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Die Gartenkunst — 2.1900

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Der Centralfriedhof zu Hamburg - Ohlsdorf
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Hampel, Carl: "Frei bildenende Künstler" "Freie Luft von außerhalb"
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0150

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t3B

btE GARTENKUNST1

schmuckes mit in Rücksicht gezogen werden mufs. Es hat
sich infolgedessen die Praxis herausgebildet, dafs der
Schöpfer der Anlagen auch als Ratgeber für etwaige
Monumente gehört wird, und manche bedeutende künst-
lerische Leistung, die in ihre Umgebung wundervoll stimmt,
ist infolgedessen entstanden.

So ist der' hamburgische Centralfriedhof eine lebendige
Illustration zu dem Begriff der „Kunst im Gartenbau",
die sich gewissermafsen in den Dienst der Religion gestellt
hat. Für das Gemüt bietet das eine tiefgehende Befriedigung
und hat dem Friedhof einen so allgemein empfundenen
Zauber verliehen.

Die wirkliche „Gartenkunst" ist damit aus der
Sphäre, in der sie hauptsächlich nur dem dekorativen
Schmuck des Daseins diente, zur Lösung von Aufgaben
emporgehoben, die von der tiefsten Bedeutung für das
menschliche Gemüt sind.

Ganz naturgemäfs müssen sich 3 Hauptrichtungen der
künstlerischen Thätigkeit bei der Ausgestaltung des Fried-
hofs, Architektur, Skulptur und Landschaftsgärtnerei, in
der leitenden Spitze vereinigen. Daraus ergiebt sich,
dafs sie eine künstlerisch-technische und auch mit den
Forderungen der Landschaftsgärtnerei vertraute sein mufs.
Nur wo diese Eigenschaften und Fähigkeiten zusammen-
treffen, kann das entstehen, was als „Landschafts-
bildnerei" bezeichnet wurde, wodurch der hamburgische
Centralfriedhof eine für den praktischen Zweck so geeignete,
hygienisch tadellose und landschaftlich schöne Anlage
geworden ist.

Überall im Terrain sind Promenadenbänke aufgestellt,
die zur Zeit die Zahl von etwa 520 erreicht haben.

Der Haupteingang ist für den Verkehr fertig. Die
schmiedeeisernen Thore, die Sandsteinpfeiler und das Ver-
waltungsgebäude sind noch nicht ausgeführt. Es liegt aber
dafür ein in sich abgeschlossenes Projekt vor, in dem den
praktischen Bedürfnissen voll Rechnung getragen ist,
während die Bauteile in ihrer Formausbildung der ganzen
Anlage sich anpassen.

Den dem Friedhof sich nähernden Besucher soll eine
Engelsgestalt am Eingang mit dem uralten Grufs empfangen:
„Ehre sei Gott in der Höhe", durch den das religiöse
Empfinden der Völker und des Einzelnen, welcher Religion
oder Konfession er auch angehöre, so herrlich zum Aus-
druck, gebracht wird. Auf der anderen Seite ist eine
Gruppe geplant, die an die Pflicht der Dankbarkeit der
lebenden Generation für die ihr im Tode vorangegangenen
eindringlich mahnt. Eine entsprechende figürliche Dar-
stellung würde den Spruch 1. Maccabäer Kap. 2, Vers 51
zu versinnbildlichen haben:

„Gedenket derThaten der Väter, die sie gethan haben zu ihren Zeiten."

An den Seiten der Treppenanlage für Fufsgänger soll
in Bild und Wort an Zeit und Ewigkeit gemahnt werden.
Die drei Erzengel Raphael, Gabriel und Michael sollen
dargestellt werden, in das Loblied einstimmend:

„Dein Anblick giebt den Engeln Stärke,

Da keiner dich ergründen mag,

Und alle deine hohen Werke

Sind herrlich wie am ersten Tag." (Goethe.)

Als Gegenstück dazu ist eine Gruppe gedacht mit der
Inschrift:

„Ein Jahrhundert will zerrinnen

Und ein neues hebt sich an —

Wohl dem, der mit reinen Sinnen

Wandelt seines Lebens Bahn!" (Scheffel.)

Damit wäre zugleich die Zeit der Vollendung der Fried-
hofsanlage angedeutet.

An den Schmuck des Eingangs soll sich ein Kranz
von Bildwerken im Innern anschliefsen, der den Kreisbogen
auf beiden Seiten begleitet und in zwei Hauptgruppen
rechts und links an der Hauptallee zusammentrifft. Durch
diese beiden Hauptgruppen soll die Arbeit charakterisiert
werden, rechts die geistige, links die körperliche. Die
Betonung des Gedankens, dafs Zufriedenheit und Glück
nicht durch Gewinn aus der Arbeit oder durch Erfolg in
Kunst und Wissenschaft allein entspriefsen können, sondern
dafs die Übung der Tugenden, die zusammengefafst den
Begriff der Religion bilden, unerläfslich dazu gehört, soll
durch eine Reihe von Statuen erzielt werden, die in dem
Halbkreis links die Tugenden der Alten: Wahrheit, Mäfsig-
keit u. s. w., rechts die christlichen Tugenden: Liebe,
Treue u. s. w. personifizieren. Der Ausdruck der plastischen
Werke soll unterstützt werden durch das Wort, damit der
Beschauer nicht im Zweifel bleibe über das, was der
Künstler zu sagen beabsichtigte, ähnlich wie im: Mittel-
alter das naive Spruchband den Gedanken des Künstlers
unzweifelhaft festlegte.

So ist in der künstlerischen Ausgestaltung des Ein-
ganges das zusammengefafst, was das Herz auf dem Fried-
hof bewegt: Der Hinweis auf die göttliche Macht, die Zeit
und die Ewigkeit erfüllt und regiert, auf die Religion, die
sich in Übung der Tugenden bethätigt und auf',.die Dank-
barkeit, die wir den Vorfahren schulden für das, was sie
uns in ihrer Arbeit hinterlassen haben."

Entgegnung und Abwehr.

„Frei bildende Künstler",
„Freie Luft von aufserhalb".

_ Eine kritische Betrachtung von Karl Hampel,

Grofsh. Hof-Gartendirektor, Schwerin i. M.

f Im „Kunstwart", Rundschau über Dichtung, Theater,
I Musik und bildende Künste, herausgegeben-von Ferdinand
' Avenarius, findet sich im-1.'Märzheft d. J. ein Artikel aus
| Veranlassung des Preisausschreibens für den König Albert-
; Park in Dresden, der eine eingehendere Beleuchtung er-

• zwingt. Die Auffassung in dem Artikel über Kunst reiht
«ich ebenmäfsig gewissen heutigen Bestrebungen an, die

• die Ausübung der Kunst und damit diese selber als eine
solche1 behandelt, die leicht von jedem geübt werden kann,
wenn er sich nur als Künstler fühlt, also „frei bildende
Künstler!" Was geht diesem auch das innere Wesen
der Kunst an.

Im „Kunstwart" hat der Autor der Abhandlung über
 
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