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Die Gartenkunst — 2.1900

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Koopmann, Karl: Begründung des Schnittes der Gehölze aus ihrem natürlichen Aufbau, [2]
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Preisbewerbungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0121

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II, 6 DIE GARTENKUNST 109

denn örtliche Verhältnisse und individuelle Veranlagung
beschränken die Giltigkeit jeder Regel. Während aber der
Tagelöhner nach der im praktischen Betriebe eingebürgerten
Schablone arbeitet, wird derKultivateur bestrebt sein müssen,
auch jeden Arbeits-Vorteil, welcher dem natür-
lichen Aufbau der Pflanze abzulauschen ist, aus-
zunutzen. Die Stammerziehung brauche ich nur mit
einem Worte zu erwähnen ; aber auch der Kronenauf bau,
die Förderung und die Ausgestaltung der Form
jeden Gehölzes kann nur durch ein Eingehen auf
seine natürliche Entwickelung in richtige Bahnen
gelenkt werden, selbst auch dann, wenn Kulturzweck oder
Mode uns seine Gestaltung vorschreiben; der so beliebte
Heckenscherenschnitt spricht dagegen jeder natürlichen
Entwickelung Hohn. —

Es unterliegt keinem Zweifel, dafs die Ansicht vieler
Gartenbesitzer, ein Baum sollte überhaupt nicht geschnitten
werden, auch eine Berechtigung hat. zumal wenn Stand-
ort und Platzfrage nichts zu wünschen übrig lassen; auch
solchen Ansichten können wir sehr wohl mit bestem Ge-
wissen Rechnung tragen. Man bedenke immer, dafs die
Liebe zur Natur dem Besitzer solche Wünsche eingeimpft
hat und dafs es viel netter ist, mit einem Herrn zu arbeiten,
der überhaupt Interesse zeigt, als mit einem modernen,
blasierten Allesbesitzer. Ein geschickter Gartenkünstler
wird den Interesse zeigenden Liebhaber auch mal mit einem
einzigen Axthieb belehren können und wird selbst daraus
immer mehr lernen, dafs nicht in dem Viel, sondern
im richtigen Mafs und in einer weisen Beschrän-
kung des Schnittes der gröfstmögliche Erfolg
verborgen liegt. Nicht eine in die Augen fallende
grobe Arbeit, Veränderung oder gar Verwüstung ist der
Zweck des Schnittes, sondern nur eine feine Nachhilfe,
welche sich kennzeichnet durch eine nach Möglichkeit zu
verdeckende Verbesserung, nicht aber prahlt mit einer
möglichst kolossalen Arbeitsleistung.

Aber auch für diejenigen, welche all und jeden Schnitt
im Park- und Garten-Bestande verwerfen, werden die oben
aufgestellten Gesetze im vollen Mafse Geltung erhalten,
sobald es sich um Neupflanzung handelt. Baumarten,
welche durch Rückschnitt ihrer Langtriebe gefördert werden
können, müssen beim Verpflanzen entsprechend gestutzt
werden, wenn sie in Gesundheit erhalten werden
sollen. Während es sich bei Baumarten der anderen
Gruppe nur um ein Auslichten etwaigen Überflusses handelt,
indem man diesen ganz entfernt oder besser auf Kurztriebe
zurücksetzt und die Formzweige unbeschnitten läfst, werden
die durch Schnitt zu fördernden Gehölzarten auch an ihren
Formzweigen gestutzt werden müssen. Je schlechter
das Wurzel-Vermögen, desto energischer ist hier
mit dem Messer einzugreifen. Wer eine Rofskastanie,
Catalpe oder einen luglans an den Formzweigen stutzt,
verstümmelt und schwächt den Baum; ähnlich geht es mit
starkholzigen Ahornarten, Eschen, Magnolien, Liriodendron
etc. Wer aber Weiden, Pappeln, Akazien, Maulbeeren ohne
Rückschnitt verpflanzt, kann einer so mangelhaften Pro-
duktion gewärtig sein, dafs bei einigermafsen ungünstiger
Witterung ein Absterben zu erwarten ist und zwar nur

doshalb, weil man die Möglichkeit, die Wuchskraft
der Bäume durch Rückschnitt zu fördern, aufser
Acht gelassen hat. Das sprechendste Beispiel hierfür
ist eine feinzweigige Trauerweide, welche unbeschnitten in
wenigen Tagen — einer heifsen Sonnenbestrahlung aus-
gesetzt — verdorrt ist, dagegen stark gekröpft, auch wenn
fast aller Wurzeln beraubt, den üppigsten Trieb erzeugt.

Für Sträucher aller Art gelten gleiche Regeln. Sy-
ringen, Aralien, Azalien gehören zu den Gehölzen, welche
wohl ausgedünnt werden können und oft müssen, durch
allseitigen Rückschnitt aber in ihrer Entwickelung nur
aufgehalten werden; dagegen wird das Anwachsen der
Elaoagnus, Haiesien und Fontanesien durch ein Stutzen auf
beste, triebfähigste Augen nur gefördert. Bei manchen
Gehölzen ist das Stutzen sogar wieder eine Be-
dingung für das Anwachsen überhaupt, wie solches
bei Tamarix, Ginsterarten und anderen, feine Triebspitzen
entwickelnden Gehölzen bekannt ist. —

Dafs die vorstehenden Ausführungen aus dem letzten
Kapitel über Gehölzschnitt etwas gröfsere Anforderungen
an Beobachtung und Studium des angehenden Garten-
technikers stellen als der Heckenscherenschnitt, ist klar;
wer sich aber in diese Reihen nur bedingungsweise giltiger
Regeln und Gesetze einlebt und dadurch selbst entscheiden
und unterscheiden lernt, dem wird die Kultur der Gehölze
eine Quelle immer neuer Anregung und neuen Genusses
werden, und solches entschädigt ja den Gärtner für so
manche Mängel seines Daseins und Wirkens.

Preisbewerbungen.

Zum Wettbewerb, betreffend die Anlage des König
Albert-Parks zu Dresden.

Der Wettbewerb zwecks Erlangung von Plänen zur
Durcharbeitung des in den Anfängen bereits bestehenden
König Albert-Parks zu Dresden wurde in der arbeitsvollsten
Zeit, der Hochsaison der Landschaftsgärtnerei zum Austrag
gebracht. Die Kürze der gegebenen Frist machte sich
hierdurch doppelt empfindlich bemerkbar. Die Preise für
die Riesenarbeit waren niedrig, die Preisrichter unbekannt.
Wenn nun trotzdem dreizehn Entwürfe eingegangen sind,
so ist dies noch eine über Erwarten starke Beteiligung, und
es ist damit der Beweis erbracht, dafs viel Schaffensfreude
und fleifsiges Streben den Jüngern der Gartenkunst inne-
wohnt.

Leider war das Ergebnis ein negatives, keine der ein-
gelieferten Arbeiten erfüllte ganz die gestellten Er-
wartungen. Man sah von einer Prämiierung ab.

Zweck nachstehender Zeilen ist es nun nicht, zu er-
örtern, ob es recht oder unrecht sei, zur Dämpfung
erwähnter löblicher Eigenschaften der Gartenkünstler die
ausgeschriebenen Preise zurückzuziehen und sich mit
kleinen Arbeitsentschädigungen für die vier relativ besten
abzufinden — auch nicht, zu untersuchen, ob der im Aus-
stellungskatalog ausgesprochene Grund dieser Mafsnahme,
die „Lückenhaftigkeit der Unterlagen," solchen Schritt
zu rechtfertigen vermag — es soll auch dahingestellt
 
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