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FRANKFURT • HISTORISCHES MUSEUM
Fig. 97. ES Nr. 33.
Allianzwappen der Familie Monis abgebildet, bei denen es sich
um eine Glasgemäldeserie in den Fenstern der Moniskapellc
gehandelt haben dürfte. Die Serie beginnt mit der Allianz Monis-
Fochen und endet mit dem Wappen des 1477 verstorbenen
Frankfurter Schöffen Winrich Monis und seiner Frau Agnes von
Glauburg. Letzterer, der als Hüter der von seinem Großvater
Johann begründeten Familienkapelle offenbar mit der Erneue-
rung der Ausstattung begonnen hatte, dürfte die Wappenserie in
Auftrag gegeben haben14.
Farbigkeit: Wappen Monis links: fünf goldene Querbalken in
Rot mit Taube in Grisaille und silbergelbem Stern; Wappen
Glauburg rechts: rote Hirschstange auf Weiß. Helmdecke blau,
Helm wäßrigblau, Taube Grisaille; Hintergrund rot.
Technik, Stil, Datierung: Der im Rapport vollständige Damast-
grund gehörte entgegen der Vermutung Beeh-Lustenbergers
bereits ursprünglich zu dieser Kabinettscheibe; dessen Verwen-
dung auch im Kleinformat ist eines der auffälligsten Charakteris-
tika der Kabinettscheibenproduktion der Straßburger Werkstatt-
gemeinschaft15. Technische Raffinessen wie der geätzte Rotüber-
fang im Wappen rechts und die auf dem Trägerglas aufgemalten
zarten Fiederranken sowie die subtile, in den tiefsten Schatten-
lagen außenseitig verstärkte Modellierung weisen das Glasge-
mälde nebst den formalen Zusammenhängen eindeutig als Werk
der Straßburger Werkstattgemeinschaft aus. Die wohl von dem
1477 verstorbenen Winrich Monis gestiftete Scheibe ist offenbar
im Rahmen des 1475 in den Frankfurter Dom gelieferten Fen-
sters von Peter Hemmel (s. Reg. Nr. 12) entstanden. Eine Aus-
führung durch Hemmel selbst liegt daher sehr nahe und unter-
mauert die von Scholz postulierte Identifizierung Hemmeis mit
dem Schöpfer der Berliner Rundscheibenserie.
CVMA A 10988, Großdia A 205
34. LIEBESPAAR AUS EINER VIERPASS-SCHEIBE
Abb. 98, Farbtaf. XII
Mittelrhein, um 1475/80.
H. 9,5 cm, B. 13,5 cm. Inv. Nr. X 15597. Beeh-Lustenberger,
Nr. 40. Derzeit deponiert. 1893 erworben; Herkunft unbekannt.
Bibliographie: Schmitz, 1913, I, S. m, 113, Abb. 186 (auf
Grund der Zeichentechnik eigenhändiges Werk des Hausbuch-
meisters um 1480); Faber du Faur, 1921, S. 92L (wie Schmitz);
Schmitz, 1923, Abb. 8a, Anhang S. 3 (nun vorsichtiger beurteilt
als Werk nach einem Entwurf des Hausbuchmeisters, von einem
ihm besonders nahestehenden Glasmaler ausgeführt); Johannes
Dürkop, Der Meister des Hausbuches, in: Oberrheinische
Kunst 5, 1932, S. 104 (vertritt mit Schmitz, 1913, eine eigenhän-
dige Ausführung und sieht einen Zusammenhang mit den Kabi-
nettscheibenrissen in Basel und Dresden); Solms-Laubach,
1935/36, S. 48, Abb. 63 (eigenhändige Ausführung durch den
Hausbuchmeister in einer regionalen Glasmalerei-Werkstatt);
Wentzel, Meisterwerke, 21954, S. 72 (Erwähnung unter den ver-
schiedenen Kabinettscheiben im Stil des Hausbuchmeisters);
Beeh-Lustenberger, 1965, S. 88-91 (dem Stil des Hausbuch-
meisters sehr nahekommend, um 1490 entstanden; weitere Lite-
ratur); Becksmann, 1968, S. 359, Abb. 12 (Werkstatt des Mei-
sters der Genreszenen im Hausbuch um 1480/90); Kat. Ausst.
