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Sommer, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 1): Die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissenfels, Mühlhausen und Sangerhausen — 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.41153#0411

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Mühlhausen.

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künften benutzt wird. Der alte Name bezeichnet die frühere Bauart und Be-
stimmung desselben; es enthielt im Erdgeschosse eine offene Bogenhalle, unter
welcher die Bäcker ihre Waaren feil hielten. Die Oberetage hatte das Stadtgericht
inne, und wenn es urkundlich fest steht, dass im Mittelalter die Gerichtsverhand-
lungen auf dem Kirchhofe der Marienkirche, in cymeterio beate Virginis, (Urk. von
1297; Herquet Nr. 468) statt fanden, so könnte die Stätte der Brodlaube ge-
meint sein.
Das Fleischhaus, an der Ostseite des Marktes der Brodlaube gegenüber,
ein jetzt zum Abbruch bestimmter roher Renaissancebau aus dem J. 1577, diente
im Erdgeschosse zur Aufstellung der Fleischbänke und in den Obergeschosssen
den Tuch- und Gewandschneidern zum Feilhalten, sowie als Schüttboden für Ge-
treide etc. An den Portalen der beiden Schmalseiten, nördlich und südlich, steht
unter dem Brustbilde eines Gerüsteten die Inschrift: Got . zu . Eheren . vnd .
gemeinem . nutz . zu . wohlfart 1577, und an der Westseite über zwei Ein-
gängen: Wer . Got . vertravet . der . hat . wohlgebauwet 1577, Darunter
befindet sich auf jeder Seite des Einganges ein Wappen , von denen das eine
zwischen den Initialen B und H ein Steinmetz - Meisterzeichen enthält.1
Die Baulichkeiten der Hospitäler bieten nichts bemerkenswertlies. — Die
Höfe, welche im Mittelalter die Klöster Beuren (neben der unterstädtischen
Deutschordenscommende, erwähnt 1251 (bei Herquet Nr. 119), Zella (Ecke der
Regens- und Holzgasse), Annen rode (in der Holzgasse), Reifenstein (auf der
Pfuhlbrücke) und Völkenrode (am Untermarkt bei der Brunnenkressgasse mit
einer Hauskapelle und einem Brauhause, in Urkunden von 1284, a. a. 0. Nr. 315,
1294, a. a. 0. Nr. 433, 1305, a. a. 0. Nr. 560, und 1318, a. a. 0. Nr. 727 erwähnt)
besassen, sind längst in Privatbesitz übergegangen und zum Tlieil abgetragen.
Die Bürgerschützen - Compagnie, die sich im J. 1718 aus der Vereinigung
zweier älteren Schützengesellschaften der Stadt gebildet hat, besitzt noch von
diesen älteren Vereinen, die im J. 1583 als Schwamm schützen und Perschützen
bezeichnet wurden, zwei silberne Kleinode, welche bei feierlichen Aufzügen von
den Kleinodsmeistern zu beiden Seiten der Fahne getragen werden. Das älteste
ist das Kleinod der Schwammschützen, welches dem spätgothischen Stile zufolge
aus dem Anfänge des 16. Jalirh. herrühren dürfte und vielleicht schon der bereits
im J. 1406 vorkommenden Brüderschaft vom Schellbolzen (Grasshof S. 127) ge-
hört hat. Es besteht aus einem gegen zwei Pfund wiegenden runden Schilde
mit verziertem Rande, welches in einer vierpassartigen Vertiefung ein mit Aus-
nahme des Gesichtes vergoldetes Marienbild enthält. Die Jungfrau steht mit gefalteten
Händen unter einem reichen Baldachin, ihr Herz auf der Brust wird von sechs Schwer-
tern durchbohrt, die Taube des heil. Geistes schwebt über ihrem Haupte. I11 den bei-
den Seitenrunden des Vierpasses stehen zwei kleine, ebenso vergoldete Figürchen:
rechts ein Heiliger mit der Martyrpalme (anscheinend S. Stephan), links die heilige
Katharina mit dem zerbrochenen Rade in der rechten, und dem abwärts gekehrten
Schwerte in der linken Hand. Zum Umhängen des Kleinods dient eine aus 92 Ringen
bestehende silberne Panzerkette, an welcher 11 Wappen Schildchen befestigt sind,
deren ältestes vom J. 1623 datirt. Ausserdem hängen noch unten an dem Klei-

1 Vergl. Flugblatt des städtischen Vereins zu Mülh. 1880. Nr. 3.

Kreis Mühlhausen.
 
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