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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 29.1911-1912

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7012#0499

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Kleine Kunst-Nachrichteti.

M*

MÜNCHEN. Der Kunstsalon Brakl hat wieder
einmal Hans Heider vorgeführt. Heider
geht ruhig und redlich voran; immer runder, immer
voller gestaltet sich das Bild seines Schaffens. —
Walter Ophey, ein Düsseldorfer, zeigte bei
Brakl lichtdurchflutete Landschaften von großer
Schönheit und Kraft der Farbe. Das Rezept ist das
seit Monet bekannte: Reine Pigmente, daher große
Leuchtkraft, blasse Schatten, daher starke Licht-
wirkung. Was Ophey an Persönlichem zu dem
Rezepte hinzugibt, ist hinreißendes Temperament
und höchste Vollendung des Geschmackes. Es ist
dichterische Wärme, lyrische Sinnlichkeit in seinem
Schaffen. Die Strenge seiner malerischen Prinzipien
paart sich mit bestechender Liebenswürdigkeit der
künstlerischen Wirkung. — w. m.

£

ÜNCHEN. Bei Thannhauser war das Ehe-
paar Carl Caspar und MariaCaspar-Filser
mit einer großen Kollektion zu Gast. Achtung vor
diesem schönen Vorwärtsschreiten, vor dieser un-
bestechlichen Ehrlichkeit des Strebens ! Carl Caspar
ist in kurzer Zeit ein Figurenmaler von Rang gewor-
den. Ich möchte hinweisen auf den Ernst und das
tiefe Gefühl, mit dem das zentrale Problem der Kom-
position und der räumlichen Rhythmik hier gefaßt
wird. Man darf auf Carl Caspar Hoffnungen serjen.
Die Landschafterin Frau Caspar-Filser zeigt jede
neue Ausstellung auf höherer Stufe. Ihre Farben
sind stärker und reiner geworden, ihre Anschauung
flächiger, ihre Malerei breiter und einfacher, ihre
künstlerischen Wirkungen ener-
gischer und suggestiver. In
ihrer Hinneigung zum Monu-
mentalen liegt jene Ähnlich-
keit mit dem Streben ihres
Gatten, die es erlaubte, die
beiden Kollektionen gemischt
gehängt vorzuführen. — Daß
die III. Ausstellung der sagen-
berühmten Neuen Künstler-
vereinigung für mich vieles
Erheiternde in sich barg, ge-
stehe ich mit jenem Freimute,
den sich der Mensch nicht sel-
ten durch zehnjährige Kritiker-
tätigkeit angewöhnt. Zwei
schöne ausdrucksvolle rhythmi-
sche Studien von Bechtejeff
(Bewegungswellen, an Men-
schengruppen demonstriert)
nehme ich mit Achtung aus.
Das übrige fällt für meinen
Geschmack unter die Rubrik:
Schaustellungen, Volkslustbar-
keiten und ähnliche Vergnü-
gungen. Diese Kunst ist mir zu kik

monologisch. Genau dasselbe gilt für die Secession
der „Künstlervereinigung", die unter dem Namen
„Der blaue Reiter" gleichzeitig ausgestellt hat.
Man sieht zu deutlich, daß diese Künstler, die mit
echter Leidenschaft ihre Ziele verfolgen, die land-
läufigen Maßstäbe des Könnens, der Darstellungs-
kraft perhorreszieren, als daß man sie an diesen
messen dürfte. Man ist mit ihnen entweder schon
vor Betreten des Ausstellungssaales einig oder
man wird es nie. Die Werke selbst überzeugen
mit ihrem rein intellektual-programmatischen Unter-
grund wohl niemanden. — Ebenfalls bei Thann-
hauser hat der Deutsch-Böhme Friß Gärtner
seine große Kollektion „Arbeit" gezeigt. Sie um-
faßte Gemälde und Plastiken mit dem Thema Feld-
arbeit. Gärtner ist eine sehr tüchtige Begabung,
die mit ernstem Bemühen darnach ringt, das Durch-
schnittliche hinter sich zu lassen und zu größerer
Freiheit des Ausdruckes aufzusteigen. — w. m.

ÜNCHEN. Renoir in der modernen Galerie.
— Renoir war bis jeßt in München nur mit ver-
einzelten und keineswegs den besten Arbeiten zu Gast.
Ob diese Kollektion von 41 Gemälden, die die Zeit
von 1873 bis 1901 umfassen, als maßgebende Darstel-
lung des Meisters gelten kann? Ich glaube nicht. Im
allgemeinen erfordern ja gerade Renöirs Arbeiten ein
besonders liebevolles Versenken. Sie enthüllen erst
bei wiederholtem Betrachten ihre wesentlichen Qua-
litäten: die paradiesische Reinheit einer im Grunde
naiven und fast kindlichen Künstlernatur, die arka-
dische Heiterkeit einer Weltauf-
fassung ohne jedes hauptstäd-
tische Raffinement, den roman-
tischen und besonders in der
früheren Periode an Monticelli
erinnernden Reiz der Farbe.
Neben Gemälden von solchen
Qualitäten sieht man hier je-
doch eine große Anzahl von
Bildern, die öldruckartig glatt
gepinselt und ganz ungewählt
in der Farbe sind. Der ehema-
lige Porzellanmaler macht sich
bemerkbar in den verschliffe-
nen charakterlosen Formen, in
dem sentimentalen, verblase-
nen Pinselstrich. Das meiste
davon ist freilich auf Rech-
nung des Alters zu serjen, und
ein hohes Verdienst bedeutet
die Ausstellung troß allem, da
sie immerhin in vier oder fünf
Meisterwerken die volle be-
strickende Liebenswürdigkeit
dieses Künstlertemperamentes
zum Vorschein bringt. - w. m.

BUHN*MÜNCHEN. GRABMAL FÜR FUL1X MOTTL

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