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ERBACH • SCHLOSS
SCHEIBEN UND FRAGMENTE DES SPÄTEN 15. JAHRHUNDERTS (Nr. 30-32) Fig. 43f., 46-48, Abb. 15, 22E
30. HL. PAULUS Fig. 35, 43b, Abb. 15
Franken oder Bayern(?), um 1480/90.
Scheibenfragment, H. 30 cm, B. 17,9 cm. - Einhard-Kapelle,
Fenster, 1AB.
Ort und Zeitpunkt des Erwerbs und der ursprüngliche Stand-
ort sind nicht überliefert; an seinem heutigen Ort ist das Frag-
ment seit den tSjoer-Jahren nachweisbar (s.o. S. 115).
Unpubliziert.
Inschrift: Im Nimbus in gotischer Minuskel: • s -paulus ■
Fig. 44. ES Nr. 30.
M 1:15
Fig. 43. Hl. Paulus. Erbach,
Schloss, Nr. 30.
Erhaltung: In der Glassubstanz bis auf drei Sprünge und eine
- zum Zeitpunkt der Untersuchung derb verkittete - Fehlstelle
im Nimbus gut erhalten; die Bemalung auf dem witterungs-
resistenten Glas aber schlecht haftend und bereits zu größeren
Teilen verloren.
Ikonografie, Komposition, Farbigkeit: Die Inschrift im gold-
gelben Nimbus weist das Fragment als Rest eines Hl. Paulus
aus, der über einem graugrünen Untergewand einen grauweißen
Mantel trug. In Analogie zu den beiden vollständigen Figuren
eines Hl. Petrus (Fig. 45) und eines Hl. Andreas in Baden-
Baden bzw. Karlsruhe48 ist es zu einer Standfigur zu ergänzen,
die, von der Figur eines Stifters begleitet, in einer Astwerkar-
kade erschien. Da Paulus sich nach links wendet, darf er ver-
mutlich als das unmittelbare Gegenstück zu dem nach rechts
gewandten Petrus mit einer Stifterin angesehen werden.
Technik, Stil, Datierung: Trotz der starken BemalungsVerlus-
te ist leicht zu erkennen, dass der Hl. Paulus ursprünglich zu
derselben Gruppe von Aposteln mit Stiftern gehört hat wie die
erwähnten Figuren in Baden-Baden (Fig. 45) und Karlsruhe.
Dafür spricht sein derb charakterisierter, flachschädeliger Kopf
mit den ausgeprägten Augen- und Nasenfalten und dem dich-
ten, wuscheligen Barthaar ebenso wie sein einst fein schraffier-
tes Gewand - Charakteristika, die alle auch bei Petrus begeg-
nen49.
In der Literatur wurden die in ganzer Figur erhaltenen Heili-
gen bisher am Ober- bzw. am Mittelrhein verortet - teils auf-
grund irrtümlicher Herkunftsangaben, teils aufgrund von Ver-
gleichen mit Denkmälern aus der Region. Ausgehend von den
sie rahmenden Astwerkarkaden, deren runde, fleischige Blätter
sich wie Hobelspäne einrollen - ein Formenapparat, der eher
im südostdeutschen Raum zu finden ist (Nürnberg, Stadtpfarr-
kirche St. Lorenz, Chor n II, 3b und 3d, um 1476; ehemals Mün-
Fig. 45. Hl. Petrus.
Baden-Baden,
Kloster Lichtenthal,
Fürstenkapelle.
Franken/Bayern(?),
um 1480/90.
chen, Salvatorkirche, Farbverglasung vom Ende 15. Jh.)50 -, sei
hier versuchsweise eine Lokalisierung der Gruppe nach Fran-
ken oder Bayern und eine Datierung in die Jahre um 1480/90
vorgeschlagen.
CVMA G 254 (MF), Dia (KB)
31. GEISSELUNGCHRISTI Fig. 46-48, Abb. 22
Nürnberg, um 1480/90.
