil des Sachverständigen selbst widerlegt.
Denn es ist leicht nachzuweisen, dass reines Magnesium-
chlorid mit selbst halbwegs gut erhärtetem Beton irgend-
welche belangreiche schädliche Verbindungen nicht gut
eingehen kann, und dass unreines Magnesiumchlorid in gleich-
artigen Fällen zur Einleitung erheblicherer schädlicher Wir-
kungen kaum befähigt ist, auch wenn die Verunreinigungen
von Magnesium oder Kaliumsulfat herrühren , wie solche in
Magnesiumendlauge fast stets enthalten sind. Nun ist bekannt-
lich nachträglich nicht gut nachzuweisen, ob bei Herstellung
von Steinholzschichten mehr oder minder reines Magnesium-
chlorid oder mehr oder minder reine Endlauge verwendet
wurde, da die Herstellenden hierüber bestimmtes und zu-
verlässiges Urteil nicht abgeben und zumeist auch deshalb
nicht abgeben können, weil die Endlauge im Handel nicht
selten als flüssiges Magnesiumchlorid bezeichnet wird, dessen
vorsorgliche genauere Untersuchung deshalb fast stets ent-
fällt, weil es sehr billig ist. Vorwiegend werden aber solche
Nachweise durch die Umbettungen des Steinholzes behindert,
in die ihr Gehalt an Magnesiumchlorid mehr oder minder
tief eingedrungen ist. Zudem haben die auf vorliegendem
 
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