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Die Gartenkunst — 2.1900

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Janson, E. A.: Ästhetische Briefe über Gartenkunst, [1]
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112

DIE GARTENKUNST

ein ziemlich grofses Stück von dem Terrain einfach ab-
trennt und an einer andern Stelle ein solches anflickt.
Beim Plan mit dem Motto „Guteborn" entspricht der grofse
Teich ganz und gar nicht der gegebenen Situation, außer-
dem verstöfst er aber gegen das Programm dadurch, dafs
er den Hauptweg durch die an der Försterei Pisehhaus ge-
legene Wildwiese führt, welche laut Programm unberührt
bleiben mufs. Beim Plan „Waldpark 8" fehlt ein Stück
von ca. 50 m Breite und 800 m Länge; aufserdem ist dieser
Plan in der Wegeführung so unsauber gezeichnet, dafs,
wenn einer meiner Schüler mir einen derartigen Plan ab-
liefern wollte, ich ihm demselben ohne weiteres zerreifsen
würde.

Das Empfehlen derartiger Arbeiten, die so gegen das
Programm verstofsen, zeugt doch sicher nicht von einer
eingehenden Prüfung der ausgestellt gewesenen Pläne.

Nachschrift der Redaktion.
Zu vorstehender Kritik des Preisgerichts seitens des
Herrn Goerth erhielten wir von einem der Herren Preis-
richter, dem Kgl. Hofgartendirektor Herrn G. Fintelmann
in Potsdam, dem wir einen Korrekturabzug derselben zu-
sandten, folgende

Entgegnung.

Die im vorstehenden dargelegten Betrachtungen über
das Urteil der Herren, welche in Dresden zusammen-
berufen waren, um ein Gutachten über die Entwürfe zum
König Albert-Park abzugeben, würden das Richtige troffen
und berechtigte Vorwürfe enthalten, wenn es sich in diesem
Falle um die Beurteilung der Lösung einer akademischen
Aufgabe gehandelt hätte. Schon die Thatsache, dafs dieser
Gruppe von Preisrichtern nur die Beurteilung der Lösung
dieser einen Aufgabe anvertraut war, dafs die Gruppe
„Zeit und Ruhe zu einer eingehenden Prüfung hatte, ohne
durch die Beurteilung anderer Aufgaben in Anspruch ge-
nommen zu sein", liefs keinen Zweifel darüber aufkommen,
dafs die Arbeit der Preisrichter mit dazu beitragen sollte,
ein grofses Ziel zu erreichen: das auf dem rechten Elbufer
gelegene Waldgelände allmählich in einen König Albert-
Park zu verwandeln.

Das über vierhundert Morgen grofse Gelände
wurde während einer mehrstündigen Wagenfahrt
und Fufswanderung durchforscht. Unter dem frischen
Eindruck dieser Besichtigung wurden die schon vorher
theoretisch geprüften Arbeiten einer neuen sorgfältigen
Beurteilung unterworfen. Wenn nun die Preisrichter das
Empfinden hatten, dafs keiner der dreizehn Entwürfe der
gestellten Aufgabe gerecht geworden sei, und wenn sie
nach bestem Wissen und Gewissen ihr Urteil dahin ab-
gaben, dafs eine Prämiierung nicht stattfinden könne, weil
eben die Aufgabe von keiner Seite annähernd ausreichend
gelöst sei, so ist das betrübend, aber nicht unberechtigt.
Dafs andere Beurteiler anderer Meinung sind, darf niemand
in Verwunderung setzen.

Die für den Entwurf gegebenen Unterlagen waren
wirklich nicht hervorragend und hatten auch, wie die Be-
sichtigung des Geländes ergab, bedeutende Lücken. Ihre

Beschaffenheit erschwerte die Lösung der Aufgabe unge-
mein, nach Ansicht einiger bis zur Unmöglichkeit.

Die Preisrichter haben diejenigen Pläne zum Ankauf
empfohlen, welche nach ihrem Urteil Ideen und Anregungen
enthielten, die bei der Schaffung des König Albert-Parkes
verwendet werden können.

Ich wünschte wohl, dafs durch diese leider erfolglose
Konkurrenz wenigstens das Gute bewirkt worden wäre,
dafs in Zukunft Unterlagen für derartige gartenkünstlerische
Aufgaben nicht mehr in die Welt gelassen würden, ohne
dafs Fachleute an ihnen mitgearbeitet haben.

G. Fintelmann.

Ästhetik.

Ästhetische Briefe üher Gartenkunst.

Von E. A. Janson.

i.

Mein lieber F.!

Sie legen mir da eine Reihe von Fragen vor, deren Beant-
wortung erstens nicht gar so sehr einfach, zweitens geradezu
unmöglich in wenigen Sätzen ist. Heute will ich versuchen,
Ihre erste Frage: „Welche Stellung nimmt die Gartenkunst zu
den übrigen schönen Künsten ein?" zu beantworten. Wie Sie
ja wissen, hat es zu. allen Zeiten Leute gegeben, die der Garten-
kunst den Charakter einer selbständigen schönen Kunst nicht
zuerkennen wollten, sondern sie eine untergeordnete, ver-
schönernde nannten. Auch heute noch ist die grofse Masse
des Volkes gewohnt, von der Gartenkunst nicht in dem Sinne zu
sprechen, wie sie das z. B. von der Malerei oder der Dichtkunst
zu thun pflegt. In dem Auge des Volkes hängt an der Garten-
kunst immer noch etwas Handwerksmäfsiges, ebenso wie an
der Baukunst. Vielleicht kommt das daher, dafs der Garten-
künstler wie der Baumeister neben ihren künstlerischen Fähig-
keiten auch bedeutende fachtechnische Kenntnisse haben und
verwenden müssen, und die Arbeit in realem Sinne dem Volke
proletarisch scheint. In seiner Vorstellung nimmt diese Arbeit
der Gartenkunst den Nimbus der reinen Kunst. Das Volk
erkennt eben bei seinem Mangel an Nachdenken das Wesen
der Gartenkunst als gleichberechtigter Schwester der Malerei
z. B. nicht. Dazu kommt, dafs wir unter hundert Arbeiten über
Kunstästhetik sehr selten auch nur eine finden, die der Garten-
kunst im besonderen gewidmet wäre. Ich bin Ihnen deshalb
dankbar, mich durch Ihre Frage zu nachfolgender kleinen Be-
trachtung veranlafst zu haben; denn ich glaube, sie dürfte
eine merkbare Lücke in einer Bibliothek der Ästhetik ausfüllen.

Ich gehe nun zu der eigentlichen Beantwortung Ihrer
Frage über und beginne mit dem Verhältnisse zwischen Garten-
künstler und Dichter. Sind Gartenkunst und Dichtkunst ein-
ander verwandt und giebt es Brücken, Übergänge, mit deren
Hilfe der Landschaftsgärtner die Poesie in seine künstlerischen
Werke ziehen kann? — Nein, behaupte ich. Sie würden mich
für einfältig erklären, wollte ich Ihnen die Frage vorlegen,
ob der Dichter vielleicht einen schönen Garten in Verse bringen
könnte, aber den Kopf zerbrächen Sie sich doch vielleicht,
fragte ich Sie: Kann der Landschaftsgärtner die dichterischen
Gedanken eines Poeten mit den ihm zu Gebote stehenden
Mitteln so darstellen, dass selbe dem Lustwandelnden zum Be-
wufstsein kommen. Könnte er vielleicht die Phantasien eines
Dichters so in seinem gärtnerischen Kunstwerke zum Ausdruck
 
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