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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Frank, W.: Josse Goossens, München: Ausstellung in Brakls moderner Kunsthandlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0303

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yosse Goossens—München.

JOSSE GOOSSENS MÜNCHEN.

> I n der Teestube«

Goossens große, architektonisch bedingte
Flächen braucht, um sich auszusprechen. Das
Staffeleibild, man fühlt das genau, ist ihm nur
ein „faute de mieux". Seine Qualitäten be-
schränken sich in manchen Fällen auf die einer
farbigen Zeichnung, weil eben die malerische
Analyse der Erscheinung fast völlig fehlt. Es
ist meine Überzeugung, daß Goossens nach den
bis jetzt vorliegenden Proben noch nicht end-
gültig beurteilt werden kann. Der Mangel an
Atmosphäre, die trotz aller Heiterkeit fühlbare
Trockenheit und Härte seiner farbigen Welt
drängt sich nur deshalb so lebhaft auf, weil
diese Bilder nicht als das vor uns hintreten,
was sie im Grunde sind: als Fresken, als deko-
rative Wandgemälde. Was im Staffeleibilde als
Mangel erscheint, kann der angewandten Ma-
lerei unter Umständen zum Vorzuge gerechnet

werden; wenigstens entspricht dies der heutigen
Anschauung, die ich für meine Person freilich
nicht vollkommen teile. Wer Goossens nach
seinen Staffeleibildern beurteilen will, muß sich
an seine frühere Produktion halten. In seinen
früheren Gemälden, die Menschen und Men-
schengruppen im Innenraum und im Freien
schildern, zeigt sich oft ein bemerkenswerter
Reiz im Vortrag der Farbe, auch viel maleri-
sches Gefühl und feine koloristische Empfin-
dung. Die später hervortretende Härte doku-
mentiert sich hier nur gelegentlich in einem zu
tief genommenen Schatten, in einem luftlosen
Ton, aber in allem ist Charakter und Tempera-
ment. Wie ich höre, steht G o o ss ens schon
jetzt vor großen dekorativen Aufgaben. Kein
Zweifel, daß er hier sein Können und seine
Kraft erst voll bewähren wird. -

W. FRANK.

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