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Die Gartenkunst — 2.1900

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Trip, Julius: Die öffentlichen städtischen Gartenanlagen Hannovers und ihre Entwicklung in den letzten 10 Jahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0109

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II, 6 DIE GARTENKUNST 97

Verschönerung der Städte durch die Gartenkunst.

Die öffentlichen städtischen (iartenanlagen Hannovers
und ihre Entwickelung in den letzten 10 Jahren.

Von J. Trip, Städt. Gartendirektor in Hannover.

(Hierzu 4 Ansichten und 1 Plan.)

(Nachdruck verboten.)

Während sich bei dem äufserst schnellen und un-
geahnten Aufschwung Hannovers in den letzten drei
Dezennien eine aufs höchste gesteigerte Thätigkeit auf
allen Gebieten des öffentlichen städtischen Bauwesens be-
merkbar machte und eine den Anforderungen der Neuzeit
entsprechende Entwickelung zur Grofsstadt in die Wege
geleitet wurde, machte es sich zu Ende der 80 er Jahre
immer mehr fühlbar, dafs die Ausgestaltung und Pflege
der städtischen Zieranlagen mit der sonstigen Entwickelung
der Stadt nicht Schritt gehalten hatten. Man war bei den
sonstigen gewaltigen Anforderungen, welche infolge dieses
Aufschwungs an die Stadtverwaltung herantraten, so spät
dazu gekommen, auch an den Ausbau dieses wichtigen
Zweiges der Stadtbaukunst zu gehen, weil sich die Bedürfnis-
frage angesichts der weit ausgedehnten weltbekannten
Königlichen Anlagen (Weifengarten, Georgengarten und
Herrenhäuser Gärten) im Westen und des mächtigen Stadt-
waldes der Eilenriede im Süden und Osten lange nicht so
fühlbar gemacht hatte, wie in den meisten anderen Grofs-
städten. Besafs doch die Stadt Hannover schon zu der
Zeit, wo sie nur 25 000 Einwohner zählte, allein in diesen
Grünanlagen einen Komplex von rund 136Va ha für die
Königlichen Gärten und 622 ha für die Stadtforsten in un-
mittelbarer Nähe ihres Weichbildes, während die inneren
städtischen Anlagen sich bis zum Jahre 1889 auf die
äufserst geringe Fläche von 71/2 ha beschränkten.

Wohl war die Königliche Eisenbahnverwaltung durch
die nach den Plänen des verstorbenen Gartendirektors
Neide in Berlin in geschmackvoller und reicher Weise
ausgeführte Anlage des Ernst August-Platzes vor dem
Bahnhofe mit gutem Beispiel vorgegangen und hatte auch
durch musterhafte, blumistisch wechselvolle Bepflanzung
und peinlich saubere Unterhaltung der Anlage gezeigt, wie
städtische Gartenanlagen dem wachsenden Grofsstadtbilde
entsprechend ausgestaltet und unterhalten werden müssen,
aber in den der städtischen Gärtnerei unterstellten Anlagen-
flächen hatte man bis dahin, allerdings nach Mafsgabe der
für diese Zwecke ausgeworfenen sehr geringen Mittel, nur
sehr schwache Versuche gemacht, dem gegebenen Beispiel
zu folgen. Auch auf die ausgedehnte gärtnerisch gestaltete
Fläche des Theater-Platzes, welcher erst im Jahre 1889
in den Besitz der Stadt überging und auf Königliche
Kosten unterhalten wurde, war wenig Sorgfalt verwendet
worden. Derselbe machte noch vor 10 Jahren mit seinen
verunkrauteten Rasenflächen, seinen wenig gepflegten
Gehölzgruppen und Einzelpflanzen einen recht verwahr-
losten Eindruck. Vom Theaterplatz aus beginnend und
der Richtung der früheren Festungswerke folgend, ver-

Die Gartenkunst.

teilten sich die 7% ha der städtischen Gartenanlagen auf
den Georgsplatz, den Prinzenwall, die Promenaden
am Friedrichswall, sowie auf die im Jahre 1894
städtischerseits vom Staate angekauften Anlagen am
Friederikenplatze, am Archiv und am Leibnizberge,
welche aber auch damals schon der Stadtgärtnerei unter-
standen. Aufserhalb des früheren Festungsringes gehörten
dazu der Simons- und der am Eingange zur Herrenhäuser
Allee gelegene Königsworther Platz, dann in südlicher
Richtung von denselben die Anlagen um die Christus-
kirche und (hinter dem Centraibahnhofe) am Raschplatz.
Die Stadtgärtnerei befand sich damals — zwei Gewächs-
häuser, wenige Frühbeetkästen und Anzuchtbeete ent-
haltend — in der Ohe hinter dem Bella Vista-Garten und
lag gröfstenteils im Überschwemmungsgebiet der Leine.

Geschichtlich dürfte für die Entstehung der Anlagen
von Interesse sein, dafs nur die Anfänge der Promenaden
am Friedrichswall im Südwesten der Stadt in der Nähe
des Leineschlosses und des Rathauses, des früheren
Wangenheimschen Palais, in welchem König Georg V.
wohnte, auf das Ende des vorigen Jahrhunderts zurückzu-
führen sind, nachdem im Jahre 1787 die Herstellung der
Friedrichstrafse erfolgt war.

Die Anlagenflächen des Friederikenplatzes und des
Leipnizberges stammen aus den Jahren nach 1825, zu
welcher Zeit der Umbau des Königlichen Residenzschlosses
durch den für die spätere Entwickelung der Stadt so hoch
bedeutsamen Hofbaudirektor Laves vollendet wurde.
Seinem weitschauenden Blicke verdankt Hannover die für
alle Zeiten musterhafte Einteilung der sog. Ernst August-
Stadt, jenes meisterhaften Systems von mächtigen Stadt-
plätzen und breiten Strafsenzügen im Anschlufs an die
Georgstrafse, welches auch noch heute vor allem Hannover
das Gepräge einer Grofsstadt giebt. Er legte dann auch
nach Vollendung des Hoftheaters die Grundzüge für die
erstmalige Einteilung und Bepflanzung des Theaterplatzes
und Georgsplatzes fest. Alle anderen Anlagen sind späteren
Datums.

Bis zum Jahre 1890 unterstanden die Stadtgärtnerei
und die öffentlichen Anlagen mit drei Beamten (dem Stadt-
gärtner und zwei Wallaufsehern) dem Stadtbauamte und
zwar der Abteilung für Kanalisation. Wasserleitung,
Strafsenreinigung u. s. w., andere gärtnerische Objekte
dagegen, wie Alleen, Baumpflanzungen und Vorgärten bei
öffentlichen Gebäuden, aufser Betrieb gesetzte, dem Publikum
als Anlagen freigegebene Friedhöfe, wie der Garten- und
Nikolaifriedhof, der Abteilung für Tiefbau.

In diese althergebrachten Verhältnisse kam nun im
genannten Jahre ein völliger Umschwung, welcher sich
schon dadurch kennzeichnete, dafs entsprechend der
Wichtigkeit der öffentlichen Anlagen für die Gesundheit
und Schönheit der Stadt ein engerer Ausschuf]s für die-
selben gewählt und eine selbständige städtische

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