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Die Gartenkunst — 32.1919

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Heicke, C.: Kleingartenbau und Siedlungswesen in ihrer Bedeutung für eine künftige deutsche Gartenkultur, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0041

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halten, hat dahin
geführt, eine be-
sondere Gruppe
von Gewächsen zu
ziehen, die sich da-
durch empfehlen,
daß sie im dich-
testen Schatten
gedeihen. Wir
haben Schatten-
sträucher, Schat-
tenstauden,

Schlingpflanzen
für die Schatten-
seiten der Häuser,
ja sogar Schatten-
gräser!! Schat-
tenbeständigkeit
war zu einer be-
vorzugten Eigen-
schaft geworden.

Aber die meisten
wuchsen trotzdem
nur kümmerlich,
wenn sie an die vielen schattigen Stellen unserer Gär-
ten gebracht wurden, vom Blühen keine Spur, ge-
schweige denn vom Fruchttragen, das z. B. von der
sogenannten Schattenmorelle verlangt wird! Kaum
daß sie kümmerlich am Leben blieben. Und dement-
sprechend ist auch der Eindruck dieser Schattengärten
— und der Menschen in ihnen.

Gewiß soll jeder Garten eine Laube, einen schat-
tigen Bankplatz haben, wo man sich vor den sengen-
den Strahlen der Mittagssonne bergen kann. Aber
man breche mit der Unsitte, sozusagen den ganzen
Garten auf das krankhafte Schattenbedürfnis unse-
rer Groß-Stadtmenschen zuzuschneiden. Wir wollen
Leben, Licht, Farbe und Gesundheit im Garten finden,
das alles kann nur die Sonne spenden.

Dichtkronige Bäume gehören also nicht hinein,
selbst wenn Raum dafür vorhanden wäre. Ihr Platz ist
im großen Park, nur in größeren Gärten mag allenfalls
ein Schattenbaum auf bekiestem Sitzplatze am Hause
zulässig sein, sonst aber nur lichtdurchlassende
Bäume von mäßigemUmfange, die unter Freihaltung
der mittleren Fläche nach den Rändern hin anzuordnen
sind, aber auch da wieder unter Berücksichtigung des
Nachbarn, der wenig
Freude daran haben
wird, wenn unsere
Bäume ihm einen gro-
ßen Teil des Gartens
unter Schatten stellen.

Auch das Strauchwerk
sei nach den Rändern
hin verteilt, wo es
außer dem räumlichen
Abschluß des Gartens
die Aufgabe hat, den
Einblick von außen zu
verwehren. Im Garten
will man nicht unter
dem Zwange der Rück-
sicht auf die lieben Mit-
menschen stehen, in
Tun und Lassen, Klei-
dung und Gebühren
will man im Freien
zwanglos und frei sein.

Auf die mittlere Fläche
gehörtkein hochragen-
des Gewächs, sie sei
den Blumen, den Früch-
ten, dem Rasen und
den Menschen unter

Einwirkung des
belebenden Son-
nenlichtes einge-
räumt, wie es in
der Skizze von
Harry Maasz hier-
neben dargestellt
ist.

Wie die Gärten
sonst einzuteilen
sind, wird zweck-
mäßig von Fall zu
Fall bestimmt. Die
Gliederung sei
einfach, gradlinig,
vernünftig; alle
Künsteleien sind
vom Übel, um so
mehr je kleiner
die Fläche ist. Wir
sind vom Anbau
des Bedarfs an
Küchengewächsen
ausgegangen. Das
setzt die einfachste Grundform voraus: ein gerader
Hauptweg der Länge nach durch die Mitte, eingefaßt
auf beiden Seiten durch einen Blumenstreifen, da-
hinter die Beete für die Gemüse und als Abschluß eine
gepflegte dichte Hedte. Aus dieser einfachsten Grund-
form mögen sich die andern je nach den besondern
Zwecken und Liebhabereien entwickeln.

Die einfache Form, die regelmäßige Verteilung
der Pflanzungen voraussetzt, greift späteren Änder-
ungen nicht vor; es läßt sich daraus der künftige
anderweitige Ausbau entwickeln, ohne daß man
genötigt sein wird, Gewordenes nach einigen Jahren
wieder zu beseitigen. Die vorhin angezogenen
Maaszschen Beispiele verschiedener Gartentypen
lassen die Mannigfaltigkeit erkennen, die sich aus
der einfachen Urform des Gartens entwickeln kann.
Voraussetzung hierfür ist, daß durch die Form des
Gartengrundstückes solche Entwickelungsmöglich-
keiten nicht von vornherein ausgeschlossen sind,
wie es der Fall ist, wenn das Grundstück schlecht
geschnitten, durch unzweckmäßige Stellung des
Hauses zerstückelt ist, ungünstige Höhenlage hat
und dergleichen. Daraus ergibt sich wieder, daß die

Forderung begründet
ist, den Gartenfach-
mann zu hören, wenn
die grundlegende Auf-
schließung der. Sie-
delungsgeländes und
seine Einteilung in Ein-
zeig arten-Grundstüdte
getroffen wird. Fehler,
die hierbei gemacht
werden, lassen sich
nachher nicht wieder
gut machen, auch bei
größter Hingabe des
Nutznießers in ihren
Folgen nicht beheben;
sie führen schließlich
dazu, ihm die Freude
an der ganzen Sache
zu verleiden und den
Zwedt des Heims im
Garten in Frage zu
stellen.

Wie wenig „Kunst“
dazu gehört, solche
in ihrer Grundanlage
ureinfache Gärten
„schön“ zu gestalten,

Bankmotiv in Verbindung mit einem Laubengang.

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