12
DIE GARTENKUNST
während ein anderer das Pferd anbindet und dieses am
Stamme nagen läfst, so dafs grofse Verwundungen entstehen,
Ein dritter schützt im Herbst die jungen Bäume nicht
gegen Hasen, und so kann es vorkommen, dafs in einer
Nacht viele Exemplare von diesem Nager geschält werden.
Hier liest ein Unkundiger in einem Buche, die Krone müfste
luftig gestellt werden; er geht infolgedessen hin und
schneidet die dicksten Äste heraus, wodurch grofse
Schädigungen entstehen. Dort werden Bäume durch Stürme
und Hagelschauer oft zu Krüppeln gemacht, und so lassen
sich noch eine Anzahl Beispiele anführen. Am meisten
aber sind die Bäume an Strafsen und öffentlichen Wegen
der Beschädigung preisgegeben, denn hier glaubt jeder das
gröfste Recht zu haben, seinen Unfug ausführen zu dürfen.
Mögen nun die beigefügten Wunden noch so schwerer
Natur sein, so sollte man den Baum nicht ohne weiteres auf-
geben, denn er kann in vielen Fällen wieder hergestellt
werden. Ist derselbe im Frühling oder Herbst beim Pflügen
beschädigt worden, hat man vielleicht ein grofses Stück-
Rinde herausgerissen, so ist es am besten, wenn dasselbe
wieder auf die Wunde geprefst und mit einem Lappen fest
verbunden wird, damit keine Luft eindringen kann. Die
alte Rinde wächst nicht selten wieder an, meistens jedoch
bildet sich unter ihr in kurzer Zeit eine neue Rinden-
schicht. Ist das Rindenstück zerstört, so thut man gut,
die Wunde vorläufig mit angefeuchteter Erde zu bestreichen.
Im Laufe des Tages bereitet man einen Brei aus Lehm
und Kuhfladen, streicht diesen über die verwundete Stelle
und legt einen Verband aus Sackleinwand an, um voll-
kommenen Luftabschlufs zu erzielen. Unter dem Verband
wird sich bald durch Überwallung der Wundränder eine
neue Rinde bilden. Sind die Rindenwunden schon älter,
so wäre ein derartiger Verband nicht am Platze, da sich
unter dem Verbände neue Rinde nicht bilden könnte. In
solchen Fällen bestreicht man das freigelegte Holz mit
Holz- oder Steinkohlenteer, Baum wachs oder auch mit
Ölfarbe, wodurch das Holz gegen die Einflüsse der Witterung-
geschützt wird. Von anderer Seite wird empfohlen, über
einen der genannten Anstriche eine Mischung aus Lehm
und Kuhfladen zu streichen, weil auf diese Weise die
Wundränder erweicht werden und infolgedessen die Wunde
schneller heile. Doch möchte ich dieses Verfahren nicht
empfehlen, weil nach den von mir gemachten Wahr-
nehmungen dadurch die Imprägnationsmasse zerstört wird
und das Holz in Fäulnis übergeht. Will man indes eine
beschleunigte Heilung erzielen, so versehe man die der
Verwundung entgegengesetzte Seite mit Längsschnitten.
Schlimme Verwundungen entstehen durch Hasenfrafs. Diese
sind um so gefährlicher, als sie meist im Winter zugefügt
werden und weil der Hase nicht nur die Rinde, sondern
auch die rindebildenden Teile des Stammes abnagt. Ist
die Beschädigung nur eine leichte, so bestreicht man die
Wunde einfach mit Baumwachs; ist hingegen die Rinde
an einer Stelle ringsum abgenagt, so sind die Verhältnisse
schon schwieriger. Trotzdem ist die Rettung des Baumes
nicht ausgeschlossen. Im Frühling bringt man über und
unter der verwundeten Stelle in gerader Linie übereinander
T-Schnitte an, löst die Rinde auseinander und setzt in
diese einen einjährigen Trieb, welcher unten und oben
wie zum Kopulieren vorbereitet wird. Ist der Stamm
schon stärker, so setzt man zweckmäfsiger zwei solcher
Reiser ein. Die Reiser wachsen leicht an und vermitteln
die Saftcirkulation zwischen Wurzeln und Stamm; die
Wunde wird sozusagen überbrückt. Krebsige Stellen
an Äpfelspalieren und Pyramiden überbrückt man in der-
selben Weise. Dafs zur Ausführung dieser Arbeit eine
geschickte Hand erforderlich ist, braucht wohl nicht gesagt
zu werden.
Bei Bäumen, die durch Hasenfrafs beschädigt sind, be-
merkt man häufig unteihalb der Frafsstelle neue Triebe.
Dieselben eignen sich vorzüglich zur Uberbrückung der
Wunden und habe ich bei Anwendung dieses Verfahrens
überall gute Erfolge zu verzeichnen gehabt. An sonnigen
Tagen des Winters kommt es nicht selten vor. dafs schlecht
gepflegte und ungekalkte Bäume dicht über dem Boden
oder über der Schneelinie Frostwunden, sogen. Frostplatten
bekommen. Sind die Äste mit Schnee bedeckt, so kann
man derartige Beschädigungen auch in den Kronen wahr-
nehmen. Die Frostplatten machen sich im Sommer kennt-
lich durch Einsinken der Rinde. Diese löst sich später
los, das Holz wird freigelegt und ist dann den Witterungs-
einflüssen ausgesetzt. Wunden dieser Art schneidet man
mit scharfem Messer glatt und bestreicht sie mit Teer,
Baumwachs oder Ölfarbe.
