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Kreis Langensalza.
Steine dargestellt ist, und noch gegenwärtig im Stadtsiegel (Fig. 58.) geführt wird. —
Die Stadtmauer , von welcher nur auf beiden Seiten des Steinthores noch Reste
vorhanden sind, war von keiner Bedeutung und hat wohl niemals Thürme gehabt.—
Die steinerne Brücke über die Unstrut war dem Schutze des h.Nicolaus befohlen;
ein vor dem Dammthore bei derselben befindlicher Bildstock mit der Statuette des
Heiligen wurde vor etwa 50 Jahren spurlos gestohlen. — Die landesfürstliche Burg, die
1544 von Kurfürst August an Sittich von Berlepsch überlassen war, ging 1858
in sehr baufälligem Zustande mit den dazu gehörigen Ländereien für 44200 Thlr. an
die Stadtgemeinde über und wurde, bis auf einen alten viereckigen Thurm am
nördlichen Ende, abgebrochen. Das Terrain sammt dem Wallgraben ist in Harten
und Feld verwandelt. In der Nähe des Thurm.es befindet sich ein Ackerstück, ge-
nannt „der Blutacker“. Eine bei dem Schlosse belegen gewesene Kapelle S.
Mauritii existirte anscheinend schon längst nicht mehr.
Die Bfarrkirche S. Georg, deren Gründung unbekannt ist, taucht seit dem
14. Jahrh. in den Urkunden auf. Im J. 1459 wird in derselben ein Altar des h.
„Ciliax“ (so!) erwähnt, und 1501 auf der rechten Seite vor dem Chor durch den Weih-
bischof Johannes von Sidon ein Altar der h. Anna geweiht und zugleich „aus
besonderer Vorsicht“ die Kirche nebst dem Kirchhofe (die also im Verdachte der
Entweihung stehen mussten) wieder gesühnt. Bei dieser Gelegen-
heit bewilligte der Consecrator für diejenigen, welche die Kirche
an bestimmten Festtagen und am Tage der Kirchenweihe, Sonn-
tags vor S. Job. Bapt. andächtig besuchen würden, einen Herzig-
tägigen Ablass*). Das vorhandene, 1873 renovirte Kirchengebäude
stammt aus verschiedenen Jahrhunderten. An das aus dein J.
1669 herrührende Schiff schliesst sich östlich der aus der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts stammende, ziemlich schwerfällige
Thurm mit schlanker, von vier Eckthürmclien begleiteter Spitze.
Derselbe hat sowohl im Erdgeschoss, das als Altarraum dient und
mit einem Kreuzgewölbe überdeckt ist, als in der Glockenhöhe
Spitzbogenfenster von kurzen Proportionen, die mit Maasswerk
gefüllt sind. Vergl. Fig. 59.
Auf der Südseite des Thurmes ist die Sacristei angebaut.
An deren Südwand befindet sich über dem Fenster in einer
Nische mit etwas niedrigem Spitzbogen eine kleine beschädigte
Reiterstatue des h. Georg aus Holz. Die Minuskelschrift um die Nische ist auch
beschädigt und zeigt nur noch folgendes:
ano . bnt . IR . cccc . I.c jhuctura je.. t... nffp
*) Hiermit hängt wohl ohne Zweifel der sogen. „ Thamsbrücker Ablass“ zusammen, welcher
am Montag vor Johannis als ein rein bürgerliches Volksfest noch jetzt durch einen Auszug
der bewaffneten Bürgerschaft nach dem Commune-Rieth alljährlich gefeiert wird. Die damit
verbundene Berennung, Vertheidigung und endliche Capitulation der Stadt, bei welchem kriege-
rischen Spiel es bisweilen auch blutige Köpfe setzt, soll angeblich den Kriegsruhm verewigen, den
sich 30 Bürger der Stadt „bei dem ostfriesischen Zuge“ (im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts?)
erwarben“ und dafür mit einer Fahne belohnt wurden, welche hei dem Ahlassauszuge figurirt
und 1875 erneuert wurde. — Lediglich der nicht mehr verstandene Name „Ablass“ hat wohl
später dazu verleitet, den Ablasskrämer Tezel mit in das Volksfest zu ziehen.
