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Die Gartenkunst — 2.1900

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Heicke, C.: Erfahrungen mit Strassenbäumen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0099

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86

DIE GARTENKUNST

verschiedenen Baumarten in Bezug auf ihr Verhalten als
Strafsenbäume gemacht hat. Ich möchte es nicht unter-
lassen, zu seinen Ausführungen einige Bemerkungen zu
machen.

Was Herr Sc hoch von den Ulmen sagt, finde ich
hier in Aachen und Umgebung bestätigt. Fast alle alten
Alleen im hiesigen Bezirke bestehen aus Ulmen von ganz
vorzüglicher Beschaffenheit. Mit Sicherheit kann ich nicht
angeben, welche von den zahlreichen Spielarten es ist,
die hier vorzugsweise zur Anpflanzung gelangte; nur soviel
kann ich sagen, dafs es eine der Ulmus campestris nahe-
stehende Sorte ist. Auch bei Neupflanzungen kann, wenn
sonst nichts anschlagen will, immer mit ziemlicher Sicher-
heit auf solche Ulmen gerechnet werden. Leider ist man
hier durch die vielfache Verwendung, welche Ulmen früher
gefunden haben, jetzt etwas diesen Bäumen abgeneigt und
sieht lieber andere Arten verwendet. Für die inneren
Strafsen werden die Ulmus campestris-Arten mit Ausnahme
von U. c. umbraculifera übrigens etwas zu umfangreich.

Auch das Verhalten der Acer platanoides und A. Pseudo-
platanus in Magdeburg stimmt mit unseren Beobachtungen
überein. Bei jungen Anpflanzungen ist es sehr häufig
vorgekommen, dafs anscheinend ganz gesunde und in
gutem Wüchse befindliche Bäume mitten im Sommer
plötzlich die Blätter hängen liefsen und in ganz kurzer
Zeit abstarben. Frische Dungstoffe können die Ursache
nicht gewesen sein; denn es waren den Bäumen keine solche
zugeführt worden. Da ich die Erscheinung vorzugsweise
und wiederholt in einer Strafse beobachtete, deren Anwohner
der Anpflanzung keine besondere Sympathie entgegen
gebracht hatten, so hegte ich den Verdacht, dafs absicht-
liche Beschädigungen der Bäume, etwa Begiefsen mittelst
scharfer Substanzen, die Ursache seien. Die Rinde und
jungen Gewebepartien am Wurzelhals und unteren Stamm-
ende hatten bei den eingegangenen Bäumen stets eine
schwarzbraune Färbung und waren tot, die Wurzeln selbst
dagegen waren noch gesund. Solche Erscheinungen
werden aber auch durch häufiges Urinieren herbeigeführt,
sodafs auch darin die Ursache des Absterbens erblickt
werden kann. Auffallend ist, dafs ich in den letzten
Jahren derartiges viel weniger beobachtet habe, namentlich
nicht mehr, seit ich Neupflanzungen von Strafsenbäumen
in der Stadt nur noch im Frühjahr ausführe. Bei allen
Baumarten sind seitdem die Verluste auf einen ganz
geringen Prozentsatz (in manchen Jahren nur 2— 3 %)
herunter gegangen. Ich verweise in dieser Hinsicht auf
meinen Aufsatz über die Pflanzzeit im Jahrgang 1892
unseres Vereinsorgans, Seite 126 u. f. und spreche hier
die Bitte aus, dafs man auch in anderen Städten der
Pflanzzeit Beachtung schenke und über die Erfahrungen
berichten möchte.*)

Robinia Pseudacacia Bessoniana ist ein selten fehl-
schlagender und anspruchsloser Strafsehbaum. Eine unan-
genehme Eigenschaft hat sie indessen auch, wie ich sie
in gleichem Mafse an anderen Bäumen noch nicht be-
obachtet habe. Es ist selbstverständlich, dafs man jeden

*) In Berlin werden die Strafsenbäume fast ausschliefslich
nur im Frühjahr gepflanzt. D. Red,

