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Die Gartenkunst — 2.1900

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Wieck, Hans: Fürst Pückler-Muskau in der Beurteilung seiner Zeitgenossen, [3]
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Verschiedenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0198

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186

DIE GARTENKUNST

II, 10

an. Es ist nicht recht glaublich, dafs eine Konvenienzheirat
vorlag, wie P. später verschiedentlich behauptet. Dies erscheint
nicht möglich, denn Pückler hätte es in der vorteilhaften
Lage, in der er sich befand, nicht nötig gehabt. — Jedenfalls
verlobte er sich mit der Gräfin, die bereits mehrere Jahre
getrennt von ihrem Gatten lebte und sich nunmehr rechtsgiltig
scheiden liel's. Es war ein entscheidender Schritt. Lhrem
Vater wurde sie durch die Heirat mit Pückler vollständig
entfremdet. Er übersah sie seit dieser Zeit ganz und enterbte
sie später. Ganz auf Pückler angewiesen, mufste sie auch
hier von Anfang an die bittersten, schmerzlichsten Ent-
täuschungen erleben. Es liegt in ihrem Schicksal eine tiefe
Tragik, und bei der Leidenschaftlichkeit ihrer Natur ist es im
höchsten Grade bewunderungswürdig, wie innig und stark sich
ihre Liebe zu Pückler trotz aller Vorkommnisse bewährte.

Von seinem ersten kurzen Aufenthalt in England hatte
Pückler mancherlei Anregungen und Pläne zur Verschönerung
seines Besitzes mit herübergenommen. In England war damals
die Gartenkunst in ihrer höchsten Entfaltung.

Die Reaktion gegen den französisch-italienischen Stil hatte
Kent begonnen, aber aus seiner Schule, die durch den Ausschlui's
jeder Terrasse und jeder architektonischen Linie Weichheit und
Nacktheit hervorrief, war bereits eine andere emporgewachsen.
Giipin und Price stellten neue Grundsätze auf, Herbheit und
Wildnis sollten sich im Garten ausbreiten. Die Wut, alles
zu zerstören und Terrassen zu beseitigen, nahm ab, der Hang
zum Pittoresken und Malerischen zu. Repton schliefslich
vereinigte alles Vorzügliche der früheren Schulen in seinem
Verfahren. Er hatte bereits damals, als Pückler nach England
kam, grofsen Ruf. Der Reichtum der dortigen Grofsgrund-
besitzer, der sich nicht nur in giofsen Ackern und Forsten,
Baumschulen und Vieh zeigte, sondern vor allem darin, dafs
sie ihren Ehrgeiz darin setzten, diese Besitzungen auch dem
ästhetischen Empfinden angenehm zu machen, wirkten dahin,
dafs Pückler sich mit ähnlichen Gedanken für seinen Besitz
trug. Er war begabt mit einer scharfen Kritik; er erkannte
die schwachen Seiton des früh englischen Stiles, wie Repton
bereits vor ihm in England. Die Karikaturen deutscher so-
genannter „englischer Gärten" (ich erinnere an die Beschreibung
einiger in seinem Tagebuch, so des englischen Garten des
Barons Braun in Schönau) thaten das ihre, um seine Schöpfungen
frei von Geschmacksverirrungen zu halten. Reich ausgestattet
mit Geldmitteln, mit einem feinen Gefühl für die Schönheiten
der Natur und einem immer ins Grofse und Wirkungsvolle
gerichteten Blick schuf er in Muskau jenen berühmten Park,
der heute zu -den schönsten Deutschlands gehört.

Ob er dadurch für die Gartenkunst, speziell für die deutsche,
das geworden ist, wozu ihn viele stempeln wollen, ist heute
noch eine offene Frage, deren Beantwortung ein grofses und
schwieriges Studium des Muskauer Parkes vor und nach seiner
Schaffung verlangt. Vielleicht ist es heute bereits unmöglich,
das festzustellen; eins ist jedenfalls bedingungslos anzuerkennen,
dafs Pückler durch seine hohe Stellung, durch sein Gartenbuch
und seine Schöpfungen vor allem in dem reicheren Teil der
Nation Freude an der Natur, Geschmack und Schönheitssinn
in hohem Grade wieder erweckt hat und sie zu eigner Thätig-
keit auf dem Gebiete der Landesverschönerung anreizte.

