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Die Gartenkunst — 32.1919

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Heilig, Wilhelm: Kleingartenbau als Vorschule für das Siedlertum
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Landsitz in Rüschlikon. Gartenarchitekt Paul Schädlich, Zürich und Glauchau i. Sa.
Die große Spielwiese mit Blick auf die Südostfront des Hauses.

Siedlerbewegung geleitet wurden, so wenig darf
die Gefahr von Rückschlägen verkannt werden,
die bei allzu rascher Verwirklichung der Pläne
eintreten mäßen. Die Verzögerung, die durch
politische Ereignisse eingetreten ist, dürfte der
Prüfstein werden, und sie ist m. E. weniger zu
beklagen als die Ereignisse selbst.

Was aber für die Verwirklichung von Klein-
siedlungen an praktischer Vorarbeit möglich ist,
müßte geschehen, auch ohne die anscheinend
unumgänglich notwendigen Baumaterialien. Der
Weg, der zur Zeit beschritten werden kann, ist
etwas mühevoller, aber er führt zum gleichen
Ziel und ermöglicht in gewissem Sinne eine
Vorauslese unter den Siedlungslustigen.

Wir müssen auf den Schrebergarten zurück-
greifen und ihn den Forderungen der Gegenwart
anzupassen suchen. Zu seiner rein hygienischen
tritt heute die soziale Bedeutung hinzu. Denn
auf der heute zu schaffenden Schrebergarten--
anlage auf Erbpachtgelände, das Staat oder Ge-
meinden zur Verfügung stellen, kann die künftige
Wohnsiedlung erstehen. Dazu muß der Schreber-
gartenanlage bei der Planung weitgehendste
Rücksicht auf späteren Ausbau zur Wohnsiedlung
im voraus zugrunde gelegt werden. Auf die

technische Seite dieser Frage sei unten näher
eingegangen.

Der bestehende Wohnungsmangel wird da-
durch für den Augenblick nicht behoben. Soll
dies geschehen, so erscheint die Aufstellung einer
grundsätzlichen Frage wichtig sowohl im Inter-
esse des Siedlers wie der Allgemeinheit: „Wer
findet zuerst Berücksichtigung bei der Schaffung
von Siedlungen im Sinne der Gartenstadt-
bewegung ?“

Gewiß hat der Kriegsteilnehmer Anspruch
auf Berücksichtigung, dies um so mehr, als ihm
in besseren politischen Zeiten Versprechungen
gemacht wurden, deren Erfüllung zur Zeit freilich
nicht möglich ist und, wenn sie es wäre, in den
meisten Fällen nicht der Allgemeinheit zum Segen
gereichte. Wer war in dem gewaltigen Ringen
nicht Kriegsteilnehmer? Und erfüllt dieser durch
seine Kriegsteilnehmersdiafl ohne weiteres die
Forderungen, die das Siedlertum an ihn stellt?
Hat das Versprechen von eigenem Haus und Hof
bei ihm außer dem Verlangen nach einer solchen
Heimstätte auch den Gedanken an eine in der
Folge unausbleibliche Mühewaltung und an eine
gewisse moralische Verpflichtung der Allgemein-
heit gegenüber geweckt? Ist der Kriegsteilneh-
mer, dessen Vorfahren bereits in der Industrie
groß geworden und demderBegriff vonLand und

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