Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 2.1900

DOI Artikel:
Janorschke, Oskar Karl: Oberschlesische Parkanlagen, [2]: Dobrau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0053

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42 DIE GARTENKUNST II, 3

Windungen, stellenweis stark erweitert, durch den Park
und kaum ist zu bemerken, dafs eine Künstlerhand hier
thätig war. Alles zeigt natürliche Formen, als wenn es
immer so gewesen wäre. Überall sieht man die Menschen-
hand verdeckt durch möglichste Nachahmung der Natur.
Mitten im Park, dicht mit Pflanzungen umgeben, liegt eine
Schleufse mit zwei Metern Wassergefälle im Zusammen-
hang mit den oberen Teichen. Am Nordende des Parkes
schliefst der Wasserlauf mit den Wasserfällen. Zwei
kleinere über grofse Pelsstücken rauschende Wasserfälle
sowie der eingangs erwähnte grofse Wasserfall liegen habe
beisammen und zwischen ihnen zieht sich eine stark
bewegte, idyllisch gelegene Inselgruppe hin. Allmählich
höher steigt der Inselzug zwischen den Wassern, mit
einem zehn Meter hoch gelegenen, pilzartig überdachten
Sitzplatz endigend, dem Lieblingsaufenthalt des schaffens-
freudigen Besitzers. Bin schmaler, kaum l'/a m breiter
Weg verbindet über Naturholzbrücken die einzelnen Partien
dieses wildromantischen Parkteiles. Die ganze Anlage
der Ihselterrains, wie auch die Pflanzung, entsprechen
dem Charakter des tobenden Elementes. Wild zerstreute
Pflanzungen von niedrigen Coniferen, Laubhölz, Stauden-
blumen und schattigen Bäumen decken den geschlängelten
Weg; Pelsblöcke lagern durcfieinander, zunächst halb in
den Boden versenkt oder moosumsäumt, teils von Wald-
epheu und Sadebaum halb verdeckt. Gröfsere Felsen-
partien schliefsen sich hier an und ziehen sich bis in die
Wasserflächen hinein, dort mit starken Cement- und Beton-
lagen gegen die reifsenden Fluten befestigt. Das schönste
Panorama entfaltet sich hier über grofse, von Laub- und
Nadelholz umrahmte, 2—3 km weit ausgedehnte Wiesen-
flächen, als Bndbild den 10 km entfernten St. Annaberg
derart einfassend, dafs man glaubt, der Park dehne sich
bis dahin aus. Auf der entgegengesetzten Seite schweift
der Blick nach dem 3 km entfernten Marktflecken
Kl. Strehlitz, während manche kürzere, oft überraschend
in die Augen fallende Linien im weiteren Park verteilt
sind, die Schlofs, Kirche, Gruft, das Parkgasthaus und die
Wasserflächen, Brücken, Anhöhen und Thäler verbinden.

Nachdem die Wassermassen die Teiche und Wasser-
fälle gespeist haben, werden sie nach Bedarf zum Berieseln
der weiter abwärts liegenden Rasen- und Wiesenflächen
benutzt, während der Rest dem Hotzenplotzflusse zu-
geführt wird.

Die Flächenausdehnung des Parkes beträgt etwa
350 Morgen. Es gehörte viel Mühe dazu, diese Fläche zu
arrondieren, und so mancher Dorfbewohner mufste seine
frühere Heimstätte verlassen, denn bis an das alte Herren-
haus heran grenzten die Bauernhöfe, von denen nur noch
einige alte Obstbäume im Dickicht des Parkes Zeugnis
geben. Die chaussierten, im soliden Zustande befindlichen
stets reinlich gehaltenen Wege ziehen sich in leichten
Schwingungen durch den Park und führen den Besucher
unbemerkt an die interessantesten Punkte, wo zuweilen
ein Sitzplatz angebracht ist. Der Umfahrtsweg läuft in
der Nähe der äufseren Parkgrenzen, diese durch 5—30 m
dichte Pflanzungen deckend. Zum Teil führt er durch er-
höhtes Terrain, während in der Mitte die tieferliegenden,