Häufig konnte ich die Beobachtung machen, dafs
Bäume in mittlerem Alter an den Ästen meterlange Risse
erhielten, eine Erscheinung, deren Ursache wahrscheinlich
auf Störung der Saftcirkulation zurückzuführen ist. Auch
solche Wunden schneidet man aus und bestreicht dieselben
mit den oben bezeichneten Deckmitteln. Um Wiederholungen
zu vermeiden, sei bemerkt, dafs die genannten Stoffe stets
in Anwendung zu bringen sind, wenn es sich um gröfsere
Verletzungen an Obstbäumen handelt. Sehr gefährliche
Beschädigungen an Bäumen können durch Windbruch und
Schneedruck entstehen. In beiden Fällen werden oft
starke Äste an ihrem Grunde vom Stamm abgeschlitzt,
kleine werden gänzlich abgebrochen. Sind derartige Be-
schädigungen besonders umfangreich, so nimmt man am
besten eine Verjüngung der Baumkrone vor. Gröfsere
Wunden werden mit scharfem Messer glatt nachgeschnitten,
Schlitzwunden von gröfserem Umfange mit dem Schneide-
messer geglättet. Verletzungen, die gröfser als ein Drei-
markstück sind, müssen durch die bekannten Deckmittel
vor Witterungseinflüssen geschützt werden.
Beim Ausputzen der Bäume entstehende Wunden,
Schnittflächen etc. sind glatt zu schneiden und gut zu
decken. Besondere Sorgfalt erfordern Astlöcher und hohle
Bäume. Beide haben in der Regel ihr Dasein der Nach-
lässigkeit des Baumbesitzers zu verdanken. Erstere ent-
stehen durch mangelhaft ausgeführte Ausputzarbeiten, z. B.
durch Stehenlassen von Aststumpfen, zu dichtem Abscheiden
der Äste am Stamme und durch ungenügenden Schutz der
Wunden. Hohle Bäume sind häufig die Fortsetzung der
Astlöcher, nicht selten aber entstehen sie auch durch seit-
liche Wunden. In beiden Fällen ist es nötig, die Wunden
von faulenden Teilen zu befreien. Befindet sich in den
DIE GARTENKUNST
während ein anderer das Pferd anbindet und dieses am
Stamme nagen läfst, so dafs grofse Verwundungen entstehen,
Ein dritter schützt im Herbst die jungen Bäume nicht
gegen Hasen, und so kann es vorkommen, dafs in einer
Nacht viele Exemplare von diesem Nager geschält werden.
Hier liest ein Unkundiger in einem Buche, die Krone müfste
luftig gestellt werden; er geht infolgedessen hin und
schneidet die dicksten Äste heraus, wodurch grofse
Schädigungen entstehen. Dort werden Bäume durch Stürme
und Hagelschauer oft zu Krüppeln gemacht, und so lassen
sich noch eine Anzahl Beispiele anführen. Am meisten
aber sind die Bäume an Strafsen und öffentlichen Wegen
der Beschädigung preisgegeben, denn hier glaubt jeder das
gröfste Recht zu haben, seinen Unfug ausführen zu dürfen.
Mögen nun die beigefügten Wunden noch so schwerer
Natur sein, so sollte man den Baum nicht ohne weiteres auf-
geben, denn er kann in vielen Fällen wieder hergestellt
werden. Ist derselbe im Frühling oder Herbst beim Pflügen
beschädigt worden, hat man vielleicht ein grofses Stück-
Rinde herausgerissen, so ist es am besten, wenn dasselbe
wieder auf die Wunde geprefst und mit einem Lappen fest
verbunden wird, damit keine Luft eindringen kann. Die
alte Rinde wächst nicht selten wieder an, meistens jedoch
bildet sich unter ihr in kurzer Zeit eine neue Rinden-
schicht. Ist das Rindenstück zerstört, so thut man gut,
die Wunde vorläufig mit angefeuchteter Erde zu bestreichen.
Im Laufe des Tages bereitet man einen Brei aus Lehm
und Kuhfladen, streicht diesen über die verwundete Stelle
und legt einen Verband aus Sackleinwand an, um voll-
kommenen Luftabschlufs zu erzielen. Unter dem Verband
wird sich bald durch Überwallung der Wundränder eine
neue Rinde bilden. Sind die Rindenwunden schon älter,
so wäre ein derartiger Verband nicht am Platze, da sich
unter dem Verbände neue Rinde nicht bilden könnte. In
solchen Fällen bestreicht man das freigelegte Holz mit
Holz- oder Steinkohlenteer, Baum wachs oder auch mit
Ölfarbe, wodurch das Holz gegen die Einflüsse der Witterung-
geschützt wird. Von anderer Seite wird empfohlen, über
einen der genannten Anstriche eine Mischung aus Lehm
und Kuhfladen zu streichen, weil auf diese Weise die
Wundränder erweicht werden und infolgedessen die Wunde
schneller heile. Doch möchte ich dieses Verfahren nicht
empfehlen, weil nach den von mir gemachten Wahr-
nehmungen dadurch die Imprägnationsmasse zerstört wird
und das Holz in Fäulnis übergeht. Will man indes eine
beschleunigte Heilung erzielen, so versehe man die der
Verwundung entgegengesetzte Seite mit Längsschnitten.