Frankfurt/Main 1985, S. 243, Nr. 139 (trotz motivischer Zu-
sammenhänge mit Werken des Hausbuchmeisters keine stilisti-
schen Parallelen; Datierung um 1490); Husband, 1985, S. 149L,
Fig. 17 (nach einem Entwurf des Meisters der Genreszenen im
Hausbuch um 1470/80 ausgeführt); Hess, 1994, S. 54L, Abb. 47
(wie die Scheibenrisse in Basel und Dresden aus der Zusammen-
arbeit des Meisters der Genreszenen im Hausbuch mit einem
oberrheinisch geschulten Glasmaler hervorgegangen); Hess,
1996, S. 15 f., Abb. 8 (Erwähnung des Inhalts und der Anspielung
auf die Weibermacht im Rahmen der Liebesgarten-Thematik);
ders., in: Kat. Ausst. Gotha 1998, Nr. 58.
Erhaltung: Der monolithe Vierpaß zeigt einen Spinnensprung
und unten ein ergänztes Glasstück; gesamte Scheibe doubliert,
vergilbender Leim.
Ikonographie: Das Fragment bildete ursprünglich das obere Feld
einer Vierpaßscheibe, die neben dem Liebespaar weitere Szenen
aus dem Liebesgarten-Kreis gezeigt haben dürfte. Durch den
Schlüsselbund an der Taille des Mädchens erhält die intime Szene
des gemeinsamen Flechtens eines Verlöbniskranzes mit Nelken
als Symbol der ehelichen Treue und des Schutzes vor bösen Gei-
stern einen satirischen Unterton und spielt damit auf das im spä-
ten 15. Jh. beliebte Thema der Weibermacht an.
Farbigkeit: Grisaille mit Silbergelb.
Technik, Stil, Datierung: Die im Hausbuchmeister-Kreis häufig
erwähnte Scheibe zeigt einen wäßrig gestupften, leicht bräun-
lichen Halbton; die Modellierung ist im Hinblick auf das kleine
Format sehr virtuos und zeigt neben wäßrigen Schraffuren, aus-
gewischten und subtil radierten Lichtern auch eine außenseitige
Verstärkung des Bodens und Blumentopfs mittels einer Braun-
lot-Lasur. Das in seinem Zeichenstil den beiden Scheibenrissen
in Basel und Dresden eng verwandte Fragment gehört in den
unmittelbaren Umkreis der Genreszenen im Hausbuch und
resultiert aus der auf den Zeitraum von 1475/80 einzugrenzen-
den Zusammenarbeit des Meisters der Genreszenen mit einem
wohl am Oberrhein ausgebildeten Glasmaler. Neben den er-
wähnten Scheibenrissen sind diesem nicht nur die Turnier-
scheibe in Privatbesitz, sondern auch die wenig späteren Kabi-
nettscheiben in Köln, London und New York zuzuschreiben16.
CVMA A 11520, Großdia A 249
14 Vgl. Weizsäcker, 1923, S. 17, 19; zur Neuweihe der Kapelle 1491
und dem damals gestifteten sog. Monis-Altar vgl. ferner Hess, 1994,
S-i72-i75f.
15 Vgl. dazu etwa die Rundscheiben auf Schloß Salem (jetzt Karlsruhe,
Badisches Landesmuseum), Schloß Altshausen und in Stuttgart sowie die
außergewöhnlich erlesene und technisch hochraffinierte kleinformatige
Rechteckscheibe in Nürnberg (Kat. Ausst. Ulm 1995, S. 95, Abb. 6,
sowie Nr. 28, 34, 41). Das Damastmuster begegnet erstmals im Kathari-
nenfenster der Straßburger Wilhelmerkirche (um 1475).
16 Ausführliche Begründung bei Hess, 1994, S. 52-57. Dort werden auch
alle Vergleichsobjekte behandelt: das Scheibenrißfragment mit Prinzessin
Kleodelinde in Dresden, der Entwurf einer Vierpaßscheibe in Basel, die
beiden Rundscheiben mit den Hll. Johannes Baptist und Petrus in Köln
und London sowie die Madonna auf der Mondsichel in New York.
