Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Gartenkunst — 2.1900

DOI Artikel:
Schneider, Charles: Eine kleine Wanderung durch Kew-Gardens, [2]
DOI Artikel:
Encke, Fritz: Gartenstudien aus Frankreich, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0188

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
176 DIE GARTENKUNST II, 10

Nähe desselben stehen mächtige Cedrus Libani, 10—15 m
hoch, von fast ganz schwarzem Aussehen; dieselben wirken
ganz fremdartig auf uns. Noch viele andere Coniferen
wären zu nennen.

Seitwärts von uns befindet sich das temperierte Haus
mit seltenen Neu-Holländern und zarten Coniferen.

Durch eine Celtis-Allee gelangen wir zu dem King
William-Tempel. Derselbe liegt etwas erhöht, mit mäch-
tigen Baumgruppen im Hintergrunde. Am Pnfse desselben
sind einige Ericaceen ausgepflanzt.

Wir wenden uns zum Schlüsse dem Arboretum zu,
welches wohl das gröfste der Welt sein dürfte und allein
3000 Arten umfafst; dasselbe wurde von Sir Josef Hooker
im Jahre 1845 neu angelegt. Es bietet ein Eldorado für
denlDendrologen und ist ein gern besuchter Erholungs-
punkt für das englische Volk, welches die schattigen Rasen-
und Gehölzpartien sehr gut auszunützen versteht. Es be-
deckt einen Flächenraum von 6 Hektar und enthält allein
300 Spiraea-, 450 Salix-, 320 Quercus-, 14 Catalpa-, 70
Magnolia-, 180 Berberis- und 290 Pirus-Sorten; die beiden
letztgenannten boten zur Zeit meines Besuches mit ihren
roten Früchten einen malerischen Anblick dar.

Das Pinetum umfafst 227 Arten und 340 Varietäten.
Die Coniferen entfalten hier ihre vollste Schönheit. Wir
erblicken Cryptomeria japonica, Ginkgo biloba, Cedrus
atlantica, Sciadopitys verticillata, Abies brachyphylla, Pinus
Coulteri in einer Pracht, 10 — 15 m hoch, tadellos und von
Gesundheit strotzend, wie es uns kaum in unserer Heimat
zu sehen vergönnt sein mag.

Wir lenken unsere Schritte nun dem Haupt-Ausgange
zu, wobei noch so manche schöne Scenerien vor unser
Auge treten, jedoch ist es sehr zu bedauern, dafs diese in
den letzten Jahren von neu angelegten geraden Alleen
durchschnitten worden sind, wodurch die landschaftlichen
Reize des Parkes grofse Nachteile erleiden.

Wir sind am Ende unserer Wanderung angelangt.
Zu unserer rechten liegt das Mifs North-Museum, welches
wundervolle Pflanzen- und Vegetations-Bilder, die von Mifs
North in allen Erdteilen nach der Natur gemalt worden
sind, enthält.

Ich möchte am Schlüsse noch eines riesigen Mastes
gedenken, welcher in der Nähe des Museums auf einem
kleinen Hügel aufgestellt ist. Es ist der Stamm einer
Abies Douglasii von 30 m Höhe, welcher die Flagge des
stolzen Albion trägt, die über den Gipfeln der grünbelaubten
Nachbarn weht.

Garten studien aus Frankreich.

Von Encke-Wildpark.

(Hierzu 2 Pläne )

Die Weltausstellung in Paris hat in diesem Jahre die
Blicke aller und die Schritte vieler nach Frankreich und
dessen Hauptstadt gelenkt. Es mag deshalb angebracht
sein, dafs „Die Gartenkunst" sich mit den Gärten von
Frankreich und besonders von Paris beschäftigt. Ich komme
einer mir gewordenen Anregung gerne nach, eine Ab-

handlung über den Gegenstand in der Zeitschrift des
Vereins deutscher Gartenkünstler zu veröffentlichen. Sie
soll allerdings weder eine Aufzählung noch eine Beschreibung
der zahlreichen Gartenschöpfungen in und um Paris bringen,
sondern die Eigenart französischer Gärten beleuchten, wo-
bei bald diese, bald jene Schöpfung als Beweis für das
Gesagte herangezogen werden wird. Wenn man die
mancherlei Gartenanlagen durchstreift, welche Paris und
seine Umgebung bergen, so drängt sich selbst dem ober-
flächlich beobachtenden Besucher die Gliederung in
zwei Gruppen auf, deren eine die geometrischen
Gärten aus der Zeit Le Nötre's begreift, während
die andere die Landschaftsgärten und die regelmäfsigen
Anlagen der Neuzeit umfafst. Wir wollen dieser Einteilung
noch eine dritte Gruppe einfügen: die Gärten aus der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts, welche die Übertragung des
englischen Stiles nach Frankreich unter dem Einflüsse
Rousseau's, des Marquis de Gerardin u. s. w. darstellen. Es
ergeben sich für die nachfolgende Betrachtung demnach
drei Gruppen von Gärten, welche sowohl nach der Zeit
ihrer Entstehung von einander getrennt sind, als auch in
ihrer Eigenart mit scharfen Zügen umrissen werden können.

1. Di« (Järten ans der Zeit Le Nötre's.

Unter den Gärten Europas im geometrischen Stile
ragen die Schöpfungen Le Nötre's als Meisterwerke hervor.
Wie die Gärten der künstlerisch wertvollen Villen Italiens
aus der Renaissancezeit durch die folgerichtige Ausnutzung
der gegebenen Gelände-Verhältnisse, durch die einheitliche
Gesamtwirkung von Haus uud Garten und durch die An-
passung des Gartens an die von den Gewohnheiten der
Besitzer und den Eigentümlichkeiten des Klima geforderten
Bedingungen wirkliche Kunstwerke von bleibendem Werte
sind, so erscheinen aus den gleichen Gründen auch die Le
Nötre'schen Gärten als Meisterwerke der Gartenkunst. In den
Jahrhunderten, in welchen die geometrischen Gärten allein
bekannt waren, bilden diese beiden Arten von Gärten die
Glanzpunkte künstlerischer Durchbildung. Neben diesen
wahrhaften Kunstgärten hat die Zeit des sog. regelmäfsigen
Stiles allerdings eine grofse Anzahl von Gartenschöpfungen
aufzuweisen, welche entweder in der Gesamtänordnung
verfehlt, oder in der Einzelausführung abgeschmackt und
spielerisch waren oder gar beide Mängel zugleich aufwiesen.
Gärten dieser Art hat es vor Le Nötre und nach Le Nötre
in Menge gegeben, mit dem Unterschied vielleicht, dafs
die ersteren durch ihre naive Auffassung immer noch er-
frischend anmuten, während die letzteren durch übertriebene
Symmetrie langweilig und durch unsolide Theatereffekte
lächerlich und abstofsend wirken.

So ist Le Nötre als ein Reformator des Garten-
geschmackes anzusehen. Und es ist ganz natürlich, dafs
die Eigenart seines künstlerischen Schaffens, welche aus
der Individualität des Künstlers und aus den Zeitbedürf-
nissen entsprang, der Gartenkunst bis weit über seinen
Tod hinaus den Stempel aufdrücken mufste, so dafs man
jener Kunstrichtung seinen Namen beizulegen pflegt.

In den meisten Werken über Geschichte der Garten-
kunst wird Andre Le Nötre der Sohn eines Palastintendanten
 
Annotationen