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Die Gartenkunst — 2.1900

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Tubenf, Karl von: Über wichtige Baumkrankheiten und ihre Bekämpfung, [1]: Vortrag, gehalten im Klub der Landwirte am 13.Feburar 1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0211

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II, 11

DIE GARTENKUNST

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Bauern sagen: Bespritze deine Obstbäume mittelst einer schwächt war, reiner Nadelwald. Es ist aber klar, dafs

teueren Spritze, so wird er ebenso erstaunt sein wie ein die Anhäufung einer und derselben Holzart in grofsen

Gemeindearmer, dem man „Karlsbad" verordnen wollte. Massen eine Gefahr bei Epidomieeri ebenso bietet wie die

Es werden daher auch bei den Baumkrankheiten direkte Ansammlung von Menschen in grofsen Städten, in Kasernen

Bekämpfungsmafsregeln mehr da angewendet, wo es sich um oder gar im Kriege. Der ungemischte Wald bietet den

epidemische Krankheiten handelt, die ganzen Obstgärten tierischen und pflanzlichen Schädlingen ein ununter-

und Waldungen gefährlich werden. Vor allem aber ist brochenes Nährmaterial und die besten Verhältnisse zu

unser Bestreben darauf gerichtet, Vorbeugungsmafs- ungehinderter Verbreitung.

regeln einzubürgern. Zur Einheit der Holzart kam vielfach auch eine

Das mir persönlich bekannte Beispiel Münchens, wie ungünstige Kulturmethode, welche darin bestand, die

Pettenkofers hygienische Mafsregeln den vorher heimischen Verjüngungen auf grofsen zusammenhängenden Flächen

Typhus aus den Thoren gebannt haben, läfst uns erkennen, auszuführen, wie dies bei der sogenannten Kahlschlagwirt-

wie durch Vorbeugungsmafsregeln mehr zu er- schaft besonders der Fall ist. Sind schon alte Bestände

reichen ist, als durch Bekämpfung schon vorhandener einer reinen Holzart gefährdet, so sind es noch mehr die

Krankheiten. Das wichtigste hygienische Vorbeugungs- Kulturen, denn die Kinderkrankheiten sind auch bei

mittel bei den den Bäumen be-

bei fortschrei- «fcs***^^^*^»»-fc?*r ■ ': • 'J wiederholt be-
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Die Umgebung des Schlosses mit den Parterre-Anlagen zu dem Entwurf Seite 197.

schaftlichen angrenzenden
Forschungen immer mehr gezeigt, dafs eine sehr grofse Zahl bayerischen Waldungen begangen, wo sich noch 500jährige
der krankheitserregenden Mikroorganismen die Fähigkeit Fichten und Tannen mit 2—300jährigen Buchen befinden,
hat, einen Teil des Lebens auf totem Substrat zuzubringen* Meine Herren! Auch im Urwalde giebt es Kalami-
als Saprophyten zu vegetieren, um dann in der nächsten täten und Pflanzenfeinde. Vor allem häufig sind Ver-
Phase ihrer Entwickelung wieder als Parasit aufzutreten, wundungen der Pflanzen durch Sturm, Blitzschlag und

So finden wir den Erreger des Typhus im Grund- den Sturz morscher Riesen. Ich habe Tannen gemessen
wasser, die Sporen des Milzbrandes in den Resten der mit über 50 m Länge und 17a m Brusthöhen-Durchmesser,
verwesenden Kadaver von Tieren, welche der Krankheit Es Ist ein gewaltiges Ächzen, Donnern und Krachen, wenn
erlagen, den Erreger der Genickstarre im Boden. Und so ein solcher Kolofs gefällt wird und der Schnee beim An-
finden wir auch eine Reihe von Pflanzenparasiten auf prall des Baumes in Wolken aufstäubt,
toten Pflanzenresten, die wir bei geeigneter Garten-, Feld- Gar mancher Nachbar wird mitgerissen, geknickt, ver-
und Waldpflege rechtzeitig entfernen können. letzt. Viel mehr natürlich, wenn der Sturm herrscht, als

Ich will meine theoretischen Erörterungen wenn der Holzer mit Vorsicht fällt,

durch einige praktische Beispiele erhärten: Auf den mitgebrachton kleinen Photographieen sehen

Man hört vielfach die Ansicht aussprechen, dafs mit Sie, dafs im Urwalde eine Gruppe von Pilzen besonders

der Ausdehnung des Kulturwaldes die Krankheiten sich verbreitet ist, die äufserlich als sogenannte Baum-

vermehrt haben und verheerender geworden sind. Das ist schwämme auffallen. Sie sind gemeinsam dadurch

für viele Krankheiten durchaus zutreffend und hängt mit charakterisiert, dafs sie zu den Wundparasiten der

der Art der Waldbewirtschaftung zusammen. In gar vielen Holzgewächse gehören. Die grofsen Baumschwämme

Fällen folgte dem Laubwald oder gemischten Hochwalde, wachsen in Massen aus den gebrochenen und gestürzten

dessen Bodenkraft durch fortgesetzte Streuentnahme ge- Stämmen heraus und entlassen Millionen von Sporen, die,

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