Kreis Langensalza.
Steine dargestellt ist, und noch gegenwärtig im Stadtsiegel (Fig. 58.) geführt wird. —
Die Stadtmauer , von welcher nur auf beiden Seiten des Steinthores noch Reste
vorhanden sind, war von keiner Bedeutung und hat wohl niemals Thürme gehabt.—
Die steinerne Brücke über die Unstrut war dem Schutze des h.Nicolaus befohlen;
ein vor dem Dammthore bei derselben befindlicher Bildstock mit der Statuette des
Heiligen wurde vor etwa 50 Jahren spurlos gestohlen. — Die landesfürstliche Burg, die
1544 von Kurfürst August an Sittich von Berlepsch überlassen war, ging 1858
in sehr baufälligem Zustande mit den dazu gehörigen Ländereien für 44200 Thlr. an
die Stadtgemeinde über und wurde, bis auf einen alten viereckigen Thurm am
nördlichen Ende, abgebrochen. Das Terrain sammt dem Wallgraben ist in Harten
und Feld verwandelt. In der Nähe des Thurm.es befindet sich ein Ackerstück, ge-
nannt „der Blutacker“. Eine bei dem Schlosse belegen gewesene Kapelle S.
Mauritii existirte anscheinend schon längst nicht mehr.
Die Bfarrkirche S. Georg, deren Gründung unbekannt ist, taucht seit dem
14. Jahrh. in den Urkunden auf. Im J. 1459 wird in derselben ein Altar des h.
„Ciliax“ (so!) erwähnt, und 1501 auf der rechten Seite vor dem Chor durch den Weih-
bischof Johannes von Sidon ein Altar der h. Anna geweiht und zugleich „aus
besonderer Vorsicht“ die Kirche nebst dem Kirchhofe (die also im Verdachte der
Entweihung stehen mussten) wieder gesühnt. Bei dieser Gelegen-
heit bewilligte der Consecrator für diejenigen, welche die Kirche
an bestimmten Festtagen und am Tage der Kirchenweihe, Sonn-
tags vor S. Job. Bapt. andächtig besuchen würden, einen Herzig-
tägigen Ablass*). Das vorhandene, 1873 renovirte Kirchengebäude
stammt aus verschiedenen Jahrhunderten. An das aus dein J.
1669 herrührende Schiff schliesst sich östlich der aus der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts stammende, ziemlich schwerfällige
Thurm mit schlanker, von vier Eckthürmclien begleiteter Spitze.
Derselbe hat sowohl im Erdgeschoss, das als Altarraum dient und
mit einem Kreuzgewölbe überdeckt ist, als in der Glockenhöhe
Spitzbogenfenster von kurzen Proportionen, die mit Maasswerk
gefüllt sind. Vergl. Fig. 59.
Auf der Südseite des Thurmes ist die Sacristei angebaut.
An deren Südwand befindet sich über dem Fenster in einer
Nische mit etwas niedrigem Spitzbogen eine kleine beschädigte
Reiterstatue des h. Georg aus Holz. Die Minuskelschrift um die Nische ist auch
beschädigt und zeigt nur noch folgendes:
ano . bnt . IR . cccc . I.c jhuctura je.. t... nffp
*) Hiermit hängt wohl ohne Zweifel der sogen. „ Thamsbrücker Ablass“ zusammen, welcher
am Montag vor Johannis als ein rein bürgerliches Volksfest noch jetzt durch einen Auszug
der bewaffneten Bürgerschaft nach dem Commune-Rieth alljährlich gefeiert wird. Die damit
verbundene Berennung, Vertheidigung und endliche Capitulation der Stadt, bei welchem kriege-
rischen Spiel es bisweilen auch blutige Köpfe setzt, soll angeblich den Kriegsruhm verewigen, den
sich 30 Bürger der Stadt „bei dem ostfriesischen Zuge“ (im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts?)
erwarben“ und dafür mit einer Fahne belohnt wurden, welche hei dem Ahlassauszuge figurirt
und 1875 erneuert wurde. — Lediglich der nicht mehr verstandene Name „Ablass“ hat wohl
später dazu verleitet, den Ablasskrämer Tezel mit in das Volksfest zu ziehen.