FRANKFURT • HISTORISCHES MUSEUM
Fig. 97. ES Nr. 33.
Allianzwappen der Familie Monis abgebildet, bei denen es sich
um eine Glasgemäldeserie in den Fenstern der Moniskapellc
gehandelt haben dürfte. Die Serie beginnt mit der Allianz Monis-
Fochen und endet mit dem Wappen des 1477 verstorbenen
Frankfurter Schöffen Winrich Monis und seiner Frau Agnes von
Glauburg. Letzterer, der als Hüter der von seinem Großvater
Johann begründeten Familienkapelle offenbar mit der Erneue-
rung der Ausstattung begonnen hatte, dürfte die Wappenserie in
Auftrag gegeben haben14.
Farbigkeit: Wappen Monis links: fünf goldene Querbalken in
Rot mit Taube in Grisaille und silbergelbem Stern; Wappen
Glauburg rechts: rote Hirschstange auf Weiß. Helmdecke blau,
Helm wäßrigblau, Taube Grisaille; Hintergrund rot.
Technik, Stil, Datierung: Der im Rapport vollständige Damast-
grund gehörte entgegen der Vermutung Beeh-Lustenbergers
bereits ursprünglich zu dieser Kabinettscheibe; dessen Verwen-
dung auch im Kleinformat ist eines der auffälligsten Charakteris-
tika der Kabinettscheibenproduktion der Straßburger Werkstatt-
gemeinschaft15. Technische Raffinessen wie der geätzte Rotüber-
fang im Wappen rechts und die auf dem Trägerglas aufgemalten
zarten Fiederranken sowie die subtile, in den tiefsten Schatten-
lagen außenseitig verstärkte Modellierung weisen das Glasge-
mälde nebst den formalen Zusammenhängen eindeutig als Werk
der Straßburger Werkstattgemeinschaft aus. Die wohl von dem
1477 verstorbenen Winrich Monis gestiftete Scheibe ist offenbar
im Rahmen des 1475 in den Frankfurter Dom gelieferten Fen-
sters von Peter Hemmel (s. Reg. Nr. 12) entstanden. Eine Aus-
führung durch Hemmel selbst liegt daher sehr nahe und unter-
mauert die von Scholz postulierte Identifizierung Hemmeis mit
dem Schöpfer der Berliner Rundscheibenserie.
CVMA A 10988, Großdia A 205
34. LIEBESPAAR AUS EINER VIERPASS-SCHEIBE
Abb. 98, Farbtaf. XII
Mittelrhein, um 1475/80.
H. 9,5 cm, B. 13,5 cm. Inv. Nr. X 15597. Beeh-Lustenberger,
Nr. 40. Derzeit deponiert. 1893 erworben; Herkunft unbekannt.
Bibliographie: Schmitz, 1913, I, S. m, 113, Abb. 186 (auf
Grund der Zeichentechnik eigenhändiges Werk des Hausbuch-
meisters um 1480); Faber du Faur, 1921, S. 92L (wie Schmitz);
Schmitz, 1923, Abb. 8a, Anhang S. 3 (nun vorsichtiger beurteilt
als Werk nach einem Entwurf des Hausbuchmeisters, von einem
ihm besonders nahestehenden Glasmaler ausgeführt); Johannes
Dürkop, Der Meister des Hausbuches, in: Oberrheinische
Kunst 5, 1932, S. 104 (vertritt mit Schmitz, 1913, eine eigenhän-
dige Ausführung und sieht einen Zusammenhang mit den Kabi-
nettscheibenrissen in Basel und Dresden); Solms-Laubach,
1935/36, S. 48, Abb. 63 (eigenhändige Ausführung durch den
Hausbuchmeister in einer regionalen Glasmalerei-Werkstatt);
Wentzel, Meisterwerke, 21954, S. 72 (Erwähnung unter den ver-
schiedenen Kabinettscheiben im Stil des Hausbuchmeisters);
Beeh-Lustenberger, 1965, S. 88-91 (dem Stil des Hausbuch-
meisters sehr nahekommend, um 1490 entstanden; weitere Lite-
ratur); Becksmann, 1968, S. 359, Abb. 12 (Werkstatt des Mei-
sters der Genreszenen im Hausbuch um 1480/90); Kat. Ausst.