Muskau sollte einen möglichst überraschenden Eindruck
auf seine Braut machen, und er arbeitete nach Kräften daran,
Schlols und Park in einen würdigen Zustand zu bringen. Mitte
1817 fand endlich die eheliche Verbindung Luciens mit Pückler
statt, nachdem ihre Scheidung vom Grafen von Pappenheim
vollzogen war. Noch vor der Heirat wurde Adelheid an den
Fürsten Heinrich von Carolath vermählt. Pückler setzt nun

Helmine an ihre Stelle und „ihre mädchenhafte Jugend gefiel
ihm im Grunde weit besser als Adelheids mit bachantischer
Lebhaftigkeit gemischte Liebenswürdigkeit." Pückler war zu
jener Zeit in Aachen teilweise seiner Gesundheit, teilweise
des Kongresses wegen.

Mit seinem Schwiegervater, den er dort traf, versuchte er
vergebens, in ein günstiges Verhältnis zu kommen. Harden-
berg wies ihn in auffallender Weise ab und behandelte ihn
kalt. Sein Wunsch, einen Gesandtschaftsposten zu erhalten,
wurde energisch zurückgewiesen, wie aus dem nachgelassenen
Briefwechsel ganz klar hervorgeht. (Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Der neue Plan zur Umgestaltung der Strafse Unter den
Linden in Berlin, den der „Voss. Ztg." zufolge der städtische
Baurat Krause auf Grund eines Entwurfs des Tiergarten-
diroktors G eitner nach den Wünschen des Kaisers ausgearbeitet
hat, legt weniger Gewicht auf die monumentale Ausstattung der
Strafse als auf eine glatte und dem Charakter der Strafse an-
gemessene Abwickelung des Verkehrs. So soll der unschöne
schmale Lastweg zwischen Mittelallee und Südseite verschwinden.
Statt seiner wird die Südseite der Linden um dieses Stück
verbreitert werden, und zwar wird die Verbreiterung sowohl
dem Fahrdamm wie dem südlichen Bürgersteig, der weiter
hinausgerückt werden soll, zu gute kommen. Die Nordseite
behält den Reitweg, gegen den früher manche Einwendungen
gemacht wurden, auf dem aber der Kaiser nachdrücklich schon
aus persönlichen Gründen bestand. Eine Planierung des
nördlichen Strafsenzuges ist dafür vorgesehen. Die häfslichen
Eisengitter zu beiden Seiten der Mittelallee werden fallen,
dafür werden gradlinig sich hinziehende Rasenflächen den
Mittelweg umsäumen. Weiter sind Neupflanzungen von
Lindenbäumen vorgesehen, denen die alten, überständigen
Bäume Platz machen sollen. Verschiedenartige Beete mit
Schmuckpflanzen werden der Strafse einen mehr künstlerischen
Ausdruck verleihen. Da die Angelegenheit jetzt vom Magistrat
der Park- und der Baudeputation übergeben worden ist, wird
der Beginn der Umgestaltung hoffentlich nicht mehr zu lange
auf sich warten lassen. Man nimmt an, dafs die Arbeiten ins-
gesamt zwei Jahre in Anspruch nehmen werden.

Die Bitte des Märkischen Obstbauvereins, die Obstanlage
der nach Dahlem zu verlegenden Königl. Gärtner-Lehr-
anstalt als eine Muster-Obstanlage in ausgedehntester Weise
einrichten zu wollen, ist vom Landwirtschaftsminister ab-
schlägig beschieden worden. Soweit die in der Begründung
erwähnten Zwecke in den Rahmen der Lehranstalt fallen, werde
das für die Anstalt in Aussicht genommene Gelände die
Möglichkeit der Berücksichtigung in vollem Mafse bieten.
Auch liefsen sich, so lange eine Bebauung der Gemarkung
Dahlem noch nicht erfolgt sei, zeitweilig einzelne Flächen zu
Versuchen verwenden; so seien für die landwirtschaftliche
Hochschule Versuchsfelder vorbehalten, und die Bepflanzung
von Wegen mit Obstbäumen sei in Aussicht genommen. Da-
rüber hinaus die Gelegenheit zu Versuchen, Musterpflanzungen,
Sortimentsaiilagen zu bieten, sei der Minister nicht in der Lage;
vielmehr müsse der Märkische Obstbauverein, wenn er diesen
Zielen zustreben wolle, auf das Beispiel anderer Provinzen
verwiesen werden, wo durch die Provinzialverbände Muster-
gärten geschaffen worden seien. In der Mark Brandenburg
würde sich die. Nacheiferung dieses Beispiels etwa in der Er-
weiterung der Anlage in Wittstock und Krossen ohne all-
zu grofse Schwierigkeiten wohl ermöglichen lassen.
 
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