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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 6
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Leixner, Othmar von: Die Stilwandelungen in der Architektur von 1750-1908, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0076

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68

DER BAUMEISTER • 1911 MÄRZ.

München zeigt wieder frühzeitig An-
schluss an einen strengeren Klassizismus,
ein Beispiel die Villa Stuck, bald sehen
wir den Klassizismus stärker durch-
dringen. Dülfer, der grosse Münchner
Meister, muss hier genannt werden,
Messel folgte ihnen bald nach. So konnten
wir vor geraumer Zeit wieder griechisch-
dorische Säulen erstehen sehen, das
Volkstheater in München, das Land-
gericht von Messel (Stiegenhaus). Der
strenge einfache Zug der allerorts durch
die Moderne ging, führte von selbst die
Künstler wieder zum Empire. Blicken
wir zurück, wo die Wiener Architektur
zu Anfang der neunziger Jahre stehen-
geblieben, beim Louis-seize. Folgerichtig
kam das Empire daran nur auf dem Um-
weg über die Moderne. Man kann daraus
deutlich die strengen Gesetze der Kul-
tur und Kunstbewegungen verfolgen. —
Da hilft kein Auflehnen, ruhig geht die
Kultur und damit ihre konsequent
wechselnden Anschauungen weiter ihren
Weg. Und mitten in den Tagen einer
egoistisch denkenden Zeit, die nur das
Ausleben des eigenen Ichs verlangte,
sehen wir Strömungen zutage treten,
die das ethische Moment in den Vorder-
grund geschoben wissen wollen. Wieder
weht romantische Luft durch Deutsch-
lands Gauen, ein Zeichen, dass sich
ein gut Teil der Menschheit noch etwas
Seele bewahrt. Man zieht gegen die
neue Kunst zu Felde, die rücksichtslos
das alte zerstört, gleichzeitig aber auch


♦Arch. Henn. Billing u. Vittali, Karlsruhe.

Entwurf zu einem Bahnhofsgebäude für Karlsruhe. Schalterhalle.

gegen jene Kunst, die im Banne der Historie steht, aber
planlos schafft. Das erste Zeichen dieser Strömung in der
Baukunst, der Ruf nach Heimatschutz und Heimatskunst.
Dank sei jenen braven Vorkämpfern auf diesem Gebiete,
Lichtwark, Muthesius und Schultze-Naumburg stehen hier

an erster Stelle, Dank den bayerischen Architekten, die zu-
erst die Heimatskunst in bester Form praktisch gepflegt.
Allerorts zeigt sich dieser romantische Zug, neben einer
überrealistischen modernen Literatur, die vielfach rein sexual
zu beurteilen, sehen wir heute schon wieder die alten


*Arcb. Cürjel u. Moser, Karlsruhe.

Ausstellungsgebäude für Karlsruhe. (Grundriss Tafel 46/47.)
 
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