Frankfurt/Main 1985, S. 243, Nr. 139 (trotz motivischer Zu-
sammenhänge mit Werken des Hausbuchmeisters keine stilisti-
schen Parallelen; Datierung um 1490); Husband, 1985, S. 149L,
Fig. 17 (nach einem Entwurf des Meisters der Genreszenen im
Hausbuch um 1470/80 ausgeführt); Hess, 1994, S. 54L, Abb. 47
(wie die Scheibenrisse in Basel und Dresden aus der Zusammen-
arbeit des Meisters der Genreszenen im Hausbuch mit einem
oberrheinisch geschulten Glasmaler hervorgegangen); Hess,
1996, S. 15 f., Abb. 8 (Erwähnung des Inhalts und der Anspielung
auf die Weibermacht im Rahmen der Liebesgarten-Thematik);
ders., in: Kat. Ausst. Gotha 1998, Nr. 58.
Erhaltung: Der monolithe Vierpaß zeigt einen Spinnensprung
und unten ein ergänztes Glasstück; gesamte Scheibe doubliert,
vergilbender Leim.
Ikonographie: Das Fragment bildete ursprünglich das obere Feld
einer Vierpaßscheibe, die neben dem Liebespaar weitere Szenen
aus dem Liebesgarten-Kreis gezeigt haben dürfte. Durch den
Schlüsselbund an der Taille des Mädchens erhält die intime Szene
des gemeinsamen Flechtens eines Verlöbniskranzes mit Nelken
als Symbol der ehelichen Treue und des Schutzes vor bösen Gei-
stern einen satirischen Unterton und spielt damit auf das im spä-
ten 15. Jh. beliebte Thema der Weibermacht an.
Farbigkeit: Grisaille mit Silbergelb.
Technik, Stil, Datierung: Die im Hausbuchmeister-Kreis häufig
erwähnte Scheibe zeigt einen wäßrig gestupften, leicht bräun-
lichen Halbton; die Modellierung ist im Hinblick auf das kleine
Format sehr virtuos und zeigt neben wäßrigen Schraffuren, aus-
gewischten und subtil radierten Lichtern auch eine außenseitige
Verstärkung des Bodens und Blumentopfs mittels einer Braun-
lot-Lasur. Das in seinem Zeichenstil den beiden Scheibenrissen
in Basel und Dresden eng verwandte Fragment gehört in den
unmittelbaren Umkreis der Genreszenen im Hausbuch und
resultiert aus der auf den Zeitraum von 1475/80 einzugrenzen-
den Zusammenarbeit des Meisters der Genreszenen mit einem
wohl am Oberrhein ausgebildeten Glasmaler. Neben den er-
wähnten Scheibenrissen sind diesem nicht nur die Turnier-
scheibe in Privatbesitz, sondern auch die wenig späteren Kabi-
nettscheiben in Köln, London und New York zuzuschreiben16.
CVMA A 11520, Großdia A 249
14 Vgl. Weizsäcker, 1923, S. 17, 19; zur Neuweihe der Kapelle 1491
und dem damals gestifteten sog. Monis-Altar vgl. ferner Hess, 1994,
S-i72-i75f.
15 Vgl. dazu etwa die Rundscheiben auf Schloß Salem (jetzt Karlsruhe,
Badisches Landesmuseum), Schloß Altshausen und in Stuttgart sowie die
außergewöhnlich erlesene und technisch hochraffinierte kleinformatige
Rechteckscheibe in Nürnberg (Kat. Ausst. Ulm 1995, S. 95, Abb. 6,
sowie Nr. 28, 34, 41). Das Damastmuster begegnet erstmals im Kathari-
nenfenster der Straßburger Wilhelmerkirche (um 1475).
16 Ausführliche Begründung bei Hess, 1994, S. 52-57. Dort werden auch
alle Vergleichsobjekte behandelt: das Scheibenrißfragment mit Prinzessin
Kleodelinde in Dresden, der Entwurf einer Vierpaßscheibe in Basel, die
beiden Rundscheiben mit den Hll. Johannes Baptist und Petrus in Köln
und London sowie die Madonna auf der Mondsichel in New York.