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Die Gartenkunst — 2.1900

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Hampel, Carl: Oragnisations- und Lehrplan der Gärtner-Lehranstalt zu Wildpark-Dahlem
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0156

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144 DIE GARTENKUNST II, 8

anstalt herbeigeführt worden ist und der seitdem im Kura-
torium dieser Anstalt beratend und stimmberechtigt ver-
treten ist. Noch bei Gelegenheit des 75jährigen Bestehens
der Anstalt hat er sein lebhaftes Interesse daran durch
die einstimmige Zuwendung eines erheblichen Kapitals
für Stipendienzwecke dargethan. Bs fällt damit das Igno-
rieren dieses Vereins besonders auf. Hieraus gewinnt
auch die Anschauung Boden, dafs die Regierung einer all-
gemeinen Aussprache aus dem Wege gehen möchte, denn
nur so läfst sich diese einseitige Behandlung erklären, und
das ist sehr zu bedauern.

Bei einer so wichtigen Frage war es in der That er-
forderlich, den Gegenstand verschiedenen Fachzeitschriften
zu übergeben, damit er in den weitesten und allen mafs-
gebenden Kreisen bekannt wurde, was jetzt nicht der Fall
ist; jetzt ist die Bekanntgabe'einem ganz bestimmten Kreis
geworden und damit ist die Ansicht einer grofsen Zahl
von einsichtsvollen Männern, die ein mafsgebendes Urteil
darüber besitzen, unterblieben. Der Möllerschen Zeitung
kann man zu diesem Erfolg nur gratulieren, ist sie doch
damit als Regierungsorgan gekennzeichnet.

B.

Als vor zwei Jahren eine Kommission über die Re-
organisation der Gärtner-Lehranstalt auf Einladung Sr. Exc.
des Herrn Ministers für Landwirtschaft etc. im landwirt-
schaftlichen Ministerium zur Beratung safs, durfte man
sich aus den dabei gepflogenen Verhandlungen wohl der
Hoffnung hingeben, dafs die der Regierung emplohlene
Umwandlung der Gärtner-Lehranstalt in eine Hochschule
weitgehendste Berücksichtigung finden würde. Es wurde
allgemein anerkannt, dafs der Gartenbau hierzu befähigt
sei und nach dem Stande des heutigen Wissens und
Könnens und den Anforderungen, welche an einen ge-
bildeten Gärtner gestellt werden müssen, sowie um seine
gesellschaftliche Stellung zu heben und ihm dadurch einen
gröfseren Einflufs und bessere Förderung seiner Interessen
zu sichern, zur Forderung einer solchen Hochschule wohl
berechtigt sei. (Eine Darstellung über diese Sitzung findet
sich auch in Jahrgang 1898 der Zeitschrift für Gartenbau
und Gartenkunst S. 171.) Wie aus dem Organisationsplan
in der Möllerschen Zeitung aber ersichtlich ist, ist diese
Hoffnung zu Wasser geworden. Warum also die kostbare
Zeit hervorragender Fachmänner zu einer solchen Beratung
s. Z. in Anspruch genommen wurde, läfst sich so nicht
beurteilen.

So ist dem Gärtner für Jahrzehnte hinaus die Sehnsucht
nach einer höheren Ausbildungsstätte, die ihn auch zu einer
besseren sozialen und gesellschaftlichen Stellung führen
konnte, unterbunden. Was das heifst, weifs ein jeder, der
Gelegenheit gehabt hat, dies zu erkennen. Ist einem
Stande die gesellschaftliche Stellung eo ipso gegeben, so
ist es ihm leicht, allen Nutzen für seinen Beruf daraus
zu ziehen, weil es ihm leicht wird, diesen überall zu ver-
treten. Jetzt wird die Gärtnerei sich weiter bevormunden
lassen müssen.

Der frische Zug, den wir in allen anderen Berufs-
zweigen zu deren Förderung wahrnehmen, ist in dem

Organisations- und Lehrplan für die Gärtner-Lehranstalt
nicht zu finden; ein weitschauender Blick hat bei dem-
selben gewifs nicht Pate gestanden; oder sollen es Spar-
samkeitsrücksichten sein, welche einem gröfseren Auf-
schwung hindernd im Wege stehen1? Fast möchte man
es annehmen.

Wie ganz anders nehmen sich dem gegenüber die
Bestrebungen zur Errichtung einer Handelshochschule, wie
sie so plötzlich eine greifbare Gestalt angenommen haben,
aus. Für Köln a./Rh. ist sie bereits gesichert und auch
die Städte Leipzig, Aachen, Berlin, Hannover, Frankfurt a./M.
haben in letzter Zeit grofse Fortschritte gemacht. Was
auch hier für notwendig erkannt ist, sollte es für den
Gärtner wirklich überflüssig sein? Ich meine, nein.

Leider aber ist in Gärtnerkreisen selber diesem Gegen-
stande gegenüber immer noch eine grofse Lauheit zu be-
merken, wie sich dies in den Auslassungen zu dem Organi-
sations- und Lehrplan in „Möllers Deutscher Gärtner-Zeitung"
von neuem bestätigt findet. Anheimelnd und frisch darunter
wirkt der Artikel von Kuphaldt-Riga, weil man hier die
innere Überzeugung und das volle Bewufstsein für eine
höhere Ausbildung herausliest, als notwendig für den
Gärtner.

Selbst den Männern, welche die Gärtner-Lehranstalt
gründeten, war es schon bewufst, dafs dies erst der Anfang
zu einer weiteren höheren Ausbildung sei. Diese Über-
zeugung hatte sich allmählich immer weiter Bahn ge-
brochen und die Notwendigkeit einer solchen wurde all-
gemein erkannt, so dafs im Jahre 1875 eine besondere
Kommission mit Bearbeitung dieser Frage beauftragt wurde.
Als Seele der damaligen Bewegung sind der Stadt-Garten-
direktor Meyer, der Baumschulbesitzer Lorberg, der mit
wahrem Feuereifer die Sache behandelte, der Garten-Inspektor
Bouche vom botanischen Garten, sämtlich in Berlin, anzu-
sehen, denen sich andere und einflufsreiche Männer ange-
schlossen hatten. Bald danach sind diese Männer dahin
gegangen und leider sind mit ihnen auch die Bestrebungen
lauere geworden, bis sie in neuerer Zeit mit gleich
glühender Liebe von neuem aufgenommen worden sind.

Es schien mir zweckmäfsig, dies vorauf zu schicken,
bevor ich auf den Organisations- und Lehrplan selber
eingehe.

C.

In diesem Organisations- und Lehrplan interessiert
zunächst die Gestaltung des Instituts und die Vorbildung,
welche für die Aufnahme gefordert wird, danach der Lehr-
plan. Für die Gartenkunst ersehen wir aus dem letzteren,
dafs er der Halbbildung Thür und Thor öffnet, damit
Schaden anstiftet und die durchgebildeten Männer zu un-
aufhörlichen Kämpfen zwingt. So wird denn auch die
öffentliche Meinung über diesen Kunstzweig kaum eine
bessere Beurteilung gewinnen, wie bisher und wie sie in
Halle in der dortigen Stadtverordneten-Versammlung so
krafs zum Ausdruck gebracht ist, wo der Gartenkünstler-
Verein, der die Gartonkunst fördert und in dem bedeutende
Männer dieser Kunstrichtung sitzen, einfach mit Skat-,
Rauch- und ähnlichen Vereinen in eine Linie gestellt
worden ist.
 
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