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OPPENHEIM ■ KATHARINENKIRCHE
Das einst rechts der Achse in süd II vorhandene, bei der Restaurierung 1855—1857 ausgeschiedene Fenster war nach
Ausweis seiner bei Müller abgebildeten Reste ein Katharinenfenster (Fig. 193, 195h). Es war einschließlich seiner
Kopfscheiben entweder 12- oder 13-zeilig und zeigte in zwei unterschiedlich gestalteten, aber hier wie dort mit ein-
heitlich blaugrundigen Medaillons besetzten Bahnen Szenen aus dem Leben der Titelheiligen, deren Altar sich im
südlichen Nebenchor befunden hatte (Katharina-Nikolaus-Altar)98. Erhalten war zum einen eine Szene aus der linken
Fensterbahn, in welcher der Kaiser Maxentius in Begleitung zweier weiterer, nicht sicher zu deutender Personen in
Rede- oder Befehlshaltung zu sehen war, und zum anderen eine Szene aus der rechten Bahn, in der die Enthauptung
der Hl. Katharina dargestellt war. Die kompositorische Ausrichtung der Szenen nach rechts bzw. links hatte bereits
Becksmann zur Rekonstruktion einer bahnübergreifend angelegten Erzählung der Legende veranlasst, die in Ana-
logie zum typologischen Bibelfenster in Chor I aus elf bzw. zwölf, auf je zwei Medaillons verteilten Szenen mit - so
Wolfgang Kemp - »antagonistischen Situationen« bestanden haben dürfte99. Das heißt jedoch nicht, dass die von Mül-
ler überlieferten Szenen ursprünglich eine erzählerische Einheit gebildet hatten, wie dies von Becksmann und Kemp
- zuletzt auch von Peter Schill100- vermutet worden ist. Denn die Legende hielt eine Vielzahl an Episoden bereit, in
denen Maxentius als Widersacher Katharinas und der von ihr bekehrten Personen auftrat101. Seine Darstellung in der
linken Bahn war daher entsprechend vieldeutig, wobei der Umstand, dass die hinter Maxentius stehende männliche
Figur im gelben Gewand von einem Schergen mit Dolch geleitet wurde, bei der Deutung der Szene zu berücksichti-
gen ist; am ehesten war in ihr das Bekenntnis des kaiserlichen Heerführers Porphyrins zum Christentum dargestellt
(Fig. 19 5)10 , das Maxentius in rasender Wut mit dessen Enthauptung bestrafen ließ. Letztere Szene müsste demnach
in der rechten Bahn zu sehen gewesen sein, oberhalb der zuvor erfolgten Enthauptung der Kaiserin und unterhalb des
letzten Verhörs und der anschließenden Enthauptung Katharinas (Fig. 196). Weitere Anhaltspunkte für die Rekons-
truktion des Fensters sind nicht gegeben.
Seitlich der beiden zuletzt besprochenen Fenster, d.h. in den geraden Seiten des Chorschlusses, befanden sich nach
der im Kern einheitlichen bildlichen Überlieferung des 19. Jahrhunderts zwei Ornamentfenster (Fig. 191L, 193). Das
nördliche Fenster (n III) war mitsamt seinen Kopfscheiben vermutlich 12-zeilig und zeigte in zwei unterschiedlich
gestalteten Bahnen, die 1857 nach einem Entwurf der Werkstatt Schiffmann einschließlich des Maßwerks völlig neu
gestaltet worden sind, einen Rapport farbig unterlegter geometrisch-vegetabiler Muster. Das in den unteren Zeilen
Fig. 198. Monatsbild Dezember aus dem
Kalender des Johannes von Gmunden, um 1470
(Sehr. 1903).
Fig. 197. Monatsbild mit Schlachtszene.
Oppenheim, Katharinenkirche, Chor s II, 7a.
Mittel- oder Oberrhein, um 1290/1300.
