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Die Gartenkunst — 2.1900

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Hein, Heinrich: Der Rasengrassamen im Kostenanschlag
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0045

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34 DIE GARTENKUNST II, 2

Grassamenhandel ist die verschiedene, in den Kostenan-
schlägen bei Gartenanlagen zum Austrag kommende Be-
handlung der Rasenanlage. Dafs dieses so und nicht
anders ist, hat zu einem grofsen Teil seinen Grund in der
allgemeinen grofsen Unsicherheit in der Beurteilung der
Grassamenhandelsware seitens der Beikommenden. Die
vielgerühmte „Branchekenntnis" im Grassamenhandel is*
meistenteils nichts anderes als ein oberflächliches Kennen der
äufseren Gestalt einiger Grassamenarton, die Unterscheidung-
schwerer oder leichter Saat, Kaff u. s. w. und der
Methode, wie sich der Abgang beim Reinigen be-
stimmter Saaten am besten nutzbringend noch
verwenden läfst. Nur sehr selten trifft man im Gras-
samenhandel auf Leute der Samenbranche, die es mit ihrem
Beruf ernster nehmen. So war es schon vor zwanzig
Jahren, so ist es bei der Mehrzahl noch jetzt und so wird
es auch noch lange bleiben, wenn nicht die haupt-
sächlichsten Konsumenten, die Landschafts-
gärtner, ernstlich Front machen gegen das Un-
wesen im Grassamenhandel und ihrerseits zeigen,
dafs sie ihre Aufgabe ernster auffassen und den
Willen und die Befähigung mitbringen, Betrug
und Leichtfertigkeit mit Erfolg zu bekämpfen.

Eine vorzügliche Illustration zu den im Grassamen-
handel ganz öffentlich zu Tage tretenden Krebsschäden
giebt für den kundigen Fachmann eine Blumenlese von
Prcisnotiorungen und Bezeichnungen aus den Annoncen
der verschiedenen Zeitschriften und aus den Preislisten
der Samenhandlungen. Ich lasse aus 1899 solche Preis-
notierungen und Bezeichnungen von Grassamenqualitäten
hier folgen, ohne Namen zu nennen, deren Inhaber die
Unbequemlichkeit solcher Revue empfinden möchten. An-
statt der Namen der Inserenten setze ich Ziffern. Es gilt
nur ein Bild zu schaffen, welches die grofse Verschiedenheit
in der Preislage darstellt, um dieses Bild zur Bildung von
Rückschlüssen benutzen zu können. Es wird durch
Insertion in den gelesensten Familienjournalen und in
gärtnerischen Zeitschriften und Offertenblättern angeboten:
A. Berliner „Tiergartenmischung", zum Teil mit
der Bezeichnung „für leichten Boden":
Vom Lieferanten No. 1:

zum Preise von 24 M.; 21 M.; 18 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 2:

zum Preise von 28 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 3:

zum Preise von 43 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 4:

zum Preise von 45 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 5:

zum Preise von 23 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 6:

zum Preise von 37,50 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 7:

zum Preise von 40 M.; 35 M.; 30 M. pro 50 kg.
Vom Lieferanten No. 8:

zum Preise von 21 M. für „schwere Saat" pro 50 kg.
Vom Lieferanton No. 8:

zum Preise von 18 M. für „leichte Saat" pro 50 kg.

B. „Fürst Pückler-Rasenmischung."
Vom Lief. No. 9: zum Preise von 25 M. pro 50 kg.
„ „ No. 10: „ „ „ 62,50 M. „ „ „

C. „Flora-Mischung" wird angeboten in 2 Qualitäten

zu 30 und 36 M. pro 50 kg.

D. „Trocadero-Mischung" (wahrscheinlich weit her-

geholt) kostet pro 50 kg 50 M.

E. „Hochfeine" Rasengrasmischung kann man kaufen

zu nachbezeichneten Preisen:
Angebot Nr. 1: pro Pfund 50 Pfennig.
No. 2: „ „ 40
No. 3: „ „ 45
No. 4: „ „ 62
No. 5: „ „ 65
No. 6: „ 50 kg 65 Mark.

F. „Feine" Rasenmischung ist bedeutend billiger;
mau kauft sie für 25, 22 und 20 M. pro 50 kg und dabe
bleibt sie immer noch „fein".

G. Qualitativ vielleicht etwas besser ist die „Leip-
ziger Promenadenmischung"; sie wird zu 24 M. pro
50 kg angeboten.

H. „Frankfurter Palmengartenmischung kostet
pro 50 kg 25 M. — Der Preis spricht jedenfalls nicht zu
Gunsten dieser Mischung.

I. „Feinste Teppichrasenmischung" offeriert der
eine pro 50 kg für 26 M. — Ein anderer liefert das Post-
paket = 5 kg für 6,50 M. — Welcher Kontrast! Wenn
für den geringeren Preis Gutes geliefert würde, müfste die
höher bezahlte Ware ja viel zu teuer sein! Meine nach-
stehende Berechnung verdient daher Beachtung.

K. Mischung für „tief beschattete Plätze" oder
Flächen braucht nicht jedermann. Wer sie braucht, wird diese
universale Ware für 50 M. für 100 Pfund kaufen ikönnen.

L. Mischung für halb schattige Rasenflächen
wird schon mehr gebraucht und wünschenswert wäre es
jedenfalls, sie da, wo sie wirklich nötig ist, in vorzüglicher
Qualität bekommen zu können. Der Interessent kann die
hierfür angebotene Ware für 40 M. pro 50 kg kaufen. Was
ich davon gesehen, hatte einen sehr zweifelhaften Wert.

Angesichts der grofsen Preisverschiedenheit in dem
Angebot von Rasengrassamen darf es nicht verwundern,
wenn sich dieselbe in den Kostenanschlägen der Land-
schaftsgärtner wiederspiegelt, wofern es seitens derselben
nicht vorgezogen wird, die Grassamenlieferung mit der
Arbeitsleistung zu verquicken und damit einer kitzeligen
Aufgabe geschickt aus dem Wege zu gehen. Über den
sachlichen Wert aller dieser Mischungen und Qualitäten
will ich mein Urteil nicht veröffentlichen. Ich begnüge
mich, darauf hinzuweisen, wie fast jeder, der mit Gras-
samen handelt, in seinem Katalog bei den Gräsern wie
bei anderen Sämereien beliebige Zusätze macht, ohne
sich bewufst zu werden, dafs dabei oft der purste Unsinn
zustande kommt. So lese ich in einem mir soeben für
1900 zugegangenen Preisverzeichnisse einer sonst ge-
achteten Firma, dafs die mit * bezeichneten Gräser „die
besten Rasengräser" seien. Dagegen läfst sich nichts
einwenden, dafs aber Phleum pratense, Thimotheegras mit
einem * bezeichnet ist und damit zu einem der besten
 
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