H. 31-31,5 cm, B. 21,6-21,9 cm- _ Rittersaal, Fenster V, 4a. Zu-
vor Hubertus-Kapelle, Fenster II, ic, wohin die Scheibe 1873
von Eulbach transloziert worden war (vgl. Reg. Nr. 18, 20).
Ort und Zeitpunkt des Erwerbs und der ursprüngliche Stand-
ort sind nicht überliefert; vielleicht wie Nr. 28L
Bibliografie: Schmitz 1913, I, S. 102, Anm. 1 (die Darstellung
»schließt sich [...] an Schongauer an«).
48 Hl. Petrus: Baden-Baden, Kloster Lichtenthal, Fürstenkapelle;
Becksmann 1979, S. 12, Nr. 1. Hl. Andreas: Karlsruhe, Badisches
Landesmuseum, Inv. Nr. C 6175; Schneider 1950, S. 57 und Taf. 24,
Becksmann 1979, S. 78L, Nr. 38, Fig. 53, Abb. 96.
49 Abweichend sind lediglich die Nimben, die bei Petrus und Andreas
keine Inschrift aufweisen; bei Letzterem sind dafür die Formen von
Buchstaben und Worttrennern im Spruchband des Stifters mit der vor-
liegenden Inschrift verwandt.
50 Zum »Knorr-Fenster«: Eva Ulrich, Studien zur Nürnberger Glas-
malerei des ausgehenden 15. Jahrhunderts (Erlanger Studien 23), Er-
langen 1979, S. 121-164; Veit Funk, Glasfensterkunst in St. Lorenz,
Nürnberg. Michael Wolgemut, Peter Hemmel von Andlau, Hans BaL
dung Grien, Albrecht Dürer, Nürnberg 1995, Abb. S. 49. _ Zur ehe-
maligen Verglasung der Salvatorkirche s. Fischer 1997, bes. S. 45-47,
81-83.
51 Vgl. LCI, II, 1970, Sp. 127-130 (Curt Schweicher).
ERBACH • SCHLOSS
SCHEIBEN UND FRAGMENTE DES SPÄTEN 15. JAHRHUNDERTS (Nr. 30-32) Fig. 43f., 46-48, Abb. 15, 22E
30. HL. PAULUS Fig. 35, 43b, Abb. 15
Franken oder Bayern(?), um 1480/90.
Scheibenfragment, H. 30 cm, B. 17,9 cm. - Einhard-Kapelle,
Fenster, 1AB.
Ort und Zeitpunkt des Erwerbs und der ursprüngliche Stand-
ort sind nicht überliefert; an seinem heutigen Ort ist das Frag-
ment seit den tSjoer-Jahren nachweisbar (s.o. S. 115).
Unpubliziert.
Inschrift: Im Nimbus in gotischer Minuskel: • s -paulus ■
Fig. 44. ES Nr. 30.
M 1:15
Fig. 43. Hl. Paulus. Erbach,
Schloss, Nr. 30.
Erhaltung: In der Glassubstanz bis auf drei Sprünge und eine
- zum Zeitpunkt der Untersuchung derb verkittete - Fehlstelle
im Nimbus gut erhalten; die Bemalung auf dem witterungs-
resistenten Glas aber schlecht haftend und bereits zu größeren
Teilen verloren.
Ikonografie, Komposition, Farbigkeit: Die Inschrift im gold-
gelben Nimbus weist das Fragment als Rest eines Hl. Paulus
aus, der über einem graugrünen Untergewand einen grauweißen
Mantel trug. In Analogie zu den beiden vollständigen Figuren
eines Hl. Petrus (Fig. 45) und eines Hl. Andreas in Baden-
Baden bzw. Karlsruhe48 ist es zu einer Standfigur zu ergänzen,
die, von der Figur eines Stifters begleitet, in einer Astwerkar-
kade erschien. Da Paulus sich nach links wendet, darf er ver-
mutlich als das unmittelbare Gegenstück zu dem nach rechts
gewandten Petrus mit einer Stifterin angesehen werden.
