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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0161

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II. Abschnitt. Griechische Theater ausserhalb Athens.

dürfen, sind noch drei Schwellen erhalten, welche das ehemalige Vorhanden-
sein von drei Thüren beweisen. Die Hinterwand hatte dagegen nur eine Thür
in ihrer Mitte. Die Seitenwände waren ohne Thüröffnung. Ob es ein festes Ober-
geschoss gab, ist zwar an den Ruinen nicht zu constatiren, weil die Mauern
nirgends hoch genug erhalten sind und sich auch keinerlei Spuren einer Treppe
gefunden haben, kann aber, wie wir später sehen werden, kaum bezweifelt wer-
den. Die Höhe des Untergeschosses ist durch die bestimmbare Höhe der Ringhalle
gegeben, denn diese lässt sich nach den Massen der erhaltenen Bauglieder zu
ungefähr 3111 festsetzen, stimmt also mit den bei anderen Theatern gefundenen
und mit den von Vitruv angegebenen Höhenabmessungen überein.

Zwischen den Hallen der verschiedenen Seiten sind kleine Verschiedenheiten
zu bemerken. So beträgt ihre Tiefe an den beiden langen Seiten übereinstim-
mend 2,63™, während sie an den beiden anderen nur 2,04'" misst. Die Stützen
bestehen ferner an drei Seiten aus viereckigen Pfeilern von 0,425'" Tiefe und
0,265"' Breite ; an der vierten, zum Zuschauerraum gerichteten Seite sind die
oblongen Pfeiler nach aussen abgerundet und als Halbsäulen ausgebildet. Eine
weitere Verschiedenheit besteht darin, class die Axweite der Stützen an der Vor-
derseite 1,50'", an den drei übrigen Seiten 2,04'" beträgt. Auch darin unterscheiden
sie sich, dass die Intercolumnien an der ersteren Seite mit Pinakes geschlossen,
an den drei übrigen aber stets offen waren.

Trotz dieser Verschiedenheiten lässt sich nicht leugnen, dass die zum Thea-
ter gerichtete Halle nichts wesentlich anderes war, als die Hallen der drei an-
deren Seiten. Die Skene hatte also die Gestalt eines Peristyls, eines Saales, der
rings herum von einer Säulenhalle umgeben war. Diese Thatsache ist für die
Erklärung der zum Theater gerichteten Halle, die ein gewöhnliches Proskenion war,
von entscheidender Wichtigkeit. Da die Halle auf den drei anderen Seiten unzweifel-
haft als Schmuckhalle diente, muss sie auch an der vierten Seite, wo sie dieselbe
Tiefe und dieselbe Flöhe hatte, als eine zum Schmuck dienende Halle aufge-
fasst werden. Das ist aber gerade diejenige Deutung, welche wir den Proskenien
aller Theater gegeben haben. Wer das 3™ hohe Proskenion für zu niedrig hält,
um es als Säulenhalle anerkennen zu können, der muss auch für die hinter und
neben dem Skenensaal befindlichen Hallen eine andere Erklärung vorschlagen.
Dass jemand wagen wird, die ganze Ringhalle für ein Podium oder eine Bühne
zu erklären, welche rings um die Skene herumlief, scheint mir undenkbar. Daher
sehe ich in der Ringhalle unseres Theaters einen sehr wertvollen monumentalen
Beweis für die Unrichtigkeit der alten Bühnentheorie.

Das Proskenion bietet noch einige bemerkenswerte Einzelheiten. Zunächst
war in der mittelsten Säulenöffnung eine zweiflügelige Thür angebracht, deren
Zapfenlöcher noch erhalten sind. Von den übrigen Intercolumnien, welche mit Pi-
nakes geschlossen waren, scheinen zwei einen anderen Verschluss gehabt zu haben.
Denn in den 4. Intercolumnien beiderseits der Mittelthür erkennt man auf den
viereckigen Basensteinen neben den Säulen schmale Rillen, welche in derselben
 
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