Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sommer, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 1): Die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissenfels, Mühlhausen und Sangerhausen — 1882

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.41153#0545

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stolberg.

97

Sämtliche Fenster sind spitzbogig gedeckt mit ausgekehlten Gewänden, doch
ohne- Masswerk. Der Triumphbogen hat die Form eines hohen Spitzbogens. An
die Nordseite des ziemlich langen Chors legt sich der sogenannte „Jerusalem,“
eine frühere Capelle an, und an die Südseite die Sacristei. Dieselbe ist mit“einem
Netzgewölbe bedeckt, dessen Rippen in eurem Schlusssteine enden, der mit dem
Reliefbrustbilde eines Bischofs (d. hl. Martin?) geschmückt ist. Folgende Relief-
tafeln eines alten Schnitzaltars werden darin aufbewahrt: Maria, umgeben von
den 12 Aposteln, die Geburt des Herrn, Anbetung der heil. 3 Könige, Kreuzes-
abnahme und Auferstehung Christi. Die Ausführung der staffirten Schnitzerei ist
eine sehr gute und deuten die darin vorkommenden Trachten auf die zweite Hälfte des
15. Jahrhunderts. Der Altar der Kirche ist modern und zopfig. Die Arkaden-
bögen des dreischiffigen Langhauses sind spitzbogig. Die Decken der Seitenschiffe
legen sich im Yiertelkreis gegen die Arkadenmauer. Den Fussboden des Mittel-
schiffs deckt eine Reihe von Grabsteinen, auf welchen die vollen Figuren von
Geistlichen, mit dem Kelche in der Hand, tlieils in Relief ausgehauen, theils nur
in Umrissen eingegraben sind. Die Minuskelumschriften derselben sind indes so
abgetreten, dass sie nicht mehr zu entziffern sind. Zwei andere jedoch sehr
wohlerhaltene Grabdenkmäler befinden sich an den Wänden des Chors: das des
österreichischen Hauptmanns Grafen Gottlob Friedrich von Stolberg, geblieben
1737 bei Banyaluca in Bosnien gegen die Türken, und dann die messingene
Grabplatte des Pfarrers der Martinikirche Mag. Ulrich Rispach. Dieselbe, eine
sauber ciselirte, sehr tüchtige Gussarbeit ist ohne Inschrift breit und 1,08m
hoch und war, nach M. Zeitfuchs, früher von folgender Umschrift umgeben: Anno
Dni 1488 die presentacionis virginis Marie (21. Novbr.) obiit egregivs vir
magister Vlricvs Rispach s. theologie professor hvjvs ecclesie pastor et
divini cvltvs plantator precipvvs cvjvs anima reqviescat in pace amen.
Gegenwärtig ist dieselbe verschwunden und durch einen Holzrahmen ersetzt.
Innerhalb desselben ist eine Compilation von nur lose im Zusammenhänge
stehenden Relieffiguren zur Darstellung gebracht; Hauptgegenstand ist Christus
in schön modellirter Gestalt; seine Wunden zeigend sitzt er auf der Deckplatte
eines gothischen Sarkophags, dessen Rand umschrieben ist: Cocitö ejus et ilt fioil
fcabitacio eins et ent feputcrum eins gloriofum in pace. Tor ihm kniet die mit
dem Chorrocke der Augustiner Chorherrn angethane Figur des Verstorbenen einen
Spruchzettel folgenden Inhalts in seinen Händen haltend: DoiUXtie ficut jcU et biö
et potes et ego inbigeo miferere in ei fentper. Dahinter sind das Kreuz und die
Marterwerkzeuge sichtbar. Auf der Leiter liegt das Haupt eines Negers, wahr-
scheinlich das. des heil. Mauritius, Schutzpatrons des Erzstifts Magdeburg; zur
rechten des Kreuzes das Schweisstuch der Veronica, der Kopf eines hohen Priesters,
der des heil. Bartholomäus, daneben ein Messer und ein weiblicher Kopf. Unter
der Gruppe liesst man in Minuskelschrift:
Ijic jacct Dtricöö fuü tojdiuDö m\m
dleriö et ptcbis ifotbcrg tarius duntpnus
Martini niltor fnp!)ic fiiuis nmrlluö
Hinter uinjinca que raptunt faluat in atnnc
Tfitiuft wifera mifereri nirgn bcata.

Kreis Saugerhausen.

7
 
Annotationen