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Die Gartenkunst — 32.1919

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Hohm, Franz: Der Obstbau im Garten, seine künstlerische Durchdringung und wirtschaftliche Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0075

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Mit Birnpyramiden bepflanzter Hauptweg im Garten des Versuchsgarten-Vereins in Frankfurt a. M.

Es ist daher von größter Wichtigkeit, daß
die Gartenarchitekten sich der Formobstbäume
als Mittel künstlerischer Gartengestaltung wie-
der erinnern und ihre Möglichkeiten auszunützen
lernen. Aber wie schon gesagt, sollen sie sich
nicht darauf allein beschränken, sondern sich mit
dem Wesen des Obstbaumes überhaupt wieder
vertraut machen. Es genügt nicht, in Zukunft ein-
fach einen Obstbaum zu pflanzen, wo man früher
einen Zierbaum gepflanzt hätte, oder an Stelle
von Hainbuchen- und Taxushecken Spalierwände
treten zu lassen; der Obstgarten muß unter Er-
füllung seiner besonderen Erfordernisse ge-
schaffen werden. Ich weiß nicht, ob ich mich für
den Gartenarchitekten verständlich genug aus-
drücke: ich meine, ein Garten, dessen Ge-
staltungsmittel Obstbäume bilden und
dessen Zweck Obstzucht ist, muß von Grund
auf anders empfunden und erfunden
werden, als ein Schmuckgarten ausHecken,
Blumen, Ziersträuchern u. dergl., weil er
einen ganz anderen Zweck erfüllen soll.

Wollen die Gartenarchitekten in diesem Sinne
den Obstbau fördern und gleichzeitig den Garten
dadurch an Schönheit bereichern, so müssen sie
vom Obstbaumzüchter lernen,wie dieser wiederum
bei der Anzucht seiner Bäume Rücksicht auf die
besonderen Anforderungen nehmen muß, die die
Gartenarchitekten stellen. Bisher waren für die
Baumschul-Anzucht von Obstbäumen wesentlich
die Forderungen der Obstzüchter maßgebend,
denen es nur auf den Ertrag an marktfähigen
Früchten ankommt, während alles andere neben-

sächlich ist. Der Gartenarchitekt muß natürlich
auch auf den Ertrag Gewicht legen, daneben
wird er aber den Baum auf seine ganze Er-
scheinung prüfen, die Unterschiede der Sorten in
Wuchs, Belaubung, Blütezeit und andere Eigen-
schaften in Betracht ziehen, und es kann eine
Sorte, die für den Obstzüchter wegen ihrer Frucht-
barkeit von besonderem Wert ist, für den Gar-
tenkünstler wegen anderer Eigenschaften un-
brauchbar sein. Denn nichts stört den Eindruck
einer als Einheit aufzufassenden Pflanzung mehr
als Ungleichmäßigkeiten in Wuchs, Belaubung,
Blütezeit n. dgl., die zur Folge haben, daß die
einzelnen Bestandteile sich mehr bemerkbar
machen, als erwünscht ist.

Schon bei den natürlichen Wuchsformen der
Obstbäume treten die Unterschiede der zahl-
reichen Sorten störend zutage. Es sei an das
Bild alter Landstraßen erinnert, die beiderseits
mit Äpfelbäumen in wahlloser Sortenmischung
bepflanzt sind. Die Verschiedenartigkeit des
Kronenaufbaues, die unregelmäßige, windschiefe
Haltung der Stämme stören die Einheitlichkeit.
Wie anders wirken alte Linden-, Ahorn- und
Rüsternalleen in ihrer Geschlossenheit. Die
Schuld liegt aber nicht an den Obstbäumen;
denn ähnliche Wirkungen lassen sich auch mit
ihnen erreichen; man braucht nur die Sorten
etwas nach solchen Gesichtspunkten zu sichten.
Wir haben Äpfelsorten von so ausgesprochener
Eigenart der Kronenbildung, daß sich mit ihnen
künstlerische Wirkungen erzielen lassen, die
bei anderen Alleebäumen garnicht mäglich sind.

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