Schlimme Verwundungen entstehen durch Hasenfrafs. Diese
sind um so gefährlicher, als sie meist im Winter zugefügt
werden und weil der Hase nicht nur die Rinde, sondern
auch die rindebildenden Teile des Stammes abnagt. Ist
die Beschädigung nur eine leichte, so bestreicht man die
Wunde einfach mit Baumwachs; ist hingegen die Rinde
an einer Stelle ringsum abgenagt, so sind die Verhältnisse
schon schwieriger. Trotzdem ist die Rettung des Baumes
nicht ausgeschlossen. Im Frühling bringt man über und
unter der verwundeten Stelle in gerader Linie übereinander
T-Schnitte an, löst die Rinde auseinander und setzt in
diese einen einjährigen Trieb, welcher unten und oben
wie zum Kopulieren vorbereitet wird. Ist der Stamm
schon stärker, so setzt man zweckmäfsiger zwei solcher
Reiser ein. Die Reiser wachsen leicht an und vermitteln
die Saftcirkulation zwischen Wurzeln und Stamm; die
Wunde wird sozusagen überbrückt. Krebsige Stellen
an Äpfelspalieren und Pyramiden überbrückt man in der-
selben Weise. Dafs zur Ausführung dieser Arbeit eine
geschickte Hand erforderlich ist, braucht wohl nicht gesagt
zu werden.
Bei Bäumen, die durch Hasenfrafs beschädigt sind, be-
merkt man häufig unteihalb der Frafsstelle neue Triebe.
Dieselben eignen sich vorzüglich zur Uberbrückung der
Wunden und habe ich bei Anwendung dieses Verfahrens
überall gute Erfolge zu verzeichnen gehabt. An sonnigen
Tagen des Winters kommt es nicht selten vor. dafs schlecht
gepflegte und ungekalkte Bäume dicht über dem Boden
oder über der Schneelinie Frostwunden, sogen. Frostplatten
bekommen. Sind die Äste mit Schnee bedeckt, so kann
man derartige Beschädigungen auch in den Kronen wahr-
nehmen. Die Frostplatten machen sich im Sommer kennt-
lich durch Einsinken der Rinde. Diese löst sich später
los, das Holz wird freigelegt und ist dann den Witterungs-
einflüssen ausgesetzt. Wunden dieser Art schneidet man
mit scharfem Messer glatt und bestreicht sie mit Teer,
Baumwachs oder Ölfarbe.
Häufig konnte ich die Beobachtung machen, dafs
Bäume in mittlerem Alter an den Ästen meterlange Risse
erhielten, eine Erscheinung, deren Ursache wahrscheinlich
auf Störung der Saftcirkulation zurückzuführen ist. Auch
solche Wunden schneidet man aus und bestreicht dieselben
mit den oben bezeichneten Deckmitteln. Um Wiederholungen
zu vermeiden, sei bemerkt, dafs die genannten Stoffe stets
in Anwendung zu bringen sind, wenn es sich um gröfsere
Verletzungen an Obstbäumen handelt. Sehr gefährliche
Beschädigungen an Bäumen können durch Windbruch und
Schneedruck entstehen. In beiden Fällen werden oft
starke Äste an ihrem Grunde vom Stamm abgeschlitzt,
kleine werden gänzlich abgebrochen. Sind derartige Be-
schädigungen besonders umfangreich, so nimmt man am
besten eine Verjüngung der Baumkrone vor. Gröfsere
Wunden werden mit scharfem Messer glatt nachgeschnitten,
Schlitzwunden von gröfserem Umfange mit dem Schneide-
messer geglättet. Verletzungen, die gröfser als ein Drei-
markstück sind, müssen durch die bekannten Deckmittel
vor Witterungseinflüssen geschützt werden.
Beim Ausputzen der Bäume entstehende Wunden,
Schnittflächen etc. sind glatt zu schneiden und gut zu
decken. Besondere Sorgfalt erfordern Astlöcher und hohle
Bäume. Beide haben in der Regel ihr Dasein der Nach-
lässigkeit des Baumbesitzers zu verdanken. Erstere ent-
stehen durch mangelhaft ausgeführte Ausputzarbeiten, z. B.
durch Stehenlassen von Aststumpfen, zu dichtem Abscheiden
der Äste am Stamme und durch ungenügenden Schutz der
Wunden. Hohle Bäume sind häufig die Fortsetzung der
Astlöcher, nicht selten aber entstehen sie auch durch seit-
liche Wunden. In beiden Fällen ist es nötig, die Wunden
von faulenden Teilen zu befreien. Befindet sich in den