Technik, Stil, Datierung: Trotz der starken BemalungsVerlus-
te ist leicht zu erkennen, dass der Hl. Paulus ursprünglich zu
derselben Gruppe von Aposteln mit Stiftern gehört hat wie die
erwähnten Figuren in Baden-Baden (Fig. 45) und Karlsruhe.
Dafür spricht sein derb charakterisierter, flachschädeliger Kopf
mit den ausgeprägten Augen- und Nasenfalten und dem dich-
ten, wuscheligen Barthaar ebenso wie sein einst fein schraffier-
tes Gewand - Charakteristika, die alle auch bei Petrus begeg-
nen49.
In der Literatur wurden die in ganzer Figur erhaltenen Heili-
gen bisher am Ober- bzw. am Mittelrhein verortet - teils auf-
grund irrtümlicher Herkunftsangaben, teils aufgrund von Ver-
gleichen mit Denkmälern aus der Region. Ausgehend von den
sie rahmenden Astwerkarkaden, deren runde, fleischige Blätter
sich wie Hobelspäne einrollen - ein Formenapparat, der eher
im südostdeutschen Raum zu finden ist (Nürnberg, Stadtpfarr-
kirche St. Lorenz, Chor n II, 3b und 3d, um 1476; ehemals Mün-
Fig. 45. Hl. Petrus.
Baden-Baden,
Kloster Lichtenthal,
Fürstenkapelle.
Franken/Bayern(?),
um 1480/90.
chen, Salvatorkirche, Farbverglasung vom Ende 15. Jh.)50 -, sei
hier versuchsweise eine Lokalisierung der Gruppe nach Fran-
ken oder Bayern und eine Datierung in die Jahre um 1480/90
vorgeschlagen.
CVMA G 254 (MF), Dia (KB)
31. GEISSELUNGCHRISTI Fig. 46-48, Abb. 22
Nürnberg, um 1480/90.
H. 31-31,5 cm, B. 21,6-21,9 cm- _ Rittersaal, Fenster V, 4a. Zu-
vor Hubertus-Kapelle, Fenster II, ic, wohin die Scheibe 1873
von Eulbach transloziert worden war (vgl. Reg. Nr. 18, 20).
Ort und Zeitpunkt des Erwerbs und der ursprüngliche Stand-
ort sind nicht überliefert; vielleicht wie Nr. 28L
Bibliografie: Schmitz 1913, I, S. 102, Anm. 1 (die Darstellung
»schließt sich [...] an Schongauer an«).
48 Hl. Petrus: Baden-Baden, Kloster Lichtenthal, Fürstenkapelle;
Becksmann 1979, S. 12, Nr. 1. Hl. Andreas: Karlsruhe, Badisches
Landesmuseum, Inv. Nr. C 6175; Schneider 1950, S. 57 und Taf. 24,
Becksmann 1979, S. 78L, Nr. 38, Fig. 53, Abb. 96.
49 Abweichend sind lediglich die Nimben, die bei Petrus und Andreas
keine Inschrift aufweisen; bei Letzterem sind dafür die Formen von
Buchstaben und Worttrennern im Spruchband des Stifters mit der vor-
liegenden Inschrift verwandt.
50 Zum »Knorr-Fenster«: Eva Ulrich, Studien zur Nürnberger Glas-
malerei des ausgehenden 15. Jahrhunderts (Erlanger Studien 23), Er-
langen 1979, S. 121-164; Veit Funk, Glasfensterkunst in St. Lorenz,
Nürnberg. Michael Wolgemut, Peter Hemmel von Andlau, Hans BaL
dung Grien, Albrecht Dürer, Nürnberg 1995, Abb. S. 49. _ Zur ehe-
maligen Verglasung der Salvatorkirche s. Fischer 1997, bes. S. 45-47,
81-83.
51 Vgl. LCI, II, 1970, Sp. 127-130 (Curt Schweicher).