oft 20—40 Morgen grofsen Rasenflächen eingeschlossen
sind. Stark gebuchtete Pflanzungen und nur wenige Ein-
zelbäume begrenzen den Rasen, der wenig von Baum-
massen unterbrochen wird, daher einen recht ruhigen
Charakter trägt. Das Ideal des Besitzers war ein „Natur-
park", daher bestehen die Pflanzungen aus den Rest-
beständen früherer Waldparzellen, unter kostspieliger
Herbeischaffüng sehr starker Waldbäume, sowohl Laub-
ais Nadelhölzer. Es sind in dem Park vorherrschend: einige
Platanen, Espen, Kiefern, Pichten, starke Eichen, Buchen,
Ulmen, Erlen, Weiden, unter sehr schwacher Vorpflanzung
von gewöhnlichem Ziergehölz in Nähe der Wege. Leider
geht ein Teil der Gehölze infolge zu starker Beschattung
in letzter Zeit ein, ohne dafs ein geeigneter Ersatz statt-
gefunden hätte. Bäume sehr verschiedenen Alters, selbst
solche von 100—200 Jahren, stehen vereinzelt da. Eine
mächtige Salix alba mit 4 m Stammumfang in Brusthöhe
ragt in die Lüfte. Meterdicke Kiefern, ein Prunus serotina
mit 50 cm Stammdurchmesser, eine ebensolche Quercus
alba, tadellos gebaute starke Erlenpyramiden, Eichen.
Linden etc, sind hier zu finden. Für Schatten an den
Wegen ist reichlich Sorge getragen. Blumengruppen und
buntblättrige Gehölze sind im freien Parkewenig verwendet,
dagegen stehen kleinere Baumgruppen in der Nähe der
Wasserflächen von wildem Wein bezogen, der in zierlichen
Ranken von den oberen Kronenästen herabhängt.

Seitwärts vom Schlosse steht die aus behauenem Kalk-
stein im gotischen Stil erbaute kath. Schlofskirche, deren
Wände bis auf das Schieferdach mit kleinblättrigem Epheu
überzogen sind. Ein kleines, für Krankenpflege bestimmtes
Kloster liegt in dichten Fichtenpflanzungen versteckt und
ist nur von einer einzigen Stelle im Park sichtbar. Ab-
geschieden vom Rauschen der Wellen, von dem scheuen
Flug und dem Schnattern der Enten an der Terrasse, ein-
sam unter alten ehrwürdigen Kiefern erbaute der Graf
zehn Jahre vor seinem Tode eine 10 m lange Familien-
gruft in gotischer Form aus Kalkstein. Sie steht auf
künstlich erhöhter Bodenfläche, ringsum von. felsartigen
Hügeln und Fichten umgeben, gegenüber der freie Blick über
Rasenflächen nach dem Schlofs, ein Meisterwerk des ver-
storbenen Obergärtner Müller. Ein 1,30 m breiter Fufs-
weg führt bis zur eisernen Gitterthür, wo der in ruhigen
Farben gehaltene Innenraum zu übersehen ist. Eine fünf-
zehn Morgen grofse Gärtnerei schliefst sich dem Parke an,
von diesem durch Baumbestände verdeckt. Jahrzehnte
hindurch wurden hier sehr bedeutende Ananaskulturen
betrieben, während der jetzige Leiter, Obergärtner Pohl,
umfangreiche Treibereien aller Art unterhält.

An der Nordseite grenzt der Park fast unbemerkt an
den sehr wildreichen Wald, den Uebergang durch park-
artige Wege und gemischte, allmählich dichter werdende
Pflanzungen vermittelnd, welche oft weit in den Wald in
dieser Form hineinreichen.

Graf Hermann von Seherr-Thofs starb, 83 Jahre
alt, im Mai 1893 zu Wiesbaden, wo er zur Kur weilte. Die
Beisetzung fand unter aufserordentlicher Beteiligung von
Leidtragenden aus der ganzen Provinz in Dobrau statt.
Noch vor Antritt seiner Badereise traf er die letzten An-
 
Annotationen