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Die Gartenkunst — 32.1919

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Heicke, C.: Ein Siedlergarten-Wettbewerb
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0060

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und schlichte Schönheit zu verleihen, die der
Garten haben muß, wenn er die erweiterte
Wohnung bilden soll.

Das fasse man in diesem Zusammenhänge
nicht als ein Schlagwort auf, im Gegenteil, wenn
vom Garten als der erweiterten Wohnung ge-
redet werden kann, dann gilt es für die Siedler-
Heimstätten in erster Linie. Um sie überhaupt
für breite Schichten in ausreichender Zahl be-
schaffen zu kön-
nen, muß man sich
bei ihnen in den
Abmessungen
aufs äußerste ein-
schränken, und da
wird naturgemäß \j
der Garten einen
Ausgleich für die
räumliche Be-
schränkung der
W ohnung zu brin-
gen haben. Das
kann er aber .
nicht, wenn er
ausschließlich auf
den Anbau von
Kohl zugeschnit-
ten wird, ohne
wirklich zugleich
Wohngarten zu
sein.

Unser Wett-
bewerb sollte da-
her zeigen, wie
der Gartengestal-
ter die Aufgabe
des Siedlergar-
tens unter diesem Gesichtspunkte auffaßt und
trotz der räumlichen Beschränktheit
der Gärten neben der Forderung wirt-
schaftlicher Zweckmäßigkeit dem An-
spruch der Nutznießer auf Schönheit
und Behaglichkeit Rechnung tragen und
dafür unter Vermeidung gedanken-
loser Nachbildung der Gärten begüter-
ter bürgerlicher Kreise die richtige
Form finden wird.

Ein befriedigendes Ergebnis des Wettbewerbs
muß dann, das war die weitere Absicht der Aus-
schreibung, die im Siedlungswesen zur-
zeit maßg eb ende n Kreise von der Not-
wendigkeit der Mitwirkung des Gar-
tenfachmannes überzeugen und dar- *)

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Siedlergarten -Wettbewerb. Unterlage
Gartengröße 200 qm. Maßstab 1:250’).

über aufklären, worauf es beim Sied-
lergarten an kommt.

Hierzu können natürlich nur Beispiele bei-
tragen, die einfache Gärten zeigen, die wirtschaft-
lich zweckmäßig, dabei aber von guter Form sind
und die obengestellten Forderungen erfüllen, und
deswegen mußte der Aufgabe ein Beispiel zu-
grunde gelegt werden, wie es für die große Mehr-
zahl der Fälle in Wirklichkeit in Betracht kommt.

Daß man aus ei-
nem Garten von
halber oder vier-
tel Hektargröße,
die erforderlichen
Arbeitskräfte
vorausgesetzt,
mehr herauswirt-
schaften kann,
wie aus 200 Qua-
dratmeter, bedarf
keines Beweises.
Darum handelt es
sich hieraber gar-
nicht. Wir brau-
chen zehntau-
sende kleiner
Heimstätten
für jene Leute,
die ihren Er-
werb nicht im
Gartenbau,
sondern auf
den verschie-
densten ande-
ren Gebieten
suchen und un-
ter den trost-
losen Wohnverhältnissen der Groß-
und Fabrikstädte verkommen. Wir den-
ken z.B. an jene schlesischen Arbeiterstädte, wo
fast hundert Prozent aller Familien in Woh-
nungen von einem Zimmer leben! Diesen men-
schenwürdige Behausungen zu schaffen, ist die
Aufgabe, und daß dazu auch ein kleiner Garten
gehört, braucht nicht weiter erörtert zu werden
— ein Garten, der nur insoweit Nutzgarten ist, als
ein gewisser Ertrag aus dem Garten zur Durch-
führung eines derartigen großzügigen Siedlungs-
werkes nötig ist, im übrigen aber die Wohnung
„erweitert“ und den Bewohner durch Aufenthalt
und Beschäftigung im Freien gesund erhält.

Deshalb konnte für die gestellte Aufgabe
nur ein Garten kleinsten Umfanges in Betracht

*) Die Unterlage ist der Ausschnitt aus einer Siedlung, deren Häuser in Gruppen zu vieren
zusammengebaut und gruppenweise durch kleine Stall- usw. Anbauten verbunden sind. Die Aufgabe war,
einen der Gärten B oder C als Nutz- und Wohngarten von guter Form unter vorzugsweiser Verwendung
von Zwerg- und Formobst einzurichten einschl. Bekleidung der Hauswände mit Obst- oder Weinspalieren,
Blumenschmuck aus Rosen und ausdauernden Blütenpflanzen. Hochstämmige Bäume waren nicht unbedingt
ausgeschlossen, bei der ganzen Bepflanzung aber Vermeidung von Schädigung des Nachbargartens zur
Bedingung gemacht.

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