Baum vor Beschädigungen durch den Baumpfahl nach
Möglichkeit zu behüten und alle Knoten und scharfen
Kanten an letzteren zu beseitigen bestrebt ist. Trotzdem läfst
es sich nicht ganz vermeiden, dafs Reibungen zwischen
Pfahl und Baum entstehen, die dann aber in der Regel so
geringfügig sind, dafs den Bäumen kein Schaden daraus
erwächst. Nur die Rinde der jungen Robinia zeigt in
diesen Fällen eine besondere Empfindlichkeit, so dafs auch
bei ganz unbedeutenden Reibungen oft grofse Wunden
entstehen, die Wucherungen des jungen Gewebes und
notenartige Verdickungen des Stammes und der Äste an
den verletzten Stellen zur Folge haben und nur schwer
wieder ganz verwachsen und dem Stamm ein häfsliches
Aussehen verleihen.

Acer dasycarpum ist hier seither nur in beschränkter
Anzahl, aber mit sehr gutem Erfolge in Bezug auf das
Anwachsen zur Anpflanzung gelangt. Auf den Erfolg
einer in diesem Frühjahre ausgeführten gröfseren Anpflan-
zung bin ich nach dem, was Herr Schoch über den Baum
berichtet, sehr gespannt. Ein mifslicher Umstand bei
diesem Ahorn ist sein in der Jugend gar zu ungestümes
Wachstum, was ihn für besonders dem Winde ausgesetzte
Lagen nicht sehr geeignet erscheinen läfst. Auch sollte
darauf geachtet werden, dafs nicht die Form A. dasy-
carpum laciniatum zur Verwendung gelangt; die Blatt-
flächen derselben sind so sehr zerschlitzt, dafs die Belaubung
der Bäume im Alter einen geradezu kümmerlichen Ein-
druck macht. Man kann dies an einer Allee, die von
Breslau in der Richtung nach Scheitnig führt, beobachten.

Die gemeine Rofskastanie (Aesculus Hippocastanum)
möchte ich nicht so ohne weiteres^ von den Strafsen-
pflanzungen ausgeschlossen sehen. Die Früchte bilden
allerdings eine unangenehme Beigabe; allein dies kommt
bei der unfruchtbaren gefüllt blühenden Form nicht in
Betracht. Die rotblühende Art (Aesculus carnea) kann
keinen Ersatz für die gemeine R. bilden; denn sie bleibt
bedeutend kleiner und kommt ihr, was Monumentalität der
ganzen Erscheinung anbelangt, bei weitem nicht gleich.
Der von Herrn Schoch erwähnte Übelstand des allzufrühen
Laubabl'alls mufs seine Ursache aufserhalb des Baumes
haben. Wir haben hier ältere Rofskastanienpflanzungen
gehabt, die so frühzeitig kahl wurden, dafs die Bäume
regelmäfsig nochmals im Spätsommer junges Laub und
Blüten hervorbrachten; wir haben eine andere Allee etwa
90jähriger Kastanien jetzt beseitigt, weil die Bäume in-
folge der Abständigkeit zu früh im Jahre die Blätter ver-
loren. In beiden Fällen bestand der Untergrund fast nur
aus Schuttmassen. Auf der anderen Seite kann man aber
auch Rofskastanien beobachten, die sehr lange das Laub
behalten, ohne dafs ihr Standort gerade ein feuchter ist.
Eine grofse Anzahl Kastanien — ebenfalls Bäume im Alter
von ungefähr 90 Jahren —, welche auf den zum Teil
noch erhaltenen ehemaligen Stadtwällen, künstlichen nach
beiden Seiten in steile Böschungen abfallenden Bodenan-
schüttungen stehen, verlieren die Blätter nicht früher,
als Ahorn, Linde und Ulmen.

Die von Herrn Schoch geführte Statistik über das
Verhalten der Strafsenbäume erscheint mir aüfserordentlich
 
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