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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0400

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DIE VERGLASUNG DES NÖRDLICHEN QUERHAUSFENSTERS

399


Fig. 332. ESQhs.nVII,
Nr. 23. M 1:20


Fig. 333. ESQhs.nVII,
Nr. 24. M 1:20

24. ZWEI PROPHETEN MIT UNBEKANNTEM
WAPPEN Fig. 304, 333, Abb. 228
H. 74,5 cm, B. 56 cm. - Feld 9c. - Hunecke 1988, S. 250-253;
Rauch 1994,1, S. 79, Nr. 17; Rehm 1999, Nr. 319.
Inschriften: Die Bibelverse auf den Spruchbändern der Pro-
pheten jeweils in gotischer Minuskel, z.T. mit einer dreifachen
Punktreihe als Worttrenner; links: mülier ■ qüe ■ erat ■ i(n) ciüi-
tatepeccat(r)ixp(ro)ci/dfif- ad-pedes- ih(es)u-lac(ri)mis-cep(if
■ rigare ■ p / dix(if aüt(em) ih(esu)s ad illa(m) R(e)mittu(n)t(ur)
t(ibi) pec(c)a • / lüc vii° (nach Lc 7,37h und 7,48); rechts: venit
ih(esu)s ad monüme(n)tu(m) et magna foc[e] / clamaüit lazare
veniforas et statim pro / dyt qüi fuerat mortüüs joha(n)nis xj° •
(nach Io 11,38 und 11,43h).
Erhaltung: In Geisenheim noch annähernd intakt (vgl. Fig. 294),
musste das Spitzbogenfeld für den Einbau in Oppenheim im
unteren Randbereich leicht beschnitten werden, sodass die
feingliedrige Architektur dort nicht mehr komplett ist; links ist
anstelle der Basis ein Flickstück eingesetzt, rechts eine Ergän-
zung der (vor-)letzten Restaurierung sowie ein weiteres Flick-
stück. Oben sind außerdem drei Stücke der Architektur 1888
bei der Umwandlung der Scheibe in ein Rechteckfeld erneuert
worden. Sonst vollständig originaler Bestand.
Ikonografie, Komposition: Wie in Nr. 17 zwei Prophetenhalb-
figuren in einer Doppelarkade unter einem Engel mit unbe-
kanntem Wappen in der Spitze.
Die den Propheten beigegebenen Verse beziehen sich auf Ereig-
nisse des Neuen Testaments, die in Rechteckfeldern unter den
Propheten dargestellt gewesen sein müssen: zum einen auf die
Fußsalbung Jesu durch die Sünderin beim Gastmahl im Hau-
se Simons, zum anderen auf die Auferweckung des Lazarus.
Beide Darstellungen sind in den Scheiben Nr. 26h erhalten und
bildeten, wie bereits im Katalogtext zu Nr. 23 erläutert, die An-
titypen zu den dort von den Propheten memorierten alttesta-
mentlichen Ereignissen.

