DIE FARBVERGLASUNG DER OSTTEILE
28l
Fig. 195. Bekenntnis des Heerführers Porphyrins
zum Christentum(?).
Fig. 196. Enthauptung der Hl. Katharina.
Ehemals Oppenheim, Katharinenkirche, Chor s II (Ausschnitt aus Fig. 193).
in einem zeilenübergreifenden, gleichsam »endlosen« Langpass elf Figurenpaare unter ebenso vielen Wappen, wobei
die jeweilige Handhaltung der Frauen und Männer in kaum zufälliger Mehrdeutigkeit sowohl als Gebets- als auch als
Präsentationsgestus zu lesen ist. Im Gegensatz zu der heutigen, offenbar im Zuge der Restaurierung von 1878-1889
geschaffenen Anordnung der Scheiben, der das Prinzip eines bahnen- und zeilenweise verlaufenden Farbwechsels der
blauen und roten Hintergründe zugrunde liegt95, war das Fenster ursprünglich in Analogie zum typologischen Bibel-
fenster in der Achse so komponiert, dass - ausgehend von den Königspaaren mit den Reichswappen in der obersten
Fensterzeile (ua+b) - links die blaugrundigen, rechts die rotgrundigen Scheiben standen. Zwar waren schon in den
iSzoer-Jahren, als Müller die Reste des Fensters beschrieb und in einer nicht eben einfach zu deutenden Abbildung
wiedergab (Fig. 193)96, jeweils zwei Scheiben in einer jeden Bahn »falsch« eingesetzt (vgl. Fig. 191), doch dürfte dies die
Folge älterer Reparaturmaßnahmen gewesen sein; in der Tendenz zeichnete sich damals noch der bereits von Becks-
mann vorgeschlagene, nach Bahnen gegliederte Farbwechsel der Bildgründe ab97. Da die erhaltenen Wappen, soweit
ihre Identifizierung gesichert oder zumindest wahrscheinlich ist, sich ausnahmslos adeligen Familien zuordnen lassen,
die ein Lehen der Reichsburg in Oppenheim besessen hatten (s. Katalog S. 297-301), dürften auch die Wappen in den
vier unteren Zeilen ursprünglich auf adelige Familien in Besitz eines Burglehens verwiesen haben.
Hierzu und zum Folgenden s. Becksmann 1989, S. 364, Rauch
1997,8. 13-15, 115-117, und zuletzt Brinkmann 2008, S. 154-156.
94 Zur Frage der Authentizität dieses Fensters, die angesichts der stark
ergänzten Felder zu stellen ist, s. die Diskussion bei Gast 2005, S. 124k
mit Anm. 46; zu den möglichen Gründen für die umfangreichen Er-
gänzungen s.o. S. 274. Demnach ist davon auszugehen, dass das Fens-
ter in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten ist, abgesehen von den
neuen, von Ernst G. Gladbach entworfenen Scheiben in den Zeilen 1-4
und dem bekrönenden Maßwerk-Dreipass.
95 Auf einer älteren, von dem Mainzer Fotografen C. Hertel 1876 ange-
fertigten Aufnahme des Kircheninneren ist das Fenster noch in seinem
ursprünglichen Zustand zu erkennen; vgl. Hanschke 22oo7, S. 269,
Nr. 185 (mit Abb.). Demgegenüber zeigt eine 1920 entstandene Foto-
grafie im Bildarchiv Foto Marburg (Nr. 623510; Schütz 1982, Abb. 79)
bereits die heutige, durch Möller 1938, S. 123-125, bestätigte Anord-
nung der Scheiben, sodass deren Umgruppierung im Zusammenhang
mit der Restaurierung 1878-1889 vorgenommen worden sein muss.
96 Vollständig abgebildet sind die Scheiben in 11a und ehern. 10b (heute
10a). Die Wappengruppen links und rechts beziehen sich auf die entspre-
chenden Fensterbahnen und sind jeweils von links nach rechts und von
oben nach unten zu lesen, was aus der Beschreibung bei Müller 1823-
1829, S. 64, nicht klar hervorgeht. Folgt man der vorgeschlagenen Lesart,
stimmt Müllers Abbildung mit der Rekonstruktionszeichnung von
1855 und auch mit der Abfolge der Versatzmarken des 19. Jh. überein.
97 Becksmann 1989, S. 365. Vgl. auch Rauch 1997, S. 135, und Gast
2005, S.125.