Kat. S. 295h
OPPENHEIM ■ KATHARINENKIRCHE
Das einst rechts der Achse in süd II vorhandene, bei der Restaurierung 1855—1857 ausgeschiedene Fenster war nach
Ausweis seiner bei Müller abgebildeten Reste ein Katharinenfenster (Fig. 193, 195h). Es war einschließlich seiner
Kopfscheiben entweder 12- oder 13-zeilig und zeigte in zwei unterschiedlich gestalteten, aber hier wie dort mit ein-
heitlich blaugrundigen Medaillons besetzten Bahnen Szenen aus dem Leben der Titelheiligen, deren Altar sich im
südlichen Nebenchor befunden hatte (Katharina-Nikolaus-Altar)98. Erhalten war zum einen eine Szene aus der linken
Fensterbahn, in welcher der Kaiser Maxentius in Begleitung zweier weiterer, nicht sicher zu deutender Personen in
Rede- oder Befehlshaltung zu sehen war, und zum anderen eine Szene aus der rechten Bahn, in der die Enthauptung
der Hl. Katharina dargestellt war. Die kompositorische Ausrichtung der Szenen nach rechts bzw. links hatte bereits
Becksmann zur Rekonstruktion einer bahnübergreifend angelegten Erzählung der Legende veranlasst, die in Ana-
logie zum typologischen Bibelfenster in Chor I aus elf bzw. zwölf, auf je zwei Medaillons verteilten Szenen mit - so
Wolfgang Kemp - »antagonistischen Situationen« bestanden haben dürfte99. Das heißt jedoch nicht, dass die von Mül-
ler überlieferten Szenen ursprünglich eine erzählerische Einheit gebildet hatten, wie dies von Becksmann und Kemp
- zuletzt auch von Peter Schill100- vermutet worden ist. Denn die Legende hielt eine Vielzahl an Episoden bereit, in
denen Maxentius als Widersacher Katharinas und der von ihr bekehrten Personen auftrat101. Seine Darstellung in der
linken Bahn war daher entsprechend vieldeutig, wobei der Umstand, dass die hinter Maxentius stehende männliche
Figur im gelben Gewand von einem Schergen mit Dolch geleitet wurde, bei der Deutung der Szene zu berücksichti-
gen ist; am ehesten war in ihr das Bekenntnis des kaiserlichen Heerführers Porphyrins zum Christentum dargestellt
(Fig. 19 5)10 , das Maxentius in rasender Wut mit dessen Enthauptung bestrafen ließ. Letztere Szene müsste demnach
in der rechten Bahn zu sehen gewesen sein, oberhalb der zuvor erfolgten Enthauptung der Kaiserin und unterhalb des
letzten Verhörs und der anschließenden Enthauptung Katharinas (Fig. 196). Weitere Anhaltspunkte für die Rekons-
truktion des Fensters sind nicht gegeben.
Seitlich der beiden zuletzt besprochenen Fenster, d.h. in den geraden Seiten des Chorschlusses, befanden sich nach
der im Kern einheitlichen bildlichen Überlieferung des 19. Jahrhunderts zwei Ornamentfenster (Fig. 191L, 193). Das
nördliche Fenster (n III) war mitsamt seinen Kopfscheiben vermutlich 12-zeilig und zeigte in zwei unterschiedlich
gestalteten Bahnen, die 1857 nach einem Entwurf der Werkstatt Schiffmann einschließlich des Maßwerks völlig neu
gestaltet worden sind, einen Rapport farbig unterlegter geometrisch-vegetabiler Muster. Das in den unteren Zeilen
Fig. 198. Monatsbild Dezember aus dem
Kalender des Johannes von Gmunden, um 1470
(Sehr. 1903).
Fig. 197. Monatsbild mit Schlachtszene.
Oppenheim, Katharinenkirche, Chor s II, 7a.
Mittel- oder Oberrhein, um 1290/1300.
Kat. S. 295h