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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Zimmermann, Ernst: Kunst und Kultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0497

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Kifltür und Kunst.

karl bertsch münchen.

Herrenzimmer. Deutsche Werkstätten. Verkaufsstelle Berlin, Bellevuestraße IO.

Vorrechten fast ganz vorbei. Was jetzt in dieser
Beziehung bei uns dominiert und für die Kunst
wie überhaupt in Betracht kommt, ist dank
jener Revolution ein freies, mehr oder weniger
wohlhabendes Bürgertum, das zwar vielfach,
weil ja ziemlich plötzlich hochgekommen, noch
stark etwas Parvenümäßiges an sich trägt und
sich darum mit den früheren Trägern von Kunst
und Kultur, der alten eingesessenen Erb-Aristo-
kratie in seinen Empfindungen und kulturellen
Bedürfnissen in keiner Weise vergleichen läßt.
Aber es hat doch trotz alledem, indem es sich
im 19. Jahrhundert die Kultur-Resultate der
vergangenen Jahrhunderte zu eigen zu machen
versucht hat, unleugbar bereits eine gewisse
Stufe der Verfeinerung und Gesittung erlangt,
wie sie so breite Schichten der Bevölkerung
früher nie besessen haben. Etwas Bäuerisches,
etwas Primitives, etwas Derbes und Aufdring-
liches paßt in dieses nicht mehr im geringsten

herein, ebenso wenig wie etwas zu Raffiniertes,
zu sehr Verfeinertes, zu Glanzvolles. Gediegene
Vornehmheit, gesunde Veredelung muß man
hier erstreben, das, was das Empire, die erste
bürgerliche Kunst, die wir besessen, zuerst an-
gestrebt hat und mit vollem Erfolge, bisweilen
reicher,bisweilen einfacher, je nach denLebens-
gewohnheiten und Mitteln derjenigen, die diese
Kunst besitzen sollen. Die Kunst aber hat auch
innerhalb dieser Grenzen noch immer genug
Möglichkeiten, sich zu betätigen und auszuleben,
und sie kann dies dann mit um so größerer
Frische tun, weil sie von vornherein nun weiß,
daß die Grundlagen, auf denen sie baut, dieje-
nigen sind, die ihr den allgemeinsten Erfolg ver-
sprechen. Ganz ohne diese aber wird sie nie-
mals auskommen können. e. Zimmermann.

Es gibt nur eine Weise, gute Kunst zu erlangen
— die einfachste und zugleich die schwierigste —
nämlich sie zu genießen. J. RusVin.

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