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Fig. 195. Bekenntnis des Heerführers Porphyrins
zum Christentum(?).
Fig. 196. Enthauptung der Hl. Katharina.
Ehemals Oppenheim, Katharinenkirche, Chor s II (Ausschnitt aus Fig. 193).
in einem zeilenübergreifenden, gleichsam »endlosen« Langpass elf Figurenpaare unter ebenso vielen Wappen, wobei
die jeweilige Handhaltung der Frauen und Männer in kaum zufälliger Mehrdeutigkeit sowohl als Gebets- als auch als
Präsentationsgestus zu lesen ist. Im Gegensatz zu der heutigen, offenbar im Zuge der Restaurierung von 1878-1889
geschaffenen Anordnung der Scheiben, der das Prinzip eines bahnen- und zeilenweise verlaufenden Farbwechsels der
blauen und roten Hintergründe zugrunde liegt95, war das Fenster ursprünglich in Analogie zum typologischen Bibel-
fenster in der Achse so komponiert, dass - ausgehend von den Königspaaren mit den Reichswappen in der obersten
Fensterzeile (ua+b) - links die blaugrundigen, rechts die rotgrundigen Scheiben standen. Zwar waren schon in den
iSzoer-Jahren, als Müller die Reste des Fensters beschrieb und in einer nicht eben einfach zu deutenden Abbildung
wiedergab (Fig. 193)96, jeweils zwei Scheiben in einer jeden Bahn »falsch« eingesetzt (vgl. Fig. 191), doch dürfte dies die
Folge älterer Reparaturmaßnahmen gewesen sein; in der Tendenz zeichnete sich damals noch der bereits von Becks-
mann vorgeschlagene, nach Bahnen gegliederte Farbwechsel der Bildgründe ab97. Da die erhaltenen Wappen, soweit
ihre Identifizierung gesichert oder zumindest wahrscheinlich ist, sich ausnahmslos adeligen Familien zuordnen lassen,
die ein Lehen der Reichsburg in Oppenheim besessen hatten (s. Katalog S. 297-301), dürften auch die Wappen in den
vier unteren Zeilen ursprünglich auf adelige Familien in Besitz eines Burglehens verwiesen haben.
Hierzu und zum Folgenden s. Becksmann 1989, S. 364, Rauch
1997,8. 13-15, 115-117, und zuletzt Brinkmann 2008, S. 154-156.
94 Zur Frage der Authentizität dieses Fensters, die angesichts der stark
ergänzten Felder zu stellen ist, s. die Diskussion bei Gast 2005, S. 124k
mit Anm. 46; zu den möglichen Gründen für die umfangreichen Er-
gänzungen s.o. S. 274. Demnach ist davon auszugehen, dass das Fens-
ter in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten ist, abgesehen von den
neuen, von Ernst G. Gladbach entworfenen Scheiben in den Zeilen 1-4
und dem bekrönenden Maßwerk-Dreipass.
95 Auf einer älteren, von dem Mainzer Fotografen C. Hertel 1876 ange-
fertigten Aufnahme des Kircheninneren ist das Fenster noch in seinem
ursprünglichen Zustand zu erkennen; vgl. Hanschke 22oo7, S. 269,
Nr. 185 (mit Abb.). Demgegenüber zeigt eine 1920 entstandene Foto-
grafie im Bildarchiv Foto Marburg (Nr. 623510; Schütz 1982, Abb. 79)
bereits die heutige, durch Möller 1938, S. 123-125, bestätigte Anord-
nung der Scheiben, sodass deren Umgruppierung im Zusammenhang
mit der Restaurierung 1878-1889 vorgenommen worden sein muss.
96 Vollständig abgebildet sind die Scheiben in 11a und ehern. 10b (heute
10a). Die Wappengruppen links und rechts beziehen sich auf die entspre-
chenden Fensterbahnen und sind jeweils von links nach rechts und von
oben nach unten zu lesen, was aus der Beschreibung bei Müller 1823-
1829, S. 64, nicht klar hervorgeht. Folgt man der vorgeschlagenen Lesart,
stimmt Müllers Abbildung mit der Rekonstruktionszeichnung von
1855 und auch mit der Abfolge der Versatzmarken des 19. Jh. überein.
97 Becksmann 1989, S. 365. Vgl. auch Rauch 1997, S. 135, und Gast
2005, S.125.