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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Servaes, Franz: Etwas über Kunstbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0031

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Etwas über Kunstbesitz.

WALTER PÜTTNER—MÜNCHEN

Gemälde. Darmstädter Privatbesitz.

erhabene und überirdische Welt, wo die großen
Kunstwerke thronen, als Genießender und Ver-
stehender Einlaß zu finden. Dies ist ein so seltener
Glücksfall, daß er für unsere Betrachtung nicht
gerechnet werden darf. Hingegen soll hier vor-
zugsweise von solchem Kunstbesitz die Rede
sein, den auch der Minderbemittelte seinem
Hausrat einverleiben und zur Erhöhung seines
Daseins verwenden kann.

In diesem Sinne darf gesagt sein: Zu echtem
Kunstbesitz, so selten er heute ist, vermag ein
■Jeder zu gelangen. Es muß nur das tiefe und
ernste Verlangen da sein , der ehrfurchtsvolle
Wille, sei es das Leben des Alltags durch einen
über das ganze Haus verbreiteten Hauch von
Schönheit zu verklären, sei es sein Innen-
dasein durch das intime Zusammenleben mit
ein paar wenigen auserwählten Werken zu be-
reichern und zu steigern. Jedenfalls, wer heute
den Anspruch erheben will als Kulturmensch
zu gelten, der muß in dieser oder jener, aber

stets in einer seine eigenste Persönlichkeit
kennzeichnenden Form der Kunst Eingang in
sein Haus verschaffen. Daß dies mit ganz ge-
ringen Mitteln heutzutage möglich ist, ist wohl
einer der fundamentalsten Kullurfortschritte
unserer Zeit. In der Tat ist heute Kunstbesitz
nicht mehr so sehr eine Frage des Geldes als
des individuellen Geschmackes und gefühlten
Bedürfnisses. Schon damit wird nicht wenig
erreicht sein, daß man den festen Grundsatz
aufstelle und durchführe, nichts Schlechtes,
Geschmackwidriges, Unechtes oder Seelenloses
in seine Wohnung hineinzulassen. Wer in
wahrem Sinne damit Ernst machen will, Kunst
zu besitzen, der möge damit beginnen, unend-
lich vielen mitgeschleppten Kram erbarmungslos
hinauszubefördern. Nichts ist dem künstle-
rischen Eindruck einer Wohnung hinderlicher als
das allenthalben wuchernde Unkraut dutzend-
mäßiger und spießig sich spreizender Über-
flüssigkeiten. Was zweckvoll ist, ist sinnvoll

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