Farbigkeit: Vor violettem Hintergrund in Grisaille die Prophe-
ten mit Spruchbändern und der Engel mit Wappen; in der Ar-
chitektur, in Haar, Flügeln und Kleidung der Figuren, in den
Spruchbändern und im Wappen Silbergelb.
Worms, StA, Nr. M 1173b; CVMA A 10922
25. ELISÄUS ERWECKT DEN SOHN DER SUNAMITIN
Fig. 335, Abb. 229
H. 74 cm, B. 55 cm. - Feld 4d. - Hunecke 1988, S. 181-183;
Rauch 1994,1, S. 80, Nr. 20; Rehm 1999, Nr. 301.
Inschrift: Am unteren Rand 1888 falsch hinzugefügt: <Elias er-
wekt [sic!] den Sohn der Samariterin>.
Erhaltung: Da die Scheibe in Geisenheim noch mit einem ge-
nasten Korbbogenabschluss versehen war (Fig. 293)436, weist
sie am oberen Rand zwei Ergänzungen von 1888 auf, als sie in
ein rechteckiges Format gebracht wurde; ergänzt sind außer-
dem das Gewand Elisäus’ und im Hintergrund - offenbar nach
originalen Resten - die Türe mit dem Landschaftsausblick. Die
Schwarzlotbemalung ist z.T. berieben bzw. verloren.
Ikonografie, Komposition: Als der Sohn der Sunamitin, den Eli-
säus ihr verheißen hatte, eines Tages gestorben und aufgebettet
worden war, ersuchte die unglückliche Mutter um Hilfe bei Eli-
säus; er ging mit ihr nach Sunem in das Haus, in dem das tote
Kind lag, breitete sich ganz über ihm aus und erweckte es so
wieder zum Leben (IV Rg 4,8-37).
Der biblischen Erzählung entsprechend ist eine Kammer dar-
gestellt, in der das Geschehen sich ganz auf Elisäus und dessen
Wundertat an dem toten Kind konzentriert; allein ein Fens-
ter im Hintergrund gewährt einen Ausblick in eine idyllische
Landschaft, in der Tiere und eine Windmühle zu sehen sind437.
Alttestamentlicher Typus zu Nr. 26.
Farbigkeit: Die Bettstatt steht auf schwarz/weißem Fliesen-
boden vor einer braunen Wand im Hintergrund; Podest und
Rückwand sind in Silbergelb ausgeführt, die reichen Stoffbe-
hänge an der Wand und über dem Bett prunken in tiefem Blau.
Das Bett selbst ist weiß; in ein weißes Totengewand ist auch
der Knabe mit silbergelbem Haar gekleidet. Elisäus trägt ein
langes, wohl auch ursprünglich violettes Gewand, darüber ei-
nen blauen Umhang. Die rahmende Architektur und architek-
tonische Details des Raumes sind in Gelb bzw. in Silbergelb
ausgeführt.
Worms, StA, Nr. M 1169b; CVMA A 10903, A 10962 (Detail)
26. AUFERWECKUNG DES LAZARUS Fig. 334, Abb. 230
H. 75 cm, B. 56 cm. - Feld 6d. - Hunecke 1988, S. 210-213;
Rauch 1994,1, S. 80, Nr. 19; Rehm 1999, Nr. 308.
Inschrift: Am unteren Rand 18SS hinzugefügt: <Die Auferwe-
ckung des Lazarus>.

Kölnischen, Jülichschen und Bergischen Geschlechter in Stammtafeln,
Wappen, Siegeln und Urkunden, 2 Bde., Köln/Bonn 1848/1853, hier I,
1848, S. 355 (Nr. 4) und S. 224, doch geht er auf die Abweichungen der
Motive mit keinem Wort ein.
433 Vgl hierzu Elisabeth Lucchesi PALLi/Lidwina M. M. Hoff-
scholte, Art. »Elisäus«, in: LCI, I, 1968, Sp. 613-618, hier Sp. 615,
und Rehm 1999, S. 257.
434 Robert L. Wyss, Art. »David«, in: RDK, III, 1954, Sp. 1083-1119,
hier Sp. 1099, 1100.
435 Hans Aurenhammer, Lexikon der christlichen Ikonographie, I:
Alpha und Omega - Christus und die 24 Ältesten, Wien 1959-1967,
S. 16. Ebendiese typologische Gegenüberstellung findet sich nur in den

Reihen des Pictor in carmine', s. Rehm 1999, S. 260. Vgl. hierzu: Pictor
in carmine. Ein Handbuch der Typologie aus der Zeit um 1200. Nach
MS 300 des Corpus Christi College in Cambridge, hrsg. von Karl-Au-
gust Wirth (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstge-
schichte 17), Berlin 2006, S. 199!., Nr. LIX.
436 Die vermutlich originalen Reste der architektonischen Einfassung
lassen links einen dazu passenden Bogenansatz erkennen.
437 in ihrer Konzentration auf das Hauptgeschehen weicht die Dar-
stellung von der Verbildlichung der Szene in der 40-seitigen Block-
buchausgabe der Biblia pauperum ab; vgl. Henry 1987, Abb. S. 68.
Letztere diente z.B. als unmittelbares Vorbild für die Darstellung in
Exeter; s. hierzu Henry 1997, S. 235.
 
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